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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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vor dem Brand sehen sollen.«
    »Wollen Sie mir erzählen, was hier passiert ist?«
    »Es war … ein Überfall, letzten Januar. Eine Einheit der örtlichen Miliz unter dem Befehl meines Mannes hatte ein britisches Munitionsdepot gesprengt. Die Besatzung von Fort Howard verfolgte sie bis zum Snakewater Creek, dort kam es zum Gefecht. Henrys kleiner Trupp hatte keine Chance gegen die britische Kavallerie …«
    »Es waren Dragoons«, warf Marshall ein. »In Fort Howard stand keine Kavallerie, sondern Leichte Infanterie der British Legion.«
    »Mag sein. Jedenfalls zerschlugen sie die Miliz. Henry wurde erschossen, der Rest seiner Leute gefangen genommen. Nur Joshua kehrte zurück. Er warnte uns, dass die Soldaten auch hierher kämen, und brachte mich in Sicherheit, bevor die Reiter die Plantage überfielen. Als Vergeltung für den Handstreich aufdas Munitionsdepot setzten sie das Haus in Brand und legten auf den Pflanzungen Feuer. Meine Landarbeiter wollten fliehen, aber sie wurden von den Soldaten brutal niedergemacht.«
    »Glauben Sie nicht alles, was man Ihnen erzählt, Madam. Englische Regulars verhalten sich äußerst diszipliniert, solange man sie nicht provoziert. Wahrscheinlich wollte einer von Ihren Leuten sich als Helden aufspielen.«
    »Wie denn? Es waren einfache Landarbeiter, freigelassene Sklaven, sie hatten keine Waffen. Diese Soldaten haben wehrlose Menschen erschlagen!«
    »In jedem Krieg sterben Zivilisten«, erwiderte er. »Durch Strafaktionen wie diese lernen die Leute, was passiert, wenn ihre Milizen sich mit regulären Truppen anlegen.«
    »Lernen!«, fuhr sie ihn an. »Was haben Sie gelernt aus dem, was Ihnen am eigenen Leibe widerfahren ist?«
    Sofort gefror seine Miene. »Davon verstehen Sie nichts!«
    »Oh, ich denke doch, Mr. Marshall! Immerhin pflege ich Sie schon seit einigen Wochen.«
    »Ich hab’s mir nicht so ausgesucht!«
    »Bitte, dann gehen Sie doch! Ich halte Sie nicht auf !« Wütend kehrte sie ihm den Rücken – und erblickte Joshua am Fuß der Treppe. Er hatte den Wortwechsel gehört und war vom Stall herübergekommen.
    »Alles in Ordnung, Miss Antonia?«
    Sie biss sich auf die Lippen und sah zu Boden. Joshua kam herauf, er hatte bemerkt, dass Marshall sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.
    »Es ist spät, Sir, Sie sollten sich ausruhen«, sagte er ruhig. »Kommen Sie, ich bringe Sie hinein.«
    Am nächsten Tag brach Antonia zeitig auf, um bei Vier Federn frische Medizin zu holen. Sie folgte einem von Dornenranken und giftigem Sumach überwucherten Pfad durch den Eukalyptuswald und kam nach einer halben Meile an den Altwasserkanal,der den Plains River mit dem Snakewater Creek verband. Die Luft über dem Wasserlauf war voller Dunst und flirrte im Frühlicht. Antonia lief auf dem Dammweg neben dem Kanal weiter, bis sich nach einer Viertelmeile rechter Hand eine Lichtung öffnete, in deren Mitte, erhöht auf einer flachen Anhöhe, eine Kate im vollen Morgenlicht stand. Ein heller Rauchfaden stieg vom Kamin senkrecht zum Himmel. Die Stille ringsum schien dicht und kompakt. Während Antonia durchs taufeuchte Gras zu der Kate ging, tauchte ein Otter aus dem Kanal, setzte sich auf die Hinterpfoten und spähte ihr nach.
    »Der Otter da drüben, er beobachtet mich!«, sagte Antonia, als Vier Federn ihr die Tür öffnete.
    »Otter sind neugierig, wie alle Leute, die am Wasser leben«, meinte Vier Federn. »Möchtest du hereinkommen?«
    In der Hütte roch es nach frisch gebrühtem Kaffee. Antonia setzte sich auf die Bank unter dem einzigen Fenster, Vier Federn stellte eine Blechtasse vor sie hin und zog ihren Schaukelstuhl heran.
    »Wie geht es dem Engländer?«
    »Mal besser, mal schlechter«, sagte Antonia nachdenklich. »Ich sehe ihm an, dass er oft Schmerzen hat. Aber er lehnt es ab, deine Medizin noch länger zu nehmen. Er will fort, wie du gesagt hast. Er versucht schon zu gehen, gestern kam er sogar auf die Veranda herausgehumpelt.«
    »Er ist aufgestanden?«, fuhr Vier Federn auf. »Ich habe dir eingeschärft, er darf das Bein sechs Wochen lang nicht belasten.«
    Antonia zuckte die Schultern. »Nun, Mr. Marshall hört nicht auf mich. Er macht, was er will.«
    »Marshall? Sagt er, sein Name sei Marshall?«
    »Ja, er heißt William Marshall. Er ist ein Colonel.«
    Vier Federn nickte. »Erzähl mir von Mr. Marshall.«
    Antonia zögerte. Sie wollte nicht zugeben, dass der Engländer sie fürchterlich tyrannisierte. »Er ist schwierig … Joshua mag ihn nicht, weißt du. Aber er

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