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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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Madam, bitte! Es … tut mir leid.«
    »Was tut Ihnen leid? Dass er tot ist?« Ohne die Antwort abzuwarten, ging sie hinaus.

5.
    Marshalls Wunden heilten langsam, aber stetig. Antonia und Joshua teilten sich die Krankenpflege. Ganz selbstverständlich übernahm Joshua die Sorge um Marshalls tägliche körperliche Bedürfnisse, während Antonia ein gewisses Geschick bei der Behandlung seiner Verletzungen entwickelte. Ihre Hoffnung, er würde mit fortschreitender Genesung zugänglicher werden, erfüllte sich jedoch nicht. Verdrossen über seine prekäre Lage, von seiner Einheit getrennt und vom weiteren Kriegsverlauf abgeschnitten zu sein, hing er meist düsteren Gedanken nach. Die Untätigkeit des Krankenlagers war ihm zuwider, viel zu früh stand er auf und versuchte zu gehen. Joshua musste ihm ein paar Krücken anfertigen, mit denen er sich jeden Tag an der kurzen Entfernung vom Bett zum Fenster übte.
    Joshua behandelte ihn wie einen schwierigen, doch respektablen Gast, blieb aber auf Abstand. Nur wenn Marshall sich nach seinem Pferd Ghost erkundigte, taute Joshua auf. Seit er angefangen hatte, das Pferd durch gezielte Arbeit im Gelände wieder in Form zu bringen, konnte er täglich über Fortschritte berichten. So hatten die Männer ein neutrales Gesprächsthema.
    Das Verhältnis zwischen Antonia und Marshall war komplizierter. Er gab sich verschlossen und beschränkte sich in der Unterhaltung auf meist zynische Kommentare. War er einmal in mitteilsamer Stimmung, sprach er über die Jahre seinesKriegsdienstes in Amerika. Er konnte gut erzählen und, wenn er den formellen Umgangston fallen ließ, sie sogar zum Lachen bringen. Kam aber die Sprache auf persönliche Dinge, wurde seine Miene kalt und abweisend. Auf keinen Fall, das hatte Antonia inzwischen gelernt, durfte sie jene Begebenheit ansprechen, die zu seinen schrecklichen Verletzungen geführt hatte.
    Er machte keinen Hehl daraus, dass er ihr nicht traute und sie genau beobachtete. Sein Misstrauen verärgerte sie, dennoch stellte sie ihren Entschluss, ihm auf Legacy Zuflucht zu gewähren, zu keinem Zeitpunkt infrage. Dabei ging es nicht allein um eine moralische Verpflichtung. Sie hatte unter dem Eindruck gelitten, mit Henrys Tod wäre ihr Leben zum Stillstand gekommen. Auch wenn sie ihren Mann am Ende nicht mehr geliebt hatte, vermisste sie seine Ansprache und die Auseinandersetzung mit seiner Gedankenwelt. Nun war Marshall aufgetaucht und brachte ihr Aufregung und erhebliche Unannehmlichkeiten. Aber mit einem Mal hatte ihr Leben wieder einen Sinn.
    An einem Abend Ende September saß Antonia auf der Veranda vor dem Kutscherhaus und beobachtete, wie Joshua Ghosts tägliches Training mit ein paar Dressurübungen beschloss. Oben vorm Herrenhaus versammelte er das Pferd und ließ es dann in engen Volten um den Rasenplatz kantern. Antonia war beeindruckt von Ghosts kraftvoller Eleganz und der Harmonie seiner Bewegungen. Sie klatschte anerkennend Beifall, als Joshua zum Hof geritten kam und das erhitzte Pferd zu den Stallungen brachte.
    Zurückgelehnt in ihren Sessel, blickte sie abwesend zum Herrenhaus, dessen Westseite mit den weißen Säulen des Portikus in der tief stehenden Sonne leuchtete. Die abendliche Brise raschelte im dürren Laub der Eukalyptusbäume, eine Amsel sang, vom Sattelplatz klang leises Hufeklappern herüber, vertraute Geräusche, die sie kaum wahrnahm, während sie ihren Gedanken nachhing.
    Marshall war unbemerkt zur Tür gekommen. Blass und abgemagert nach wochenlangem Krankenlager, in Arbeitshosen, die ihm viel zu weit waren, lehnte er hinter ihr im Eingang. Ohne Krücken war der Weg heraus anstrengender gewesen als erwartet. Aber er hatte es drinnen nicht mehr ausgehalten. Der kühle Wind im Gesicht, an Armen und Oberkörper, die rauen Dielen unter den bloßen Füßen, das machte alle Mühe wett!
    Antonia saß ganz still. Den Kopf zur Seite gewandt, schien sie in den Anblick von etwas versunken, das außerhalb seines Gesichtsfeldes lag. Er trat vorsichtig auf die Veranda und folgte ihrem Blick zu einer Villa klassischen Baustils.
    »Also das hält Sie auf dieser gottverlassenen Plantage fest!«
    Sie fuhr herum. Marshall stand nur einen Schritt hinter ihr. »Was machen Sie hier draußen? Sie sollen noch nicht aufstehen!« Sie sprang auf und schob ihm den Stuhl hin. »Hier, setzten Sie sich.«
    Er ging nicht darauf ein, trat aber ans Verandageländer, um sich aufzustützen. »Sie haben ein schönes Haus, Mrs. Lorimer.«
    »Sie hätten es

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