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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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delikaten Zustand zu reden. »Vor vier Tagen unternahm ich einen Reitausflug, um Bekannte zu besuchen«, begann sie. »Es war ein Ritt von mehreren Stunden, was an sich kein Problem ist, doch ich bin etwas aus der Übung. Unterwegs bekam ich Schmerzen im Unterleib, die wieder vergingen, während ich langsam weiterritt. Am Nachmittag, etwa eine Stunde nach meiner Ankunft,bekam ich so starke Schmerzen, dass ich mich hinlegen musste. Nur sehr langsam wurde es besser, danach war ich erschöpft und schlief lange. Am anderen Morgen spürte ich nichts mehr.« Sie zögerte. »Ich bin im fünften Monat schwanger.«
    Ingham hatte alles notiert. »Gravidität, angenommen zweites Trimenion«, sagte er bei sich und machte eine ergänzende Notiz. »Seither geht es Ihnen gut?«
    »Ja.«
    »Sind zuvor schon Wehen aufgetreten?«
    »Nein.«
    »Darf ich fragen, wo Sie waren, als die Schmerzen einsetzten, Madam?«
    »Ich war zu Besuch auf der Plantage von Mr. Reed, Hollow Park.«
    »Wer hat sich um Sie gekümmert?«
    »Eine schwarze Hebamme. Sie untersuchte mich auf ihre Weise und meinte, ich könne unbesorgt sein, solange es nicht zu Blutungen komme.«
    »Das ist richtig. Hatten Sie inzwischen Blutungen oder andere Beschwerden?«
    »Nein. Wie ich schon sagte, Doktor, es geht mir wieder gut.«
    »Fein, sehr schön.« Ingham legte die Feder weg. Den Kopf zur Seite geneigt, fragte er: »Haben Sie vor, Hollow Park in Zukunft öfter zu besuchen, Mrs. Lorimer?«
    Antonia spürte, wie sie errötete, hielt seinem Blick aber stand. »Sie irren sich, Doktor. Es ist nicht Mr. Reed.«
    »Madam, als Ihr Arzt würde ich nur gerne wissen, wen ich im Falle, dass Komplikationen auftreten, ins Vertrauen ziehen kann.«
    Sie wandte sich rasch ab, sah zum Fenster, das durch den Tränenschleier nur ein verschwommener, heller Fleck war.
    Ingham ließ ihr etwas Zeit, dann kam er um den Tisch herum und gab ihr ein frisches Taschentuch. »Wenn ich Sieuntersucht habe, sage ich Ihnen, worauf Sie in den nächsten Wochen der Schwangerschaft achten sollten. Nun kommen Sie bitte ins Behandlungszimmer, es wird nicht lange dauern.«
    Nach der Untersuchung verschrieb er ihr ein Stärkungsmittel, das sie in der Apotheke mischen lassen sollte. Sein Befund, Mutter und Kind seien in bester Verfassung, war für Antonia eine große Erleichterung, nachdem sie tagelang in der Sorge gelebt hatte, sie könnte ihr Kind womöglich verlieren. Während der Arzt das Rezept ausstellte, brachte sein Assistent einen Stapel Abschriften herein, er sagte zu Ingham: »Obenauf liegt der Bericht von Elverking, Sir.«
    »Danke, mein Junge, legen Sie alles auf den Schreibtisch.« Ingham entließ den Studenten mit einem Nicken, dann gab er Antonia das Rezept und fragte: »Interessieren Sie sich noch für Naturwissenschaften, meine Liebe?« Er tippte mit dem Ende der Feder auf die oberste Abschrift. »Dies hier ist eine Fallstudie über die Malariaerkrankung eines Plantagenaufsehers aus den Fiebersümpfen am Ashley River. Als die Krankheit bei ihm ausbrach, war er ein kräftiger junger Mann. Trotz frühzeitiger Gabe von Medikamenten ist das Fieber bei ihm nie ganz abgeklungen. Die Studie verdeutlicht die verheerenden Gesundheitsschäden durch anhaltendes hohes Fieber. Bei meinem Besuch vor drei Tagen war der arme Mann in so schlechter Verfassung, dass ich fürchte, er wird den nächsten Krankheitsschub nicht überleben.«
    Wie immer hatte Ingham seinen Befund gleich vor Ort in einem Notizenheft festgehalten und bei der Rückkehr seinem Assistenten zur Abschrift gegeben. Folglich glaubte er, dass ihm der Assistent mit der Bezeichnung »Bericht von Elverking« Javis’ Krankengeschichte vorgelegt hatte.
    »Vielleicht möchten Sie einen Blick hineinwerfen?«, fragte er Antonia. »Der klassische Verlauf einer Malariaerkrankung; der nächste Abschnitt wird sich mit dem Tod des Patienten befassen. Tja, die Malaria ist die Geißel des Lowcountry.«
    Antonia zog sich die Abschrift heran; auf dem Deckblatt stand lediglich eine Nummer. »Was bedeutet die Zahl?«, fragte sie.
    »Die Kennziffer des Patienten. Für die Veröffentlichung wurde die Studie anonymisiert, ich dürfte sie Ihnen sonst nicht zu lesen geben.«
    Sie schlug die erste Seite auf. Nach zwei Sätzen sah sie auf. Ingham blätterte in seinen Notizen, darum entging ihm ihr irritierter Blick. Sie wollte etwas sagen, besann sich aber und las weiter. Sie überflog die Formalien und konzentrierte sich auf die sachlichen Details. Die meisten

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