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Die Pilgergraefin

Die Pilgergraefin

Titel: Die Pilgergraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Mittler
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erläutern, was es mit der babylonischen Gefangenschaft der Kirche auf sich hatte. Wie Clemens V., ein Franzose, im Jahre 1309 unter dem Einfluss König Philipps IV. von Frankreich und nach Machtkämpfen mit den mächtigen römischen Adelsfamilien den Papstsitz nach Avignon verlegt und somit das Exil der Stellvertreter Christi auf Erden begründet hatte.
    „Wie du sehr wohl weißt, mein lieber Jérôme, war die heilige Stadt Rom von Anbeginn an der Ort, an dem die Päpste residierten. Und inzwischen ruft sogar die Dominikaner-Nonne und Visionärin Katharina von Siena den Papst dazu auf, dorthin zurückzukehren. Sie hat ihm ein Sendschreiben …“
    Ein Seitenblick auf Jérôme ließ Robyn stocken. Der Kopf war ihm auf die Brust gesackt, und statt eines Hustenanfalls gelang es ihm nur mühsam, ein Gähnen zu unterdrücken.
    Auch gut, dachte Robyn, immerhin waren meine Ausführungen zu etwas nütze. Er hatte den Knappen dazu gebracht, seine Maleschen zu vergessen und im Halbschlaf neben ihm herzutrotten.
    So schwer und drückend lastete die Hitze, die in diesem Jahr unnatürlich früh eingesetzt hatte, über der Berglandschaft, dass Leonor und Anna nur mühsam vorankamen. Der Pfad schlängelte sich um Felsvorsprünge und schien kein Ende nehmen zu wollen. Schließlich führte er auch noch ein weites Stück bergab, sodass Leonor und Anna sich bestürzt ansahen. Sollten sie denn niemals die Passhöhe erreichen? Endlich ging es wieder bergauf, und sie gelangten an einen Punkt, von dem aus sie ihr vorläufiges Ziel sehen konnten. Erleichtert atmeten sie auf. Doch die wenigen Hundert Fuß, die noch bis zur Passhöhe vor ihnen lagen, waren so steil, dass sie ihnen schier unüberwindlich schienen.
    Anna biss die Zähne zusammen und folgte ihrer jungen Herrin, obwohl ihr ganzer Leib in Schweiß gebadet war. Das Bündel mit den notwendigsten Habseligkeiten und den spärlichen Essensvorräten, die sie noch besaßen, drückte ihr bleischwer auf den Rücken. Einer Ohnmacht nahe, setzte sie unter Schmerzen einen Fuß vor den anderen, unterdrückte ein Stöhnen und verkniff es sich, ihre Herrin um eine Rast zu bitten.
    Endlich merkte Leonor, die mit ihren Gedanken noch immer bei Annas Geständnis war, dass diese ihr kaum noch zu folgen vermochte, und schalt sich im Stillen ob ihrer Rücksichtslosigkeit. Sie hielt inne und schaute sich um. Nicht allzu weit entfernt plätscherte ein Bächlein einen leicht abfallenden Hang hinunter.
    „Gelobt sei der Herr.“ Sie deutete auf das verlockende Nass. „Hier können wir unsere Wasserschläuche füllen und uns erfrischen.“
    „Und uns die Füße kühlen“, murmelte Anna erfreut, denn ihre Füße brannten wie Feuer.
    Erleichtert sanken die Frauen auf zwei Felsbrocken am Rande des kleinen Gebirgsbachs, entledigten sich ihres Schuhwerks und tauchten die schmerzenden Füße in das kühle Nass.
    „Oh, wie gut das tut, liebe Herrin. Viel weiter wäre ich wohl nicht mehr gekommen.“
    Auch Leonor genoss die Erfrischung. Nicht zum ersten Mal wunderte sie sich, wie sie all die Strapazen durchgestanden hatte. Sie, die längere Strecken stets auf ihrem weißen Zelter zurückgelegt hatte. Wehmütig erinnerte sie sich an das schöne, sanfte Tier, das sie auf Burg Eschenbronn hatte zurücklassen müssen. Hoffentlich behandelte Lothar es gut. Doch daran hatte sie so ihre Zweifel. Vielleicht hatte er es aber auch seiner Schwester geschenkt. Und im Gegensatz zu Lothar hatte Gisela ein gutes Herz und benahm sich freundlich gegenüber Mensch und Tier. Doch die Gedanken an Eschenbronn brachten auch sofort die Erinnerung an ihren Gemahl und ihren kleinen Sohn zurück …
    Und ich ganz allein trage die Schuld an ihrem Tod, sinnierte sie wieder einmal.
    Es geschah ihr nur recht, dass ihr jeder Knochen im Leib wehtat. Aber die gute Anna verdiente diese Mühsal gewiss nicht, auch wenn sie in ihrer Jugend gesündigt hatte. Die eigentliche Verantwortung für Annas Verfehlung, so fand Leonor, trug der ältere und erfahrenere Randolf, der das junge Mädchen ausgenutzt und danach im Stich gelassen sowie seine Frau betrogen hatte.
    Sie stand von dem Felsbrocken auf, nahm die Wasserschläuche und ging ein wenig den Bach hinauf. Dort trank sie zunächst aus der hohlen Hand von dem köstlichen frischen Wasser und füllte dann die beiden Schläuche. Zurück bei Anna, reichte sie ihr einen davon, und diese trank begierig, um ihren brennenden Durst zu löschen. Derweil durchsuchte Leonor das Reisebündel nach etwas

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