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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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Dienstleute das Entsetzen der Hochzeitsgäste ausmalten.
    Eine Braut, die Forderungen an ihren Ehemann stellte!
    ›Wir leben zwar nicht in Frankreich, wo dem Herrn über seine Unfreien das Vorrecht der ersten Nacht zusteht, aber es ist doch Sitte, dass jeder Adelige sich nimmt, was ihm gefällt.
    Der Vater Eurer Mutter, das schwöre ich Euch, hätte seine Tochter lieber wieder in den Sack gesteckt und ins Kloster gebracht, als diese Schande ertragen zu müssen.‹
    Doch Graf Otto leistete den Eid und die Ehe wurde vor aller Augen vollzogen.
    Wenn aber jemand von den Mägden und Knechten oder Gefolgsleuten gehofft hatte, ihr Wille sei gebrochen in jener Nacht oder sie sei noch sehr jung oder sie sei so fromm, dass sie sich um Weltliches nicht kümmerte, der hatte sich geirrt. Nicht eine Zwölfjährige war des Morgens vom Brautlager aufgestanden, sondern die Gräfin Gertrude von Baerheim. Sie war sich ihrer Schlüsselgewalt als Herrin bewusst. Unverzüglich durchschritt sie die Burg, besah sich alles von der Küche bis zu den Stallungen. Nichts entging ihr. Mit sanfter Stimme gab sie ihre Befehle. Es gab keinen, aber auch keinen, der ihr nicht untertänigst gehorchte.
    Kein Unfreier, kein Dorf, dessen Abgaben sie nicht genau kannte. Es entging ihr kein Ei, das irgendein Huhn gelegt hatte. Nur eines wusste seine Mutter nicht genau: Wann sie ihrem Zweitgeborenen das Leben geschenkt hatte. Wahrscheinlich, weil sie ständig schwanger war und die Kindchen immer gleich starben, tröstete die Amme den Jungen.
    Trotz ihrer Kälte hatte Bernhard schon immer auf der Seite seiner Mutter gestanden und ihren Anspruch auf Treue für das höhere Recht gehalten, dem der Vater seine Bedürfnisse zu opfern hatte.
    Bernhard seufzte tief, er fühlte sich wund und geschunden vor Schmerz, Enttäuschung, Ohnmacht und Zorn. Während er das starre Antlitz der Toten betrachtete, spürte er Hass in sich aufsteigen. Er nahm eine Lampe und leuchtete in ihr Gesicht. Marie war schön und jetzt, da sie tot war, wirkte sie kindlich und unschuldig. Trotzdem, recht geschah ihr, dass sie zur Strafe so jung gestorben war.
    Bernhard hörte Stimmen. Kaspar kam zurück mit dem Priester. Da Bernhard sich nicht genötigt sah, Fürbittgebete für die Verstorbene zu sprechen, grüßte er kurz und verließ die Halle, um zu den Stallungen zu gehen. Auf der Treppe zum hinteren Flügel des Palastes zögerte er, ob er Alice aufsuchen sollte. Von dem Ring wollte er ihr jedenfalls nichts erzählen.

    Kurz vor Mitternacht meldete Bernhards Bursche seinem Herrn den Besuch des Grafen Otto von Baerheim. Bernhard verzog verächtlich die Mundwinkel, warf das Rasiermesser beiseite, betrachtete sich im Spiegel und sagte:
    »Also doch. Wo ist dein Stolz, Vater?«
    Er begab sich in das Kabinett, wo Graf Otto ungeduldig wartete.
    Vater und Sohn blieben in ziemlicher Entfernung voreinander stehen.
    »Prachtvoll hast du es hier«, begann der Graf das Gespräch und wies gönnerhaft auf die Wände.
    »Ziemlich imposant für deine Jugend. Umgibst dich mit 1.000 Jahren Vergangenheit. Säulen und Marmorfußboden aus der Römerzeit. Gemälde von Abraham, der Jungfrau Maria und Johannes dem Täufer als Boten des Christentums. Koransuren als Wandbemalung. Erstaunlich nur, dass der Schleiertanz der Tochter der Herodias Gnade vor den Augen des muslimischen Herrn gefunden hat, der bis vor einigen Tagen diese Räume noch bewohnt hat.«
    »Möglicherweise hat ihn der Tanz des Mädchens an die Jungfrauen in einem Harem erinnert, die sich für ihren Gebieter schmücken und sehnsuchtsvoll seiner harren, auf dass er sich ihrer annimmt«, bemerkte Bernhard so obenhin.
    Graf Otto erblasste, doch er nahm sich zusammen.
    »Ich muss dich etwas sehr Ernstes fragen. Meine Diener überraschten vor etwa zwei Wochen ein junges Mädchen beim Diebstahl. Seitdem vermisse ich den Ring, den deine Mutter mir zum Abschied schenkte. Später erfuhr ich, das Mädchen sei die Schwester deines neuen Burschen und habe sich in dein Haus geflüchtet.«
    »Das trifft zu. Marie ist sterbenskrank hergekommen und ist hier gestern Nacht gestorben. Einen Ring allerdings besaß sie nicht.«
    »Gewiss nicht?«
    Bernhard schüttelte den Kopf.
    Es entstand eine Pause, die Bernhard nicht zu überbrücken suchte. Um seine Not zu verbergen, trat Graf Otto an einen Büchertisch aus Ebenholz, auf dem mit Gold beschlagene Ledereinbände lagen.
    »Wie ich feststellen muss, beschäftigst du dich mit arabischen Schriften.«
    »Sie gefallen

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