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Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die Pilgerin von Passau: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Bohm
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zog.
    Natürlich, Kilidj Arslan hatte das anrückende Kreuzfahrerheer gar nicht ernst genommen, nachdem er mühelos das Armenheer Peters des Einsiedlers hatte umbringen können. So hatte er auch keine Sorge um die Sultanin gehabt, die nun mit seinen beiden Söhnen in Nikäa eingeschlossen war. Allein um sie, die seine Lieblingsfrau sein sollte, zu befreien, würde er das christliche Heer zu vernichten suchen.
    Martins Gedanken blieben an dem Wort ›Lieblingsfrau‹ hängen. Merkwürdig war es in der Tat, dass die Moslems vier Ehefrauen haben durften und dazu noch Konkubinen und Sklavinnen. Das war vor Gott nicht recht, eine merkwürdige Religion, die Vielweiberei erlaubte. Jedenfalls hatte der Priester immer wieder gepredigt, Christen sollten ihre Gelüste unterdrücken, ja, alle Menschen sollten das, und sie wüssten auch, dass Fleischeslust Sünde sei. Das wüssten auch die Heiden.
    Und was war mit Balduin von Boulogne? Der nahm seine junge Frau mit auf die Pilgerfahrt, nicht einmal ein Jahr war er verheiratet, und konnte es offenbar nicht ertragen, dass eine andere Frau, die ihm nur irgend gefiel, sei sie nun Gräfin oder Magd, verheiratet oder Jungfrau, nicht mit ihm schlief? Und Bernhard von Baerheim? Wie lange ginge das gut mit Alice? Wie lange bliebe er ihr treu? War er ihr überhaupt treu, wenn er so eng mit Balduin zusammenlebte?
    Alice, sie liebte ihn, sie bewunderte ihn. Martin hatte es neulich deutlich gemerkt, als sie überraschenderweise beim Übungsschwertkampf hinzutrat und zusah. Da stand sie unter den Zuschauern, sichtlich stolz, als ginge Bernhards Kraft in die ihre über, als habe sie Teil an seinem Ruhm. Seht, wer ich bin, die Geliebte des Ritters von Baerheim. Allerdings, Bernhard beanspruchte die Bewunderung aller und fand sie auch. Wenn natürlich auch mit Neid gemischt. Hart, schnell, unnachgiebig, brutal kämpften alle Ritter, sie alle bevorzugten direkte Angriffe, um das Kampfgeschehen zu bestimmen. Was aber bei Bernhard hinzukam, wie Martin gerechterweise und missgünstig zugeben musste, war die Intuition, jede Bewegung des Gegners vorauszuahnen, waren sein hohes Maß an Selbstbeherrschung und sein Kampfstil, der ungehemmt und frei war.
    »Behandle dein Schwert wie eine Geliebte«, hatte er Martin aufgefordert.
    Nur war es leider zu deutlich, dass Bernhard ihn verachtete und verabscheute. Außerhalb des Kampfes sprach er kein Wort mit Martin. Wenn sie sich zufällig trafen, gelang es Bernhard, an ihm vorbeizugehen, als sei er nicht da.
    In den Übungsstunden aber war Bernhard wie umgewandelt.
    Sie übten ohne Rüstung, ohne Helm, ohne jeden Schutz, täglich, mehrfach, stundenlang. In all diesen Kämpfen hatte Bernhard Martin nie verletzt. Mit Wucht ließ Bernhard sein Schwert auf Martins Kopf hinuntersausen, Martin fühlte schon den Hieb, sah das Blut spritzen und seinen Kopf gespalten, doch Bernhard hielt inne, berührte nicht die Spitze des kleinen Wirbels, der vorwitzig aus Martins Haar hervorsah.
    Es war erstaunlich, Bernhard erlaubte sich keine unsachlichen Bemerkungen, kein höhnisches Lachen, überhaupt keine Überheblichkeit, sondern handelte weisungsgemäß. Er hatte den Befehl vom Legaten des Papstes erhalten, Martin als den natürlichen Sohn eines Fürsten im Schwertkampf auszubilden, also gehorchte er dem Legaten als dem Stellvertreter des Papstes, der nun seinerseits der Stellvertreter Jesu Christi auf Erden war. Folglich war es so, als habe Jesus Christus ihm den Auftrag erteilt. Also gab Bernhard sein Wissen und Können, seine Technik und seine Tricks vorbehaltlos an Martin weiter. Er hatte sich offenbar vorgenommen, aus Martin einen bedeutenden Schwertkämpfer zu machen. Jedenfalls sollte er diese erste Schlacht überleben, zumindest aber ehrenvoll sterben. Martins Versagen im Kampf fiele auf ihn zurück.
    Martin zuckte zusammen.
    Er hatte nun die Ebene erreicht, vor der ihm die ganze Zeit graute: Das Feld der toten Ritter und Pferde. Da lagen die Schädel und Knochen, vom Mond beschienen, im Gras verstreut oder haufenweise übereinander. Ein irrwitziger Einfall durchzuckte Martin. Diese Knochen, Skelette und Schädel müsste man sammeln und zusammen mit den verblichenen Überresten der Menschen aus dem Lager aufrichten und daraus ein Haus, eine Burg, eine Totenstadt bauen.
    Welch ein Unsinn!
    Er musste aufpassen. Es war sehr wahrscheinlich, dass Kilidj Arslan überall seine Späher hatte. Der wusste genau, wo Raimonds Heer sich befand. Nur dass der Graf sofort sein Lager

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