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Die Pilgerin

Titel: Die Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Roncevalles geführt, über den sich die Pyrenäen am besten überqueren ließen. Doch Blanches Anwesenheit zwang sie, eine andere Richtung einzuschlagen. Der Ritter Coeurfauchon hatte das Mädchen der Gruppe anvertraut und gebeten, es zum Grafen von Foix zu bringen. Da der Weg nach Foix sie tiefer nach Frankreich hinein und damit von Santiago weggeführt hätte, entschloss Vater Thomas sich, Starrheims Rat zu folgen und Blanche nach Béarn zu begleiten, über das Gaston III. ebenfalls herrschte. Still für sich begrüßte Tilla diese Entscheidung, denn sie fürchtete, in Foix auf Felicia de Lacaune zu treffen, und diese Dame wollte sie niemals wiedersehen.
    Der Übergang über die Garonne gestaltete sich ebenso unangenehm wie die Überquerung der Rhône. Die Fährleute waren dreist, gierig und nicht bereit, mittellose Pilger für Gottes Lohn überzusetzen. So mancher, der auf Erlösung in Santiago hoffte, musste am Ufer des mächtigen Stromes entlangirren, in der Hoffnung, vielleicht doch noch auf eine Furt zu treffen oder auf einen freundlichen Bewohner, der ihn mit seinem Kahn auf die andere Seite brachte.
    Tillas Begleiter hatten inzwischen fast all ihr Geld verloren und glaubten bereits, auch sie müssten sich eine Möglichkeit zur Überfahrt erbetteln, doch Tilla opferte ein paar der Münzen, die sie ihrem Bruder entwendet hatte, und zeigte sie einem der Fergen.
    »Reicht das für uns?« Sie hatte ein paar Brocken der Landessprache von Olivia und deren Frauen und auch in den Pilgerherbergen aufgeschnappt und sich gemerkt, um nicht ständig auf Starrheims Übersetzung angewiesen zu sein, zumal dieser auf dem Weg nach Süden immer schlechter mit den Dialekten zurande kam.
    Der Fährmann starrte begehrlich auf das Geld, warf aber dann einen Blick auf die Gruppe und winkte ab. »Für dich und drei weitere reicht es. Für den Rest noch einmal so viel!«
    Tilla schüttelte den Kopf. »Nein! Entweder alle oder keinen. Du hast die Wahl. Ein Fischer oder ein Bauer, der ein Boot besitzt, wird sich das Geld gerne verdienen wollen.«
    Für diese Worte benötigte sie nun doch Starrheims Hilfe. Der junge Edelmann fluchte und schalt den Fergen einen gierigen Schurken. Der zuckte jedoch nur mit den Schultern. »Noch einmal dasselbe für alle, oder ihr könnt wegen mir auf dieser Seite vermodern.«
    Tilla war im ersten Augenblick nicht bereit, diesen Wucherpreis zu bezahlen. Die Alternative wäre jedoch gewesen, die Pilgerstraße zu verlassen und den Fluss entlang zu ziehen, ohne zu wissen, ob und wie schnell sie jemand fanden, der sie übersetzen konnte. Mit Mord im Herzen holte sie noch ein paar Münzen aus ihrem Beutel und hielt sie dem Fährmann hin.
    »Dafür setzt du uns ohne jeden Verzug über, verstanden!« Es war ein Wunder, wie glatt ihr die fremden Worte über die Lippen kamen.
    Starrheim blickte sie erstaunt an. »Du verfügst über viele Talente, Tilla, aber das größte davon ist, mich immer wieder zu überraschen.«
    Unterdessen war der Fährmann zu der Überzeugung gekommen, dass er lieber das Geld verdienen wollte, als es einem anderen zu überlassen. Daher forderte er Tilla mit einer herablassenden Geste auf, seinen Kahn zu betreten. Einige Pilger, die schon länger auf eine Gelegenheit zur Überfahrt warteten, murrten und schimpften.
    Tilla fühlte sich stark an die Szene an der Rhône erinnert, nur dass sie es hier waren, die bevorzugt behandelt wurden, und sie war froh, als ihre Gruppe auf dem Kahn saß und der Ferge die Leine löste, mit der er ihn an einen Baum am Ufer gebunden hatte.
    Die Überfahrt gestaltete sich ungemütlich, denn die Wasser der Garonne flossen schneller, als es vom Ufer aus den Anschein gehabt hatte, und der Ferge stach mit dem Bug so in die Wellen, dass sein Boot heftig tanzte. Er schien seine Passagiere absichtlich erschrecken zu wollen und lachte über die ängstlichen Rufe, die Hedwig, Blanche und die Zwillinge von sich gaben.
    Sebastian klammerte sich mit einer Hand an die Bordwand und mit der anderen an Tillas Arm und fluchte leise vor sich hin. »Gleich gehe ich nach vorne und gebe dem Lümmel ein paar Maulschellen, die er so rasch nicht vergisst.«
    Als er aufstand, schwang der Ferge den Kahn herum und Sebastian plumpste auf den Boden. Dabei stieß er sich an einer der Streben und stöhnte auf. Gleichzeitig starrte er den Fährmann verblüfft an. »Der Kerl kann Deutsch!«
    »Ein wenig ich können.« Der Ferge grinste zufrieden und deutete dann auf das südliche Ufer. »Wir

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