Die Plantage: Roman (German Edition)
dringend davon ab, weiter in der bisherigen Weise gegen Antonia vorzugehen. Aber Hocksley wollte nicht zusehen, wie ihm die Felle davonschwammen. Bevor die Erntesaison begann,musste er etwas unternehmen, um zu verhindern, dass Antonia wirtschaftlich unabhängig wurde. Doch er würde dieses Mal umsichtiger handeln. Er wollte Antonia in Sicherheit wiegen, sie sollte glauben, er sei nicht mehr an Legacy interessiert. Als ein Diener meldete, dass der Lunch serviert werde, sperrte Hocksley Fowlers Brief in ein Schubfach seines Schreibtischs. Den Schlüssel steckte er in die Bundtasche seiner Weste, neben die Uhr seines Schwiegervaters Robert Bell.
Diane Hocksley und die beiden Töchter Dora und Jane-Eliza erwarteten ihn bereits am gedeckten Tisch. Nachdem der Hausherr Platz genommen hatte, wurde aufgetragen. Während ein Diener das Beef tranchierte und vorlegte, schlug Hocksley seiner Frau vor: »Du solltest deine Schwester einladen, Diane, vielleicht zum Lunch am nächsten Sonntag, nach dem Gottesdienst.«
Diane faltete die Hände in ihrem Schoß. »Sprichst du von Antonia?«
»Natürlich, von wem denn sonst?«, erwiderte er gereizt.
»Nun, ich wundere mich etwas, Theodore. Ich hatte nicht den Eindruck, dass wir in letzter Zeit den Kontakt mit Legacy suchten.«
»An mir soll es nicht liegen!« In toleranter Geste breitete Hocksley die Arme aus. »Im Übrigen dachte ich, du hättest deine Pläne mit ihr. Wolltest du ihr nicht ins Gewissen reden? Du versuchst doch schon länger, sie wieder unter die Haube zu bringen.«
Diane wollte das Thema nicht vor den Mädchen erörtern, konnte ihrem Mann die Antwort aber nicht schuldig bleiben. »Als ihre Schwester ist es meine Pflicht, mich nach einem passenden Ehemann für sie umzusehen. Allerdings hat sie meine Vorschläge zurückgewiesen. Die Herren, die infrage kämen, haben sich inzwischen anderweitig orientiert. Ich wüsste im Moment beim besten Willen nicht, wer als Kandidat in Betracht käme.«
Hocksley legte sein Besteck auf den Teller und sagte: »Kürzlich auf der Jagd traf ich Mr. Reed. Früher hatten wir bisweilen unsere Differenzen, aber diesmal haben wir uns recht angenehm unterhalten. Wir kamen auch auf Antonia zu sprechen. Ich habe ganz den Eindruck, dass sich der Mann für deine Schwester interessiert.«
Reed war auf Prospero Hill kein Unbekannter. Dora und Jane-Eliza, die alt genug waren, sich ihre eigenen Gedanken über einen betuchten Junggesellen zu machen, warteten gespannt, was ihre Mutter dazu meinte.
Diane ließ ihre Gabel sinken, bis sie mit einem kaum hörbaren Geräusch auf dem Tellerrand zu liegen kam. »Das ist nicht dein Ernst, Theodore!«
»Warum nicht? Er ist ein angesehener Mann, hat Geld, einen schönen Besitz, was willst du mehr?« Er wies auf seine beiden Töchter und meinte belustigt: »Oder hast du schon andere Pläne mit ihm?«
»Um Gottes willen, nein!« Dianes üppiger Busen wogte erschrocken unter der belgischen Spitze ihres Nachmittagskleides.
»Was hast du denn, Diane? Ich erinnere mich, dass du von einer Verbindung deiner Schwester mit Reed einmal sehr angetan warst.«
»Aber Dora möchte Mr. Reed heiraten!«, platzte Jane-Eliza heraus.
»Gar nicht wahr!«, zischte Dora.
»Doch, das steht in deinem Tagebuch!«
Dora trat ihre Schwester unter dem Tisch.
»Aua!«
»Mädchen, ihr geht sofort hinaus!«
»Aber Mama!«
»Auf eure Zimmer, sofort!«
Als sie allein waren, sah Hocksley seine Frau tadelnd an. Sie hatte rote Flecken an Hals und Wangen und wrang nervös ihre Serviette zwischen den Händen.
»Du lässt dich gehen, Diane, das steht dir nicht«, sagte er. »Abgesehen davon finde ich deine Reaktion absurd. Was hat Reed getan, dass du ihn auf einmal ablehnst?«
Diane schlug die Augen nieder. Ihre Abneigung gegen Reed war Intuition, ein ungutes Gefühl, das sie in seiner Gegenwart anflog. Die Bekanntschaft mit ihm ging über die gesellschaftlichen Formen kaum hinaus, und die wenigen Begegnungen en famille waren stets freundschaftlich verlaufen. Wie konnte sie da von ihrem Mann Verständnis erwarten?
»Es ist nicht leicht zu erklären, Theodore. Doch ich habe Mr. Reed beobachtet. Er ist eigenartig.«
»Mach dich nicht lächerlich!«
»Ich kann dir nicht sagen, was es ist. Er hat eine Art, jemanden anzusehen, dass es mich graust.«
»Wen hat er angesehen, dass es dich graust, Diane?«
»Dora. Wenn er zu Besuch da war.« Sie hielt seinem zweifelnden Blick stand. »Oder neulich in St. James’, nach dem Gottesdienst.
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