Die Plantage: Roman (German Edition)
waren die Festvorbereitungen abgeschlossen. Die Steingutkrüge mit Ale und Bier wurden zum Kühlen in einen Wasserbottich gestellt. Auf der Wiese standen mit Lorbeergirlanden geschmückte Tische und Bänke. Antonia ließ für Mrs. Shaughnessey einen bequemen Sessel aus dem Haus herunterbringen und platzierte sie mit ihrem jüngsten Sohn Joey und dessen Nanny an einen Tisch unter den Bäumen. Nach und nach fanden sich die Männer, Frauen und Kinder von Legacy ein. Charlene hatte Kuchen, süßes Gebäck und gewürzte Pfannkuchen aufgetragen. Ein Stück weiter war ein großer Gitterrost aufgebaut, auf dem später Fleischspieße und Maiskolben gebraten würden. Die Leute saßen zusammen, plauderten, lachten. Antonia ging von Tisch zu Tisch, redete mit allen ein paar Worte.
Als sie zu Joshua kam, der mit Farell die Alekrüge füllte, nahm sie ihn kurz beiseite: »Wo ist Mr. Marshall? Solange er nicht erscheint, wird niemand etwas essen. Das muss er doch wissen!«
»Klar weiß er das«, meinte Joshua gelassen und reichte zwei volle Krüge an Farell weiter. »Er wird schon kommen. Sie kennen ihn doch, er braucht seinen Auftritt.«
William verschloss die Papiere für die Schiffspassage und die Akkreditierung von Ashley & Bolton mit den Cheques und dem Geld für die Überfahrt in seiner Brieftasche. Am Morgenhatte ein Bote von Serenity Heights eine versiegelte Dokumentenmappe gebracht. In einem Begleitschreiben bat Longuinius, William möge die Mappe seinem Londoner Notar übergeben. Brief und Mappe waren in einer Reisetasche verwahrt.
Néné lungerte schläfrig in einem Sessel. Er hatte William beim Ankleiden bedient und danach sämtliche Sachen ordentlich verpackt. Das ganze Gepäck lag auf dem Bett, am Boden davor stand eine Holzkiste mit Schuhen und Stiefeln.
William klappte den Schreibschrank zu und sagte: »In Ordnung, Junge, du kannst zu den andern nach draußen gehen. Aber vergiss nicht, Néné: kein Wort über die Reise!«
»Nein, Sir, kein Wort.«
Als Néné gegangen war, nahm William aus einer Schublade des Schreibschranks seine Duellpistolen. Eine Pistole tat er mit dem Holster zum Gepäck, die andere lud er, sicherte sie und steckte sie mit der Munition in die Innentasche seines Mantels. Dann nahm er vom Schrank den Säbel herunter. Er zog die Waffe aus der Scheide. Nur eine Drehung des Handgelenks, und der Stahl der Klinge blitzte auf und durchschnitt die Luft mit dem Geräusch zerreißender Seide. Er schob die Waffe zurück in die Scheide und legte sie zu dem Kleidersack mit den Mänteln. Nach einem letzten Blick durch das Zimmer nahm er Hut und Stock und ging hinaus.
Frank Shaughnessey fuhr mit dem Einspänner bis zur Remise. Als Antonia ihm entgegenging, sah sie, dass Rovena Mougadou nach ihm aus dem Wagen stieg. Die Antillaise stand erhobenen Hauptes neben ihrem Herrn. Die schwarze Tunika, der schwarze, hohe Turban gaben ihrer Gestalt eine Eleganz, die einer Dienerin nicht zustand. Einen Korb, in dem zwischen Tüchern Weinflaschen lagen, hielt sie zwanglos im Arm, als wäre es ihr Geschenk für die Gastgeberin.
»Ich habe mir erlaubt, die Bestände Ihres Weinkellers ein wenig zu ergänzen«, sagte Shaughnessey zur Begrüßung.
Während er dem Stallburschen Anweisungen für das Wagenpferd gab, trat Rovena auf Antonia zu und betrachtete sie eindringlich aus ihren schräg geschnittenen Augen. »Guten Tag, Mrs. Lorimer, Maam. Wie geht es Ihnen? Sie sehen erschöpft aus.«
Antonia fühlte einen Schauer. Schon befürchtete sie, Rovena wollte eine ihrer unheimlichen Prophezeiungen aussprechen, doch auf einmal lächelte die Schwarze.
»Machen Sie sich keine Sorgen, Maam. Mit dem Kind ist alles in Ordnung.«
»Was … warum …?« Antonia konnte nicht weitersprechen. Benommen hob sie die Hand an die Stirn, als Rovena mit einem leisen Zungenschnalzen davonschritt. Sie wurde von einem Schwindel erfasst und musste kurz die Augen schließen.
»Meine Liebe, Sie sind ja ganz weiß im Gesicht!«, hörte sie Shaughnesseys besorgte Stimme. »Kommen Sie, gehen wir in den Schatten.«
Sie ging an seinem Arm zurück zur Allee. Cole und Allan standen dort im Gespräch mit Joshua und Lieutenant Farell. Die Männer hatten Krüge mit Ale in der Hand. Farell reichte Antonia und Shaughnessey auch etwas zu trinken. Sie nahm einen Schluck, dann ging es ihr wieder besser und sie unterhielt sich mit den Männern. Alle waren guter Dinge, nur Joshua schien nicht bei der Sache. Als sie ihn ansprach, gab er keine
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