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Die Ponyapotheke

Die Ponyapotheke

Titel: Die Ponyapotheke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa-Marie Blum
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spielten noch »Halma«. Ich verlor und verlor. »Dickkopf Petersilienstengel«, neckte mich Rudi. Sonst lasse ich mir das nicht gefallen. Ich schwieg. Mochte er sich wundern. Mir war es gleich. Ich fühlte noch das Ponyfell unter meiner Hand, sah die Augen unter der buschigen, dichten Mähne und dachte daran, wie still es stand, sich nicht rührte, sich alles gefallen ließ.
    Das Gewitter verzog sich, nur der Regen nicht. Es rauschte und rauschte. Wie ein Wasserfall kam es vom Himmel herunter.
    »Ins Bett«, sagte meine Mutter. Sie sah nicht mehr so blaß aus und fühlte sich wohl besser. Jetzt war alles vorbei. Auch mein Vater stand auf. Am nächsten Morgen sollten wir uns anstrengen und nicht wieder einschlafen, nach dem Wecken. Wir wollten alle zusammen frühzeitig zum Strand.
    »Wenn wir überhaupt gehen können, bei dem Regen«, murmelte ich mürrisch und wünschte meinem Vater kaum gute Nacht. Aber mein Vater schien nichts zu merken.
    Ich ging in meine Kammer, zog mich aus, kroch unter die Decke und nahm mein Buch vom Regal. Aber ich mochte nicht lesen. Als Mutti hereinkam, hielt ich es noch in der Hand. Stellte es aber gleich wieder fort, als sie hinausgegangen war. Ich war viel zu aufgeregt, horchte, wie der Wind sauste. Nein, ich glaubte Frau Mooge nicht. Ich glaubte niemandem. Ein
    Pony friert nicht im Regen? Natürlich friert es. Ich schlug die Decke zurück, stand auf und sah aus dem Fenster.
    Es war ganz dunkel draußen, und es regnete immer noch. Ich hörte die Tropfen auf das Fenstersims schlagen. Sonst konnte ich nichts erkennen. Ich hatte keine Angst. Ich wußte, vor dem Haus lag die Wiese, dann kam der schmale Streifen Gebüsch vor der Mauer aus Feldsteinen. Ich brauchte nur hinüberzuklettern und die Landstraße entlangzulaufen. Natürlich barfuß. Bei dem Regen war das praktischer. Nur im Nachthemd nicht. Ich zog mich an, nahm den Regenumhang vom Haken, rollte ihn fest zusammen. Er sollte das Pony schützen. Für mich war es nicht wichtig, ob ich naß wurde oder nicht, mir genügte der Anorak. Während ich mich anzog, überlegte ich, wie ich laufen wollte. Neben der Landstraße gab es schmale Gräben. Man mußte aufpassen, es war nicht schön, da hineinzufallen. Ich knipste die Leselampe aus. Jetzt konnte ich draußen alles viel klarer erkennen. Das Licht hatte meine Augen für die Nacht draußen blind gemacht. Ganz einfach, Fenster auf und hinaus. Ich fror plötzlich, als ich auf dem Fensterbrett saß. Dabei war es gestern doch glutheiß gewesen. Trotzdem, ich mußte mich beeilen. Vom Herumsitzen wurde das Pony nicht trocken. Ich sprang vom Fensterbrett, fiel in das nasse Gras, stand auf und lief bis an die bewachsene Mauer. Als ich hinaufkroch, wurden meine Knie aufgeschrammt, die Haut brannte. Aber nun stand ich auf der Landstraße. Nein, es war nicht dunkel draußen. Ich erkannte den Weg, und als ich den Kopf hob, eine leichte Helligkeit am Horizont. Das Meer!
    Der Regen floß unaufhaltsam breit und schwer herunter. Ich wurde sofort durch und durch naß und fing an zu laufen.
    Das Pony stand auf der Wiese, ein Schatten mit gesenktem Kopf. Der Regen floß ihm über die Stirnhaare und den Rücken. Ich schauerte zusammen, als ich ihm den Umhang überlegte. Einen Augenblick dachte ich: >Es ist alles Unsinn.< Dann tröstete ich mich: >Sein Fell wird nun trocken.< Und ich flüsterte ihm zu: »Hauptsache, dir ist nicht so kalt.«
    Das Pony rührte sich nicht. Schlief es? Ich wagte nicht länger bei ihm zu bleiben, drehte mich um und rannte zurück.
    Jetzt bekam ich Angst. Angst vor dem patschenden Geräusch meiner nackten Füße in den Pfützen, Angst vor den schwarzen dumpfen Schatten der Strohdachhäuser und Angst vor dem eintönigen Geräusch des unablässig fallenden Regens. Ich war froh, als ich die Steinmauer wieder erkannte, die Hauswand, die merkwürdig hell leuchtete, und eilig kroch ich durch das offene Fenster in meine Kammer hinein.
    Zitternd vor Nässe zog ich mich aus, und zitternd legte ich mich ins Bett. Das Laken war kühl und fühlte sich feucht an. Meine Beine waren bis obenhin naß. Ich konnte und konnte nicht warm werden.
    Schließlich stand ich noch einmal auf und zog die Wolldecke unter dem Laken hervor. Als ich auf der Wolle lag, wurde es etwas besser. Nur das Zittern hörte nicht auf. Ich mußte mich ganz fest einhüllen, um warm zu werden. Es wollte und wollte mir nicht gelingen, sosehr ich mich einmummelte. Ich fror und weinte leise vor mich hin. Weinte über mich und das

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