Die Plantage: Roman (German Edition)
sich dunkle Einsprengsel von Salz- und Sauerwiesen, doch überwiegend wuchs hier gutes Gras für die hochgezüchteten Pferde, die auf den Koppeln der Rennsportanlage grasten. Es hatte Quinn bei ihrem ersten gemeinsamen Besuch mit Stolz erfüllt, dass Reed ihn den anderen Rennstallbesitzern als Trainer seiner englischen Galopper vorgestellt hatte.
Als sie jetzt durch das Tor zur Rennbahn ritten, schien Reeds Absence ohne Nachwirkungen vorübergegangen zu sein. Er sprang vor dem Clubhaus vom Pferd, vertraute Lone Star einem der vielen Stallburschen an und gesellte sich zu einer Gruppe von Pferdetrainern und Züchtern aus der Umgebung, die sich über die Chancen der ersten amerikanischen, rein auf sportlichen Einsatz gezüchteten Rennpferde unterhielten. Bald wurde Quinn von ihm hinzuzitiert, und seine Bekannten begrüßten den jungen Mann freundschaftlich.
Quinn spürte, es war Reeds Wunsch, ihn heute in seiner Nähe zu wissen. Also würde er an seiner Seite bleiben, heute wie an allen Tagen, solange Reed seines Beistands bedurfte. Er wusste, dass das Ende vorgezeichnet war. Aber daran wollte er jetzt nicht denken.
43.
Joshua fasste die Aufzeichnungen des Plantagenberichts ab, doch er konnte sich kaum konzentrieren. In Gedanken war er bei seiner Frau. Seit dem Besuch im Gefängnis waren Wochen vergangen. Er bekam keine Nachricht von ihr, und wenn er an die erschütternden Verhältnisse des Kerkers dachte, fürchtete er, sie würde die Untersuchungshaft nicht überleben. Nein, es hatte keinen Zweck, er würde heute nichts zu Papier bringen.Er legte den Bleistift beiseite, stützte den Kopf in die Hände und seufzte schwer.
Antonia, die am Schreibtisch gegenüber die Post erledigte, betrachtete ihn voller Sorge. Je näher Rovenas Gerichtsverfahren rückte, desto unzugänglicher wurde Joshua. Bisher hatte sie es vermieden, mit ihm über den Prozess zu sprechen, wie sie allen Gesprächen aus dem Weg ging, die den Fall von Elverking berührten. Sie wollte nicht darüber nachdenken müssen, wie unverzeihlich falsch sie sich verhielt. Doch angesichts von Joshuas Verzweiflung konnte sie nicht so tun, als ginge sie das alles nichts an, und fasste sich ein Herz.
»Ich verstehe, dass dich das untätige Warten zermürbt«, sagte sie. »Aber betrachte es als gutes Zeichen, dass die Ermittlungen so zögerlich vorangehen. Offenbar reichen die Beweise der Anklage nicht aus, um den Mordvorwurf gegen Rovena aufrechtzuerhalten.«
»Wie können Sie annehmen, es gäbe irgendwelche Beweise?«, erwiderte Joshua schroff. »Die Anklage ist ein Gebäude aus Lügen! Meine Frau trifft keine Schuld, doch man will sie für den Mord verantwortlich machen.« Er nickte bitter. »Ihr Schwager Hocksley steckt dahinter. Just an dem Tag, als man die Tote fand, war er auf Elverking zu Gast, wussten Sie das?«
Sie erinnerte sich, dass Hocksley zu Crossbows Plantage unterwegs war, als er nach Hollow Park kam, um sie abzuholen. »Du glaubst, Hocksley hätte mit der Sache zu schaffen?«
»Wie’s aussieht, war er es, der die Ermittlungen gegen meine Frau in Gang brachte. Er hat Mr. Crossbow aufgetragen, dem Constable die Geschichte von dem Ritualmord aufzutischen, um den Verdacht auf Rovena und ihre Gefolgsleute zu lenken.«
»Also doch!«, rief Antonia. »Ich wusste, dass er die Mougadous im Visier hat.«
»Rovena sagt, Mr. Hocksley fürchte die Rache von Monsieur Raoul mehr denn je. Der Mordfall von Elverking liefert ihm den passenden Vorwand, gegen die ganze Voodoo-Gemeindevorzugehen; so könnte er seine Feinde auf einen Schlag loswerden.«
»Aber wie hat er von den Freitagsmessen erfahren? Nur die Mougadous wussten von den geheimen Treffen.«
»Sie wurden aus den eigenen Reihen verraten.«
»Von Angehörigen des Stammes? Wer würde so dumm sein?«
»Dumm, Ma’m?«, fuhr Joshua auf. »Sie wissen so gut wie ich, welche Zwangsmittel einem Sklavenhalter zu Gebote stehen. Mr. Hocksley nahm sich den Caid von Elverking vor, Jeremy Mougadou, ein Onkel von Raoul und Rovena, den er vor Jahren nach Carolina bringen ließ, um die Clique einflussreicher schwarzer Kariben von Port-au-Prince zu zerschlagen. Er drohte, Jeremys Söhne ins Work House zu schicken; da erzählte ihm Jeremy, was er wissen wollte. Bei der landläufigen Angst der Weißen vor einem Sklavenaufstand war es für Hocksley ein Leichtes, die Idee einer Voodoo-Verschwörung in die Welt zu setzten, und mit der Geschichte eines Ritualmordes gab es eine Handhabe gegen Rovena und die
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