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Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Pilatus-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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Geräusch in der Diele gehört zu haben. Sie stand auf, öffnete die Wohnzimmertür – und prallte zurück. Voller Entsetzen schrie sie auf. Vor ihr stand der unselige Mönch, den sie schon kannte und starrte sie an. Er legte die Finger auf den Mund. Aber zu spät!
    Schon war Hellinger aus dem Wohnzimmer gestürmt. Ein Blick, und er hatte die Gefahr erkannt. Mit einem wütenden Aufschrei stürzte er sich auf den Mann, erhielt aber im gleichen Augenblick einen krachenden Schlag gegen die Schläfe und brach zusammen. Auch Dr. Wiegand stand in der Tür und betrachtete die Szene mit namenlosem Entsetzen. Der Mönch trat auf die immer noch schreiende junge Frau zu und erhielt im gleichen Moment einen Schlag in den Rücken. Die Wohnungstür, die er nach dem Öffnen mit dem Dietrich nur angelehnt hatte, fiel ihm krachend in den Rücken, und eine Stimme schrie:
    »Keine Bewegung! Polizei!«
    Unendlich langsam drehte sich der Mönch um. Vor ihm stand, mit gezückter Dienstwaffe, Kriminalobermeister Allenstein. »Hände hoch und ganz langsam umdrehen. Machen Sie jetzt keinen Fehler!«
    Der Mönch machte zunächst Anstalten, dem Befehl zu gehorchen. Plötzlich aber warf er sich mit einem Laut, der nur als tierhaft bezeichnet werden kann, auf den Polizeibeamten. Ein Schuss ging los, Putz bröckelte von der Decke. Beide Männer waren in ein keuchendes Handgemenge verwickelt, dem Conny und Wiegand aus schreckgeweiteten Augen zusahen. Zunächst jedenfalls, dann beschloss Conny zu handeln. Sie eilte ins Wohnzimmer, was ihr einen fragenden Blick Wiegands eintrug, kam zurück und hielt in der Hand eine Gipsbüste Caesars.
    Ehe Dr. Wiegand noch darum bitten konnte, diese wertvolle Antiquität doch sorgsam zu behandeln, schlug Conny zu. Die Büste zerplatzte in tausend Stücke und traf im Gemenge der Kämpfenden Schulter und Hinterkopf – des Polizeibeamten. Mit einem ächzenden Laut sank Allenstein nieder, die Waffe, die er immer noch in der Hand gehalten hatte, fiel polternd auf den Boden.
    Erstaunt blickte der Mönch auf, dann richtete sich sein Blick auf die Wohnungstür. Stimmengewirr und Rufe erfüllten das Treppenhaus. Seine Kapuze war heruntergerutscht und gab den Blick frei auf ein grobes und narbiges Gesicht. Er griff blitzschnell nach der Dienstwaffe des Polizisten und knurrte: »Ich komme wieder, Rollen mir!«
    Dann stürmte er ins Treppenhaus, vorbei an einer Gruppe von Nachbarn, die sich an Heiligabend über einen bewaffneten Mönch wunderte, der im Eilschritt die Treppen hinabflog.

XXXIX.
     
    Nun war es durchaus nicht so, dass der Statthalter nicht andere Dinge zu tun hatte, als sich um einen verrückten Wanderprediger zu kümmern. Ich fürchtete immer noch, eine Nachricht aus Rom zu erhalten, die meine Ablösung verkündete, doch wartete ich – den Göttern sei Dank – vergebens. Es kam vielmehr für längere Zeit gar keine Post aus Rom, was ich als gutes Zeichen wertete. Auch beanspruchten jene fanatischen Zeloten, ihre Überfälle und Sabotageakte meine Aufmerksamkeit immer wieder. Doch hatte ich mir vorgenommen, diese Sache, die Claudia so sehr anrührte, nicht aus dem Auge zu lassen, zumal sie offenbar den Sanhedrin und Kaiaphas immer mehr zu beunruhigen begann, wie mir aus den regelmäßigen Gesprächen mit dem Vorsitzenden des Rates klar wurde. Er forderte mich immer deutlicher auf, etwas gegen jenen »Aufrührer« zu unternehmen, doch sah ich dafür keine Veranlassung.
    »Regelt das unter euch, das ist eine rein jüdische Angelegenheit, die uns nicht betrifft«, versuchte ich ihn ohne viel Erfolg zu beschwichtigen.
    Der gute Cornelius erschien mir jedoch für die Aufgabe der Beobachtung inzwischen weniger geeignet, hatte er sich doch wohl zu sehr von den verführerischen Worten des Predigers beeinflussen lassen. So ließ ich ihm zwar seine Mission, sandte aber wenige Wochen später einen anderen Centurio aus, um weitere und, wie ich hoffte, wahrheitsgemäßere Berichte zu erhalten. Dieser Mann erschien mir vertrauenswürdig, er tat schon seit acht Jahren Dienst in der Provinz und war der einheimischen Sprachen weitgehend kundig. Außerdem war er ein strammer Anhänger des parthischen Soldatengottes Mithras, dem viele meiner Männer huldigten. Er war jedenfalls unverdächtig, auf die Parolen des Predigers hereinzufallen. Mehrere Monate folgte er den Spuren des Mannes. Seinen schriftlichen Bericht habe ich seinerzeit aus den Akten entnommen und führe ihn noch heute bei mir:

Bericht des Centurio Quintillus

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