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Die Poison Diaries

Die Poison Diaries

Titel: Die Poison Diaries Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maryrose Wood
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tun?
    Mir von nun an gehorchen, mein Herz. Gehorche mir ohne Widerspruch. Ich werde dir sagen, was du tun musst.
    Ohne Oleander hätte ich nicht überlebt. Er hat mich von einer Stadt in die nächste geführt. Wenn mir das Geld ausging, zeigte er mir Mittel und Wege, wie ich mir neues beschaffen konnte, um mir das Nötigste zu besorgen – Kleidung, Essen, Unterkunft, die Möglichkeit weiterzukommen.
    Oleander lehrte mich, dass es immer jemanden gibt, dem das Wissen um die Verwendung von Gift von Nutzen ist. Der eine will einen Rivalen loswerden, die andere einen brutalen Gatten, oder aber es gilt, das langsame Dahinsiechen einer Tante oder eines Onkels zu beenden, um an eine Erbschaft zu kommen. Die Leute bezahlen gut für mein Wissen – und für Diskretion.
    Ich hatte keine Ahnung, wie leicht es ist, Geld zu verdienen. Aber wenn man keine Hoffnung und keine Skrupel mehr hat, wird vieles möglich.
    Ja, wenn man sich erst einmal jegliches Mitgefühl aus dem Herzen gerissen hat – als ob das Mitgefühl bloß ein Unkraut wäre, ein stacheliges, unerwünschtes Gewächs, das man an der Wurzel packen und auf den Müll werfen könnte! –, ist man ganz unerwartet in der Lage, unerhörte und fürchterliche Dinge zu tun.
    Und es ist eine Tatsache, dass Gerechtigkeit in dieser Welt schwer zu erlangen ist. Es gibt Tage, an denen ich mich immer noch wie eine Heilerin fühle, wenn ich vollstrecke, wozu das Gesetz nicht fähig ist. Daher bin ich wohl nicht unglücklich, nein. Nachdem ich viel von England gesehen hatte, kam ich schließlich nach London. Hier habe ich viele Menschen kennengelernt, die mich ihrerseits mit den vielfältigsten Vergnügungen vertraut machten.
    Zum Beispiel mit dem Laudanum. Die Formel ist ganz einfach. Es wird aus Opium hergestellt, das wiederum aus den Samenkapseln der Mohnblume stammt, und nur mit Alkohol vermischt werden muss. Anfangs zögerte ich, davon zu kosten, aber Oleander befahl es mir, und es dauerte nicht lange, da verstand ich warum. Es verursacht das herrlichste Gefühl im Kopf, das man sich vorstellen kann. Es schärft die Sinne wie ein Pfeil, bis die Welt und ihre Wunder so lebendig sind, dass man sie nicht mit Worten beschreiben kann.
    Laudanum verwandelt den reinen, sauberen Duft der Nacht in ein berauschendes Parfüm. Es verdeutlicht die unfassbare Nähe des Himmels. Wenn ich Laudanum nehme, dann ist mir manchmal, als müsste ich mich nur ein bisschen weiter strecken, um mit den Fingerspitzen die Sterne berühren zu können. Gleichzeitig scheint das Mittel andere Sinne völlig zu lähmen. Zum Beispiel das Erinnerungsvermögen. Schuldgefühle, den Sinn für Ehre und Anstand – all das ist wie ausgelöscht.
    Ich bin froh darüber, denn ohne Erinnerung, Schuld oder Ehre zu sein, ist in meinem Geschäft nur von Vorteil. Ich nehme Laudanum, um schlafen zu können, wenn der Schlaf nicht kommen will und wenn das Wachbleiben zu … kompliziert wird.
    Meistens jedoch nehme ich es, wenn jene geisterhafte Stimme in mir ertönt, die ich einfach nicht loswerden kann. Sie behauptet, eine Sendbotin aus den Ruinen der Vergangenheit zu sein. Sie ruft mich bei diesem vertrauten Namen:
    Jessamine!
    Sie spricht sogar dieses Wort aus, dieses eine Wort, das ich nicht einmal mehr denken darf: Liebe …
    Das ist ja alles sehr interessant, mein Herz. Aber mal ehrlich: Was für einen Sinn hat es, vergangenen Dingen nachzutrauern? Es ist die Zukunft, die zählt. Unsere Zukunft.
    Sein Name ist Weed! Jetzt erinnere ich mich wieder. Oh, wie sehr ich ihn liebte! Du hast mir versprochen, mich zu ihm zu bringen, Oleander. Wirst du dein Versprechen halten?
    Aber gewiss, Liebchen. Schon sehr bald sogar. Obwohl ich nicht weiß, welchen Empfang er dir bereiten wird. Soweit ich mich erinnere, ist er ein bisschen pingelig, und du hast dich verändert. Du bist nicht mehr das einfache Mädchen vom Lande, das er früher einmal kannte.
    Du hast vermutlich recht … Daran habe ich nicht gedacht.
    Vielleicht fühlt er sich sogar abgestoßen von dir. Du bist eine Mörderin. Deine Sinne sind vom Opium benebelt. Und du kannst kaum behaupten, ihm treu gewesen zu sein. Das hast du dem verschwitzten Pferdehändler zu verdanken.
    Er wird in mir ein Ungeheuer sehen und mich von sich stoßen – bring mich nicht zu ihm, Oleander, ich flehe dich an! Er soll nicht sehen, was aus mir geworden ist …
    Du dummes Mädchen. Natürlich werde ich dich zu ihm bringen. Es ist immer nett, einen alten Freund wiederzusehen, und ein

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