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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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weißt du, warum? Weil sie daran glauben, die Welt verändern zu können. Diese Überzeugung und das Lebensgefühl, das daraus entsteht – das, Thomas, ist die Neue Welt. Das ist Amerika.«
    Durch Thomas’ ruhige stille Aufmerksamkeit ermutigt, fuhr er fort: »Ich will nicht verschweigen, was du vielleicht schon vermutest: Ich lebte mit einer Frau zusammen, Antonia, ihr gehört die Plantage. Ihretwegen habe ich lange gezögert, ehe ich mich entschließen konnte, nach England zurückzukehren. Ich … habe sie geliebt.« Endlich, da die Weite eines ganzen Ozeans zwischen ihnen lag, durfte er aussprechen, was er für Antonia empfand: »Ich liebte sie so sehr, dass ich alles andere darüber vergaß, Heimat, Familie, selbst meine Pflicht als Soldat. Es gab nichts, was ich nicht für sie getan hätte.«
    »Warum in aller Welt hast du sie verlassen?«, fragte Thomas entgeistert.
    »Auf die Dauer wäre es nicht gutgegangen.«
    »Wie kannst du dir so sicher sein?«
    »Weil unser Verhältnis … unmöglich war! Ein Spiel der Götter, Ironie des Schicksals, was weiß ich? Es gab etwas, das für immer zwischen uns gestanden hätte, und gerade das hatte uns zusammengeführt. Unsere Begegnung war von Anfang an problematisch, aber mit der Zeit kamen wir uns näher … Esstimmt, ich habe sie verlassen. Aber sie hat auch nicht versucht, mich zu halten.«
    »Glaubst du, sie hat deine Gefühle nicht erwidert?«
    »Wir waren uns wohl beide nicht über unsere Gefühle im Klaren. Als ich ihr erzählte, was in den letzten Kriegstagen geschehen war, wirkte sie bestürzt, schockiert. Doch ich bezweifele, dass sie verstanden hat, was es für mich bedeutet und was seither in mir vorgeht oder was ich heute empfinde, wenn ich eine Frau umarme.« Resigniert setzte er hinzu: »Es ist besser so. Sie würde mich nur verachten.«
    Thomas hatte keine Ahnung, wovon William sprach oder was ihm widerfahren war. Aber weil er gehört hatte, dass viele Soldaten nach den Gewalthandlungen eines Krieges von Selbstvorwürfen gequält wurden, führte er Williams Haltung auf ein moralisches Problem zurück: Welcher vernunftbegabte Mensch käme bei der Durchsetzung militärischer Ziele nicht über kurz oder lang mit seinem Gewissen in Konflikt!
    »Wie kommst du nur darauf, Antonia könnte dich verachten?«, begann er. »Sie hat im Kriegsgebiet gelebt und wird wissen, wozu Menschen fähig sind, die sich auf den Tod bekämpfen. Sie weiß auch, dass du jahrelang ihre Landsleute bekriegt hast. Trotzdem hat sie dich aufgenommen und dir auf ihrer Plantage eine Existenz geboten. Wozu sollte sie das tun, wenn sie dich verachtete? Ist dir klar, wie viel du ihr bedeuten musst, wenn sie sich auf ein Leben mit dir eingelassen hat? Sie hat sich mit dem, was du getan hast, abgefunden und dich akzeptiert, so wie du bist. Was ist das anderes als Liebe, William? Dass sie nicht versuchte, dich zu halten, als du gehen wolltest, war vielleicht der größte Beweis ihrer Liebe. Ich meine, was erwartest du noch?«
    »Ich erwarte gar nichts!« William war plötzlich aufgesprungen und ging nervös durch den Raum. »Antonia weiß nicht, was mit mir los ist«, stieß er hervor. »Sie hat sich in ein Wunschbild verliebt, aber das bin nicht ich, nicht nachdem … Verstehdoch, ich musste fortgehen, Thomas, sie würde die Wahrheit nicht ertragen.« Er blieb vor dem Kamin stehen, starrte in den Spiegel darüber; seine grauen Augen blickten ihm düster und ohne Zuversicht entgegen. Was ist aus mir geworden?, fragte er sich bestürzt. Es kam ihm so vor, als stünde ihm der Verlust seiner Selbstachtung auf die Stirn geschrieben. Wie hatte er glauben können, er brauchte nur nach Hause zurückzukehren und alles wäre wieder gut? Neben einem Mann wie Thomas wurde ihm erst recht bewusst, dass er seine seelische Unversehrtheit für immer verloren hatte.
    Thomas beobachtete ihn betroffen. Ein solcher Ausbruch ließ sich mit Schuldgefühlen oder enttäuschter Liebe allein nicht erklären, da musste noch etwas anderes mit im Spiel sein. Etwas Schlimmes war seinem Bruder zugestoßen, sonst wäre er nicht in einem so desolaten Zustand. Er ging zu ihm, legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Du wirkst mitgenommen. Willst du mir nicht sagen, was geschehen ist?«
    William rührte sich nicht.
    »Billy, mein Junge, so kenne ich dich nicht! Was haben sie nur mit dir gemacht?«
    Schroff entzog William sich der Berührung. »Spar dir deine Anteilnahme! Ich komme schon klar.«
    »Gewiss, verzeih«, beschwichtigte

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