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Die Ponyapotheke

Die Ponyapotheke

Titel: Die Ponyapotheke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa-Marie Blum
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das Buch nachts unter das Kopfkissen legt, sollen die Vokabeln in den Kopf spazieren, behauptet Rudi. Probiert habe ich es noch nicht. Möglich, daß es stimmt. Und wenn ich das Buch in der Umhängetasche mit mir herumtrage, spazieren sie vielleicht durch den Körper in den Kopf? Versuchen konnte ich es ja mal.
    Die Methode war sinnlos. Es nützte gar nichts. Weder mein Wünschen noch die Hand auf der Tasche. Keine Vokabel wanderte in mein Gehirn hinein. Und langsames Gehen macht mich nervös. Spazierengehen, das kann sich nur Mutti ausdenken. Ich kam zum Spielplatz, sah eine freie Schaukel, stürzte mich förmlich darauf. Sofort brüllte ein kleiner Junge: »Ich war zuerst dran, ich, iiich!« Er rannte über den Kies. Eine dicke Frau hob schimpfend die Arme.
    »Nein, so was, du großes Mädchen, schämst du dich nicht?«
    »Nein, überhaupt nicht«, rief ich frech und versuchte mich abzustoßen. Vergeblich! Der kleine Junge bumste mit aller Kraft gegen meine Knie und heulte wie besessen: »Weg da, du Große!« Ich stand auf, setzte ihn auf die Schaukel und verließ schnell den Spielplatz. Rechts der schmale Seitenweg führte sicher zum Hauptweg. Ich fing an zu laufen.
    Aber die Bäume lichteten sich. Der Park war zu Ende. Und die Gegend hier kannte ich nicht. Auch die Straße, in die ich hineinging, war mir fremd. Verwundert sah ich mich um. Noch nie hatte ich von einer Sabinenstraße am Stadtpark gehört. Ein riesiger Lastwagen versperrte den Fahrdamm. Nein, zurück durch den Park wollte ich nicht. Ein halbhoher Bauzaun verdeckte Häuser, die merkwürdig leer und unbewohnt aussahen. Quietschend schwenkte ein Kran seinen Arm über mich hinweg. Erschrocken lief ich auf die andere Straßenseite hinüber. Hinter mir stürzten polternd Steine und Schutt in den Laster. Ich ging dicht an den Häusern entlang. Mietshäuser, alt und verwohnt, verschnörkelte Balkongitter, hohe Fenster. Das Schild einer Wäscherei, ein Blumengeschäft. Im dämmerigen Schaufenster zwei braune Krüge mit gelben Astern. Daneben ein Handarbeitsgeschäft. Zwischen kitschigen Kissen und bunter Wolle eine altmodische Puppe auf einem kleinen Stuhl.
    »Du, ich spiele gar nicht mit Puppen«, murmelte ich dicht vor der Scheibe, »hat man dich wohl aus dem Museum geholt?«
    Die Puppe lächelte steif mit dunklen Glasaugen. War die Straße verzaubert? Kein Mensch war zu sehen. Aber der Kran quietschte und ratterte laut genug. Wo führte die Straße hin? Gab es hier keinen Querweg? Ich mußte doch wieder nach Hause. Als ich mich suchend umsah, entdeckte ich ein paar Häuser weiter das weiße Schild mit dem roten A. Apotheke!
    >Die Tropfen, ich kann sie ebensogut hier holen<, dachte ich. Kramte nach meinem Rezept, fand es ganz unten in meiner Tasche. Nach ein paar Schritten stand ich vor einem uralten Haus. Drei Stufen führten zum Eingang hinauf. An der dunklen Tür glänzte ein altmodischer Messingknauf. Und über der Tür stand in blanken Buchstaben: »Apotheke zum Pony!«
    »Zum Pony?« Ich starrte die Buchstaben an. Jetzt erkannte ich auch das Steinrelief über dem Eingang. Verwittert und abgebröckelt ein Pony in Stein gehauen. Ein Vorderbein fehlte. Aber der Kopf mit der buschigen Mähne war gut erhalten.
    Entschlossen drückte ich auf den Messingknauf. Die Tür öffnete sich wie von selber, und über meinem Kopf läutete ein Glockenspiel. Als sie hinter mir zufiel, klingelte es wieder.

    Dann Stille. Nichts rührte sich in dem dämmerigen Raum mit den hohen rostbraunen Schränken. Kein Apotheker erschien und fragte nach meinen Wünschen. Bemalte weiße Krüge mit lateinischen Aufschriften glänzten aus dunklen Nischen. Es roch nach Kräutern. Im Hintergrund leuchteten farbige Glasscheiben in einer geschnitzten Tür. Ich wartete. Niemand kam. Vielleicht war dies gar keine Apotheke? Vielleicht ein Museum und ich mußte Eintritt bezahlen?
    »Guten Tag«, sagte ich laut.
    Nichts! Ich drehte mich um, wollte die Eingangstür wieder öffnen. Das Klingeln mußte doch zu hören sein. Ich hatte die Tür kaum erreicht, als eine Stimme hinter mir rief: »Nicht von der Kommission.«
    Ich fuhr hastig herum. Kein Mensch war zu sehen. Nur die Glastür stand offen und bewegte sich noch. Und Schritte, Türenschlagen irgendwo im Haus. Wieder dieselbe Stimme: »Nicht von der Kommission!«
    »Verrückt«, dachte ich und wollte endgültig gehen. In diesem Augenblick erschien ein Junge in der offenen Tür, rundlich, ein breites helles Gesicht und über der Stirn... das

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