Die Poison Diaries
und dem kochenden Wasser vermische. Ich rühre und rühre und bete, dass die Kräuter ihre Wirkung entfalten mögen, obwohl sie nicht so verarbeitet wurden, wie es sich gehört.
Mit Hilfe ihrer Mutter schiebe ich Kissen in Maryams Rücken, um ihren Oberkörper aufzurichten. Das Mädchen ist benommen und ihr Kopf will immer wieder zur Seite kippen, aber der Schmerz in ihrem Hals bewirkt, dass sie sich ruckartig wieder aufrichtet. Sie wimmert leise im Delirium.
Die Mutter hält den Kopf des Mädchens, während ich ihr die ersten Tropfen der Medizin einflöße. Das Kind verzieht das Gesicht und würgt, aber gemeinsam halten wir sie fest, so dass die Flüssigkeit gar nicht anders kann als durch ihren Hals nach unten zu laufen.
Dicke Tränen fallen aus den Augen der Mutter, aber sie sagt kein Wort. »Es ist bitter, wegen des Gins«, erkläre ich. »Aber es wird ihr helfen, das verspreche ich Ihnen.«
»Wann?«
»Schon bald. In ein paar Stunden werden Sie eine Besserung bemerken. Geben Sie ihr alle fünfzehn Minuten einen Löffel davon, bis sie alles zu sich genommen hat.«
Sie schaut mich an, ängstlich, aber entschlossen. Diese Frau würde alles tun, um ihr Kind zu retten. Ich hoffe nur, dass die Medizin nicht zu spät kommt.
»Sie sind eine Heilerin«, sagt sie. »Warum haben Sie das nicht gesagt?«
Ich schüttele den Kopf. »Verraten Sie niemandem, was ich getan habe.«
»Warum nicht? In meinem Volk werden Heilerinnen sehr verehrt. Ist es hier nicht genauso?«
»Nein, nicht immer.« Ich lege Maryams Kopf sanft ab, damit sie sich bis zur nächsten Dosis ausruhen kann. Ihre Mutter nimmt meinen Platz ein und murmelt die Gebete und Beschwörungen, die hoffentlich mit Hilfe meiner Medizin ihre Tochter ins Leben zurückrufen werden.
Still verlasse ich das Zimmer. Ich gehe zum Ende des Flurs und wende mich der Treppe zu.
»Miss Rowan?« Agnes steht auf dem Treppenabsatz, hinter ihr ein halbes Dutzend Frauen und Männer. Die beiden, mit denen ich beim Frühstück gesprochen habe, haben sich rechts und links von ihr aufgestellt. Auf ihren Gesichtern liegt eine grimmige Befriedigung. Agnes scheint besonders erregt. Ihre Arme hängen steif vor ihrem Leib, die Finger um einen dunklen Gegenstand gekrümmt. Ich schaue genau hin.
Es ist mein Beutel. Er enthält alles, was ich aus Hulne Abbey mitgenommen habe. Einschließlich der gefährlichen Kräuter.
»Wir haben Ihnen doch gesagt, Sie sollen sich von der Kammer des Teppichhändlers fernhalten«, sagt eine der Frauen, mit denen ich heute Morgen gesprochen habe. »Sieht so aus, als hätten Sie nicht auf uns gehört.«
»Ich werde gehen, wohin es mir beliebt. Das geht Sie nichts an. Was tun Sie mit diesem Beutel?« Am liebsten hätte ich Gift und Galle gespuckt. Es treibt mich schier in den Wahnsinn, meine tödlichen Waffen in den Händen meiner Feindin zu sehen, die nicht einmal ahnt, was sie für einen Fang gemacht hat!
»Wir haben das hier in Ihrem Zimmer gefunden«, sagt Agnes selbstzufrieden. »Sie haben die Tür offen gelassen, als Sie sich so eilig davongemacht haben. Sie haben wohl nicht gemerkt, dass wir Sie beobachtet haben, nicht wahr? Wir hielten es für das Beste, die Gelegenheit wahrzunehmen und uns ein wenig umzuschauen. Wir wissen nämlich genau, was Sie sind.«
»Ich bin ein Gast hier, genau wie Sie. Und Sie sind eine Diebin.«
»Ich muss zugeben, dass wir keins der üblichen Zeichen fanden. Kein Pentagramm. Keine Fledermausflügel. Keinen Besen. Aber wir haben das hier gefunden.« Sie wedelt mit dem Beutel.
»Der gehört mir.« Ich will danach greifen, werde aber von beiden Seiten am Arm gepackt.
»Ach, tatsächlich?« Über die Schulter hinweg sagt sie: »Habt ihr das gehört? Sie gibt zu, dass der Beutel ihr gehört, mitsamt seinem teuflischen Inhalt. Zutaten für Tränke und Gifte! Scheint so, als hätten wir eine Hexe in unserer Mitte!«
Ich leiste keinen Widerstand; ich bin keine Närrin. Ich weiß genau, dass jeder Versuch zu fliehen wie ein Schuldbekenntnis aussehen wird und mir einen Strick um den Hals beschert, noch ehe die Sonne untergeht.
Zweifellos werden sie mich irgendeiner sinnlosen, lebensgefährlichen Prüfung unterziehen. Die Hinrichtung von Hexen ist zwar durch das Gesetz verboten, aber wenn man verdächtigt wird, eine Hexe zu sein oder mit dem Teufel im Bund zu stehen, dann wird man schneller gehängt als man
Amen
sagen kann. Die Menschen glauben an Hexen, egal, was das Gesetz sagt.
Und auch in diesem Fall werden mir die
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