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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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die Stammbücher der Pferdezucht von Hollow Park und anderer, auch europäischer Gestüte, mit denen Reed korrespondierte, verwahrt wurden.
    Quinn bot Roscoe einen Sessel beim Kamin an, setzte sichihm gegenüber und kam gleich auf den Punkt. »Ich denke, wir müssen uns über den Captain unterhalten.«
    »Es genügt, wenn du ihn Mr. Reed nennst«, meinte Roscoe. »Wir sind doch keine Jungs, die Soldaten spielen!« Er wollte die Stiefel auf das Kamingitter legen, besann sich rechtzeitig auf die Erziehungsversuche seines Freundes und zögerte.
    »Machen Sie es sich nur bequem«, sagte Quinn, der Roscoe für die Unterredung bei Laune halten wollte. Dann fuhr er fort: »Seit mich der Captain in seinen Dienst nahm, habe ich ein Auge auf ihn. Ich sorge dafür, dass sein Tag in ruhigen Bahnen verläuft, gehe regelmäßig nach ihm schauen und begleite ihn stets, wenn er das Haus verlässt. Ich finde nämlich, es sollte immer jemand in seiner Nähe sein, verstehen Sie? Damit nichts passiert. Wissen Sie, wovon ich rede, Lieutenant?«
    Roscoes Blick war an Teilnahmslosigkeit nicht zu überbieten. Quinn bezweifelte fast, dass man überhaupt ein normales Gespräch mit ihm führen konnte; er wappnete sich also mit Geduld, um seine Frage zu wiederholen, als er unerwartet eines Besseren belehrt wurde.
    »Du sprichst von Algies Krankheit.« Roscoe lehnte sich zurück. Aus der Rocktasche nahm er eine Münze, warf sie hoch und fing sie, ohne hinzusehen, wieder auf. »Glaubst du, ich wüsste nicht, was mit ihm los ist? Mein armer Algie ist verrückt. Er war es schon immer.«
    »Und es wird schlimmer, Lieutenant, das müssen Sie doch erkannt haben. Ich habe alles getan, um ihm seinen Seelenfrieden zu erhalten, eine Zeit lang ging es ihm richtig gut. Aber seit Sie zurück sind, ist seine Ruhe dahin …«
    »Er ist glücklich, weil wir wieder zusammen sind!«
    »Sie wollen es nicht verstehen.«
    »Was denn? Algie ist mein Freund.«
    »Sie schlafen mit ihm.«
    »Na und?«
    »Das sollten Sie nicht tun, Roscoe.«
    »Warum nicht? Er mag es, ich mag es.«
    »Er hat sein Gleichgewicht verloren! Immer häufiger fällt er in Absence …«
    »Das hat doch damit nichts zu tun. Komm schon, Gabriel, sei kein Heuchler. Männer treiben es manchmal miteinander, wenn sie befreundet sind. Das ist gut für die Freundschaft.«
    »Freundschaft? Zum Teufel, worüber reden wir hier eigentlich? Reed ist geisteskrank. Sie wissen doch gar nicht, was in ihm vorgeht!« Es war schwieriger, als Quinn erwartet hatte. »Hören Sie, ich habe mit einem Arzt über ihn gesprochen …«
    »Was? Du hast ihm von Algernon erzählt!«
    »Es fiel kein Name. Ich beschrieb ihm nur, was ich beobachtet hatte, die Aussetzer, Reeds abwesende Momente. Der Arzt meinte, solche Anzeichen können auf eine Geisteskrankheit hindeuten, die das Wesen eines Menschen von Grund auf verändere. Also ich kenne den Captain sehr gut, seine Art ist mir vertraut, doch es ist wahr, an manchen Tagen wirkt er verändert, dann spricht er mit mir in einer Weise, wie ich es sonst nicht bei ihm kenne. Der Arzt erklärte mir, die Krankheit könne einen neuen Wesenszug herausbilden, der wie eine andere Person nach außen auftrete und immer stärker werde, bis er den Menschen am Ende gänzlich beherrsche. Lieutenant, ich mache mir große Sorgen. Manchmal fürchte ich, wir könnten diesem anderen einmal begegnen, ohne es zu bemerken.«
    »Der böse Zwilling.« Roscoe nickte. »Man muss vorsichtig sein, wenn er in der Nähe ist.«
    »Vorsicht reicht nicht! Haben Sie von der Toten gehört, die an der Schleuse von Lennox Flow gefunden wurde?«
    »Na ja, er hat so was lange nicht mehr getan.«
    »Dann wissen Sie von den anderen!«, rief Quinn fassungslos. Natürlich, Roscoe musste von Reeds Opfern wissen, schließlich war er schon jahrelang mit ihm zusammen. Er beobachtete Roscoe, der hingelümmelt in seinem Sessel lag und mit derMünze spielte, die er zwischen den Fingern hindurchwandern, auftauchen und wieder verschwinden ließ. Er erinnerte sich, wie ungehemmt gewalttätig sich Roscoe im Krieg verhalten hatte; die Kameraden gingen ihm deshalb aus dem Weg, nur Reed hatte es nicht gestört. Quinn fing an zu begreifen, dass Roscoe nicht zufällig Reeds Gefährte geworden war: Skrupellos genug, dessen Morde zu vertuschen, und wehrhaft genug, sich notfalls gegen ihn zu behaupten, gab er den perfekten Begleiter für einen manischen Mörder ab.
    »War’s das?«, unterbrach Roscoe seine Gedanken. Er warf und fing die

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