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Die Ponyapotheke

Die Ponyapotheke

Titel: Die Ponyapotheke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa-Marie Blum
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kleine Pferd, weinte und weinte, bis ich endlich einschlief.
    Ein Geräusch machte mich plötzlich hellwach. Hatte ich wirklich geschlafen? Die Tür! Ich versuchte mich aufzurichten, mein Kopf war wie Blei. Dann sah ich es deutlich. Das schwarze Pony schob seinen Kopf durch den Türspalt und sagte: »Danke!« Ganz laut und deutlich: »Danke!«
    Und dann war alles vorbei. Die Tür stand gar nicht offen, sie war fest geschlossen. Und ich schlief fast sofort wieder ein.
     
    Am Morgen hörte ich Stimmen, dunkle und helle Stimmen, und irgend etwas war mit meinem Kopf. Ich konnte die Augen nicht öffnen. Was sollten die Kugeln hinter meiner Stirn? Sie rollten bei jeder Bewegung, wie Steine.
    »Das kann sich nur ein Mädchen ausdenken. So etwas Dummes, ein Pony erkältet sich doch nicht.«
    Tom? Seine tiefe Stimme? Was tuschelte Rudi? Ich verstand nichts. Der Vater? Was sagte er? Ich versuchte die Augenlider zu heben. Vergeblich, sie waren wie zugeklebt. Ich lag und wartete und wünschte, das Pony würde wieder hereinsehen und danke sagen. Aber sosehr ich mich danach sehnte, es kam nicht wieder durch die Tür.
    Nur das Laute, Schmerzhafte verstärkte sich. Türen schlugen und Schritte hämmerten und Stimmen. Immer wieder Stimmen! Manchmal Geflüster: »Ruhe, sie schläft.«
    Nein, ich schlief nicht. Merkte denn niemand, daß ich wach war? Einmal legte sich eine Hand auf meinen Kopf, strich über meine Stirn. Vati? Jemand stützte mich, ich mußte Bitteres schlucken: »Nur diesen kleinen Löffel, Petra, damit die Schmerzen nachlassen.«
    Ich schluckte und alles ging unter in einem brausenden, rauschenden Strom, wie Regen.
    Spritzen, Tabletten, Spritzen. Der Inseldoktor erklärte: »Nach diesen Spritzen kann sie aufstehen und wenigstens reisen.«
    Und ich konnte aufstehen. Durfte auf der Bank vor dem Haus sitzen, warm eingehüllt, trotz des Sonnenscheins. Es war wieder heiß geworden. Ich merkte nicht viel davon, war froh, daß ich den dicken Pulli trug. Die Kugeln und Steine im Kopf waren verschwunden. Aber nun war ich müde wie nie.
    Am letzten Tag brachte mir Frau Mooge einen Strauß Wiesenblumen, Glockenblumen und Gräser. »Den kannst du wohl tragen, Petra, ich wickle ihn dir in nasses Zeitungspapier, dann bleibt er frisch.«
    Ich bedankte mich und wollte am liebsten schlafen. Dabei war ich ja gerade aufgestanden. Es war Morgen. Wir reisten ab.
    Kein lustiges Gerumpel mit Mooges Handwagen zum kleinen Inselbahnhof. Kein Abschiednehmen von jedem Strauch und Stein.
    »Das Pony, Vati!« Mein Vater legte den Arm um mich: »Es grast heute nicht am Dünen weg, ich habe nachgesehen.«
    Tom und Rudi kamen von der Düne zurück. Sie hatten dem Meer zugewinkt, ohne mich. Mutti band mir noch ein Kopftuch um. Eine Taxe fuhr vor. Wir stiegen ein.
     
    Ich weiß nicht, warum ich wieder krank wurde. Ich hatte mich nach den Spritzen eigentlich ganz wohl gefühlt. Aber kaum war ich zu Hause, fing die Schaukelei in meinem Kopf wieder an, und ich konnte überhaupt nicht mehr denken. Auch das dunkle Pony kam nie wieder zur Tür herein, nie, in keinem Traum, sosehr ich mich danach sehnte. Statt dessen gab es nur wirres Zeug in meinem Kopf, von dem ich heute nichts mehr weiß.
    Als ich endlich aufstehen durfte, lachten Rudi und Tom. Ich sah auch wahrhaftig zum Lachen aus. >Das soll ich sein?< dachte ich entsetzt, als ich in den Spiegel sah. Lang und dünn, alle Kleider zu kurz, viel zu kurz. »Minikleider«, meinte Rudi abschätzend, »na ja, hochmodern, aber der Bauchnabel muß mindestens bedeckt sein, soviel ich weiß.«
    Ich wollte am liebsten keine Kleider tragen. In den Spiegel mochte ich gar nicht sehen und hätte beinah geheult, als Mutti von Kleidern anfing.
    »Na, na«, meinte Tom väterlich, »Petersilie, was soll das, zwölf Jahre und schon so groß wie ich? Rudi, hol mal den Stein.«
    »Welchen Stein?« fragte ich erschrocken.
    »Na, vom Strand. In weiser Voraussicht habe ich ihn mitgenommen. Den legen wir dir auf den Kopf.«
    Ich starrte ihn an.
    »Mach nicht solche Kaninchenaugen, Petersilie! Denk mal ein bißchen nach: Damit du nicht mehr wächst! Der Stein ist schwer genug.« Er lachte. Mir war nicht zum Lachen zumute.
    Rudi gab mir seine Blue Jeans und den roten Pulli. Die Blue jeans paßten gut. Nur der Pulli war viel zu lang, die Ärmel rutschten mir weit über die Hände, und die Kanten waren ausgefranst.
    »Kannst sie umkrempeln«, meinte er großzügig und half mir dabei.
    In dem Pulli fühlte ich mich wohl, obwohl er

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