Die Poison Diaries
Versprechen ist ein Versprechen. Aber erst einmal haben wir Arbeit vor uns. Ich möchte dich einigen Bekannten von mir vorstellen. Es sind ehrgeizige Männer, die ein großes Ziel vor Augen haben, Männer, die deinen wahren Wert zu schätzen wissen. Nicht wie dieser scheinheilige … wie heißt er doch gleich?
Er hat recht.
Oleander hat immer recht. Das weiß ich jetzt.
Merkwürdig, dass ich das nicht früher begriffen habe.
Kapitel 13
1 . November
Jeden Tag lerne ich neue wunderbare Dinge von diesem weisen Garten in Padua – und von meiner tapferen und großherzigen Lehrerin, der Signora.
Ich wage nicht, all das hier aufzuzeichnen, für den Fall, dass dieses Buch in falsche Hände gerät. Aber es gibt einige Dinge, die kann ich nicht in meinem Herzen verschließen. So wie der Orto botanico ein engelsgleiches Gegengewicht zu dem Giftgarten in Hulne Abbey darstellt, wird mein eigenes Tagebuch vielleicht etwas von dem Bösen wiedergutmachen, das in Thomas Luxtons Tagebuch geschrieben steht, auch wenn es jetzt hinter verschlossenen Türen in Sicherheit liegt.
Der Herbst in Padua ist mild – kühle, sonnige Tage wechseln sich mit Tagen voller weichem Regen ab – aber die Menschen sind unruhig. Überall, wo ich auch gehe und stehe, flüstert man von Revolution.
Kein Tag vergeht, an dem ich nicht an den Prediger denke. »Das Ende ist nah«, blökte er, als er von meiner Hand starb.
Es ist zu spät; ich kann nicht ungeschehen machen, was ich getan habe, und diese Last kann mir niemand nehmen. Aber ich würde mein Leben dafür geben, um die Worte des Predigers Lügen zu strafen.
S ignora Baglioni beginnt jede Lektion mit denselben Worten: »Was will Oleander?«
»Macht.«
»Wie erlangt er Macht?«
»Durch Jessamine.«
»Und was ist seine Waffe?«
»Gift.«
»Genau. Mit Gift wird er Jessamine in sein Netz aus Bosheit locken. Und daher musst du lernen, wie man gegen Gift kämpft. Du wirst so viele Heilmethoden lernen, wie in deinen Kopf passen. Das Wissen, das dir die Pflanzen vermitteln, ist unschätzbar, Weed, aber du kannst dich nicht allein auf sie verlassen.« Sie häuft Bücher auf den Tisch, Diagramme, Messlöffel und Dosen mit getrockneten Blättern und gemahlenem Wurzelpulver.
Ich tue alles, was sie will, aber es scheint mir ungenügend zu sein. Wer weiß, wann oder wo Oleander zuschlagen wird? Signora Baglioni behauptet, dies spiele keine Rolle: Wir müssen etwas tun, und je länger Oleander wartet, je später er sich offenbart, desto mehr Zeit haben wir, uns zu wappnen, um ihm entgegentreten zu können.
Und so lerne ich und lerne: alles über Gift und Gegengift und die alten Sagen aus der Sammlung, von denen die Signora meint, dass sie uns helfen, Oleanders Stärken und Schwächen kennenzulernen. Wir lesen unzählige Geschichten über die Unterwelt und über die Dämonen, die in den Tiefen der Erde hausen. Eine davon verfolgt mich bis in meine Träume: Es ist die Geschichte von Hades, dem König der Toten, der ein Menschenmädchen raubt und es zu seiner Braut macht. Ihr Name ist Persephone, und die ganze Natur beweint ihren Verlust, denn ihre Mutter ist die Göttin der Fruchtbarkeit und des Getreides. Solange Hades Persephone in der Unterwelt behält, hört alles auf zu wachsen. Der Frühling will nicht kommen.
Trauert die Natur im Winter um das verlorene Leben? Wenn es so ist, dann wird es nichts im Vergleich zu meinem Kummer sein, wenn Jessamine etwas zustößt.
Wenn mein Unterricht beendet ist, dann bin ich an der Reihe: Ich bringe der Signora alles bei, was ich weiß, alles über die Pflanzen: Ich erzähle ihr, wie sie über den Tod denken, von der Eitelkeit der Blumen und dem Stolz der Heilpflanzen auf ihre Wirkkraft. Ich sage ihr, dass die Topfpflanzen auf ihrem Fenstersims aufgeregt schnattern, wenn sie den Raum betritt. Ich erzähle ihr auch, dass die Bäume manchmal in verworrenen Rätseln sprechen und mit Vorliebe uralte Sagen und Legenden zum Besten geben. Sie schreibt alles auf, mit zitternder Hand.
»Was für ein Schatz!«, sagt sie. »Was für eine Bereicherung für die Sammlung!« Sie setzt den Stopfen auf das Tintenfass und legt vorsichtig Löschpapier auf das Geschriebene. »Ich wünschte, mein Vater und mein Großvater wären noch am Leben, um all das zu hören.«
»Warum zittert Ihre Hand?«
Sie schaut zur Seite und streckt die Finger aus. »Es ist eine Sache, ein Leben lang zu glauben, dass Pflanzen Seelen haben. Neben jemandem zu sitzen, der einem die Worte der
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