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Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Pilatus-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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Zeloten noch in den Griff bekommen könnte.«
    Das waren religiöse Eiferer, die uns manche Sorge bereiteten, weil sie Attentate und Meuchelmorde auf unsere Truppen verübten und kaum einmal zu fassen waren.
    Kaiaphas nippte an einem Glas Wasser. »Du weißt, dass sie sich meinem Einfluss entziehen. Sie schaden unserer Sache, aber sie bilden keine wahre Gefahr, denn sie haben wenig Rückhalt in der Bevölkerung. Aber eine andere Gefahr zeichnet sich ab.«
    »Was für eine Gefahr?«
    »Ich erhielt Berichte über einen unbotmäßigen Wanderprediger, der aufrührerische Reden hält.«
    Ich nickte ernst, meinte ich doch zu wissen, von wem er sprach. »Du sprichst von diesem bärtigen Wüstenmann, der die Menschen ins Wasser tauchte? Aber der ist doch seit Jahren tot. Ich habe doch selbst gesehen, wie Herodes ihn damals ...«
    Kaiaphas schüttelte entschieden den Kopf, seine Fäuste ballten sich in unverhohlener Erregung, seine Stimme wurde unangenehm laut. »Du sprichst von jenem Johannes. Nein, nicht der. Der war ein harmloser Spinner. Ich denke, die Hitze hatte sein Gehirn verdörrt. Nein, der, den ich meine, kommt aus Nazareth und heißt Jesus, er reist nun schon seit Jahren durch das Land und ...«
    Ich beschloss, die Tatsache zu verschweigen, dass ich von jenem Manne schon gehört hatte und eigene Nachforschungen anstellte.Scheinbar ahnungslos unterbrach ich Kaiaphas und sagte unbekümmert: »Nazareth? Sagtest du Nazareth? Das liegt in Galiläa, nicht wahr?«
    Kaiaphas nickte. »Ja, in Galiläa.«
    »So mag sich Herodes darum kümmern, das ist sein Reich«, sagte ich leichthin.
    Kaiaphas blickte mich mit seinen stechenden Augen durchdringend an. »Aufruhr hält sich nicht an Grenzen!«
    Ich war erstaunt, dass der Oberpriester einem solchen Mann so viel Bedeutung zumaß.
    »Ist nicht euer Land voll von solchen Narren? Sie stehen an den Brunnen oder in der Wüste, vor dem Tempel oder auf den Marktplätzen, tauchen die Menschen ins Wasser und verkünden aus ungewaschenen Mäulern ihr Geschwätz. Was sagt er also Besonderes, dein Wanderprediger?«
    »Er spricht davon, dass das Himmelreich nahe sei, was immer er auch damit meint. Er sammelt Anhänger, und die Leute folgen ihm, es werden täglich mehr. Er predigt wie ein Rabbi, aber er ist keiner. Er scheut die Synagogen und predigt auf Wiesen und Feldern. Er verachtet uns und gibt uns öffentlich dem Hohne preis.«
    »So verkündet er eine neue Lehre? Ist er kein Jude?«
    »Ich weiß noch zu wenig über ihn, aber sei unbesorgt, bald werde ich mehr wissen. Er steht unter ständiger Beobachtung des Sanhedrin!«
    »Sage mir, wenn du mehr weißt.«
    Das Land schien voller selbst ernannter Erlöser zu sein, doch dieser da erschien mir gänzlich ungefährlich. Ich brach das Thema ab, es interessierte mich nicht, damals jedenfalls.

XXXIV.
     
    Dr. Wiegands Wohnzimmer hatte sich inzwischen zu einer veritablen Diskussionsrunde entwickelt: Kurze Zeit, nachdem Conny und Hellinger die Wohnung verlassen hatten, war Martin Lejeune aufgetaucht, ein smarter Mittdreißiger mit schmalem Kinnbärtchen, wie vermutet viel zu früh und von unendlicher Wissbegier.Ein aufdringlicher Duft von »Lacoste« mischte sich schnell mit dem würzigen Aroma, mit dem der Weihnachtsbaum bislang den Raum erfüllt hatte. Der Journalist fuhr sich durch die gegelten Haare und musterte neugierig die Wohnung und ihren Inhaber.
    »Schön haben Sie es hier, Doktor!«
    Wiegand nahm das Kompliment gerne entgegen, wäre aber viel lieber den Mann möglichst bald wieder losgeworden. Lejeune verbreitete eine Aura von Hektik und Aufdringlichkeit, die der pensionierte Oberstudienrat noch nie hatte leiden können.
    Auch Kaplan Wagenbach musterte den Pressemann mit sichtlichem Unbehagen, denn eine reißerische Berichterstattung in der Kölner Boulevardpresse war so etwa das Letzte, was er jetzt brauchen konnte. Den Journalisten schien das nicht weiter zu stören. Während er dem angebotenen Burgunder und den Spekulatiusplätzchen mit sichtlichem Genuss zusprach, verwickelte er die beiden Männer in ein regelrechtes Kreuzverhör. Beide taten ihr Bestes, viel zu sprechen, aber nichts zu sagen.
    »So kommen wir nicht weiter, meine Herren!«
    Lejeunes Geduld hatte eine Ende gefunden. Er stellte das Weinglas so heftig auf den Tisch, dass Wiegand um den Fuß des zarten Glases fürchtete.
    »Das ist alles Kokolores, was Sie mir hier erzählen. Kinderkram! Wo genau sind jetzt die Rollen, was steht auf ihnen drauf, und was

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