Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)
uns.
Die Zweikämpfe sollen mitten zwischen den beiden Heeren stattfinden. Einer der für diesen Entscheidungskampf Auserwählten bist du.«
Die Trompeten erschallten. Das Tor wurde weit geöffnet.
Aus der Ebene jubelte das versammelte Heer seinen Kämpfern zu, die einer nach dem anderen aus Antiochia hinausritten. Alice beugte sich weit über die Stadtmauer, den Sohn auf dem Rücken im Tragetuch, damit sie Bernhard sähe. An der Spitze ritt Tankred, sein blutrotes Banner triumphierend in die Höhe streckend. Es folgte ein edler, kampferprobter und unbesiegter Ritter aus dem Heer des Grafen Raimonds von Toulouse.
Alice’ Herz zitterte, als Dritter ritt Bernhard aus dem Tor, das purpurrote, reich mit Edelsteinen besetzte Banner des Herzogs von Bouillon in den Kampf tragend. Ihr Auge ruhte nur auf ihm, wie er langsam hoch erhobenen Hauptes dem Kampfplatz entgegenritt. Erst als die Ritter dort fast angekommen waren, erblickte sie das weiße Banner mit dem roten Kreuz und sie erschrak, es war Martin, dem die Ehre zuteilwurde, für den Legaten des Papstes kämpfen zu dürfen. War er nicht zu jung, war er stark genug oder verliehen ihm die Trauer, die Wut, der Hass über den Tod Theresas übernatürliche Kräfte? Es war, wie es war.
Die auserwählten Kämpfer aus den von Kerbogha befehligten Heeren waren ebenfalls eingetroffen. Die Männer saßen ab, die Pferde wurden davongeführt.
Die christlichen und die muslimischen Kämpfer standen sich in einer Reihe gegenüber, angetan mit ihren prächtigsten Waffenröcken, mit Helm, Kettenhemd und Schild.
Jeder Mann entschlossen, den Gegner zu töten.
Stille trat ein. Adhémar, der Legat des Papstes, wie auch der mächtige Kerbogha, der Vertraute und Gesandte des Königs von Persien, erhoben sich von ihren thronartigen Plätzen, trafen sich genau in der Mitte der Bahn, auf der der Kampf stattfinden sollte, begrüßten sich ehrfurchtsvoll und wiederholten je auf Latein oder auf Arabisch die Bedingungen des Kampfes. Gott sollte entscheiden. Die Edlen verneigten sich voreinander. Und dann trat aus der Menge ein Gefolgsmann, der den Kämpfern alles abnahm, was ihnen Ansehen, Ehre, Ruhm und Schutz gewährte. Allein das Schwert sollte entscheiden.
Nackt warteten die Männer auf den Kampf um Leben und Tod.
Alice sah es sogleich. Der Krieger, gegen den Bernhard ankämpfen würde, war älter und bedeutend kräftiger als ihr Geliebter. Ein Gigant, so schien es ihr, sicher einen Kopf größer, von breitem Körperbau, während Bernhard eher feingliedrig war, woran auch der unentwegte, unermüdliche und zäh gegen die eigene Natur gerichtete Kampfeswille nichts geändert hatte.
Der erste Kampf war schnell beendet. Tankred, von dem jeder wusste, er dürste nach Türkenblut, hatte scharf angegriffen und seinen Gegner mit ein paar raschen Schlägen besiegt. Jubel brach aus, Tankred wurde gefeiert, aber nur kurz, denn schon trat der nächste christliche Kämpfer auf den Plan – und wurde getötet. Sein Leichnam lag zwischen den Heeren und wurde unter dem Wehklagen seiner Frau und einem unterdrückten ›merde‹ davongetragen, während dem türkischen Sieger die Ehren des Triumphes galten.
Bernhard trat nach vorn an die Kampflinie. Die Gegner verneigten sich noch einmal voreinander.
Kerbogha gab das Zeichen zum Kampf. Der Feind griff an.
Siegesbewusst und von dem unerbittlichem Willen durchdrungen, das Kampfgeschehen zu bestimmen und den Christen zu besiegen, zwang der Gegner Bernhard mit harten, zielsicheren Schlägen, sich zu verteidigen. Mit unsäglicher, die Achtung jedes Ritters herausfordernder Kraft schlug Kerboghas Krieger auf das Schwert des Schwächeren ein, der ängstlich auswich. Bernhard duckte sich, er sprang zur Seite, er benutzte sein Schwert, als sei es sein Schild, er parierte die Schläge – aber er griff nicht an, nicht einen Fuß setzte er dem Feind entgegen.
Mehr und schlimmer noch, es sah aus, als könnte Bernhard sein Schwert kaum noch halten, als würde es ihm im nächsten Augenblick weggeschlagen. Jeder Hieb des Angreifers zwang Bernhard zurückzuweichen. Immer weiter wurde er rückwärtsgedrängt. Warum tat er nichts? Warum kämpfte er nicht? Grauenhaft mit anzusehen, der Türke jagte Bernhard unerbittlich der Schranke zu, die das Kampffeld begrenzte.
Die Menge wurde unruhig. Auch wenn Alice die arabisch, türkisch und persisch hingeworfenen Worte nicht verstand, war ihr der Sinn deutlich genug.
Längst war selbst in den eigenen Reihen eine gereizte
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