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Die Ponyapotheke

Die Ponyapotheke

Titel: Die Ponyapotheke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa-Marie Blum
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Märchen sein. Hört zu, was Erich geschrieben hat.«
    Und sie las mit Begeisterung. Es war bewundernswert. Erich kannte sein Fahrrad wie seine Tasche. Jede Schraube hatte er exakt beschrieben. Fräulein Richardsons Bäckchen glühten. Sie sieht sehr hübsch aus, wenn sie zufrieden ist.
    Mit mir ist sie selten zufrieden. Leider! Falsch war es, die Ponygeschichte aufzuschreiben, grundfalsch. Ich hätte von dem Tag erzählen sollen, als die Flut hoch auflief und der Sturm die Strandkörbe fortriß. Am besten ist es, ich füttere Löwenbabys und fege Affenkäfige im Zoo, überlegte ich mir. Ich tauge nicht für die Schule.
    In der Pause, als ich Fredegunde von meinen Zukunftsplänen erzählte, schüttelte sie heftig den Kopf. Wir standen am Schulgartenzaun. Man kann sich dort so schön anlehnen, und ich erklärte ihr zum drittenmal, wie weich und mollig so ein Löwenbaby sei.
    »Und wenn sie dich fressen?«
    »Mich? Kleine Löwen? Mach dich nicht lächerlich!«
    »Erst Ponys, dann Löwen, was du für Einfälle hast. Das mit dem Dankesagen war ja auch ein bißchen komisch.«
    »Du hast einen Vogel«, hörte ich eine Stimme neben mir.
    Fridolin! Wie ein Geist. Er war doch mit Fräulein Richardson gerade zum Direktor gegangen. Nun stand er auf einmal hier?
    »Aber es war doch komisch«, kicherte Fredegunde.
    »Ich meine, Petra«, sagte er, »daß sie nicht für die Schule taugt, ist Unsinn.«
    »Oh, ihr kennt euch?« quiekte Fredegunde.
    »Seit dem Sommer.« Fridolin lächelte.
    »Und du hast mir gar nicht erzählt, daß du einen Freund hast!« rief Fredegunde.
    Nun reichte es mir.
    »Er ist nicht mein Freund«, fuhr ich sie an. »Außerdem«, wandte ich mich an Fridolin, »ich habe keinen Vogel, merke dir das.«
    »Nein, nein, ich wollte dich nicht kränken.« Er sah so zerknirscht und bekümmert aus, daß ich am liebsten gelacht hätte. Etwas in seinem Gesicht reizte mich. >Wie ein Kasper mit seinem Mondgesicht<, dachte ich.
    Aber ich beherrschte mich.
    Jetzt sprach er wieder vernünftig. »Nicht für die Schule taugen, lächerlich. Einem Pony einen Regenumhang umhängen, das wird so leicht niemand einfallen.«
    Fredegunde kicherte.
    Ich wurde unsicher. Wollte er mich aufziehen? Er sah mich freundlich an. Trotzdem.
    »Ich brauche keinen Fürsprecher«, sagte ich gereizt.
    »Nein, nein, bestimmt nicht.« War das ironisch gemeint? Ich wollte fortgehen, der blöde Hugo grinste schon die ganze Zeit herüber. »Warte mal«, er hielt mich einfach zurück, ich mußte stehenbleiben. »Habt ihr eigentlich eine Schülerzeitung?«
    »Die oberen Klassen«, plapperte Fredegunde, »manchmal dürfen wir auch etwas schreiben.«
    »Hm.« Er nickte. Was sollte das? Dachte er, ich wünschte, er möchte den großen Jungen und Mädchen von der Schriftleitung meinen Aufsatz anbieten? Da hatte er sich verrechnet. Das Heft wird zerrissen, wenn ich zu Hause bin. Sofort! Ob er meinen Aufsatz gut fand oder nicht. Unsere Lehrerin ließ sich nicht umstimmen.
    Und zum Löwenbabys-Füttern und zum Affenkäfige-Fegen brauchte man keine Aufsätze.
    »Etwas Ähnliches habe ich auch mal erlebt«, hörte ich seine Stimme.
    Was? Wovon sprach er?
    »Wie deine Ponygeschichte, natürlich ganz anders.«
    Fredegunde! Wie sie ihn ansah, den Mund offen, die Augen kreisrund, die dünnen Haare unordentlich hinter die Ohren gestrichen. Ihr spitzes kleines Gesicht glühte. Ich weiß nicht, warum ich sie und nicht den Jungen ansah.
    Der erzählte schon weiter.
    »In einer Sommernacht, nicht so stürmisch, wie du sie beschrieben hast. Ich konnte nicht schlafen. Ein Pony war aber nicht der Grund. Meine Mutter...«, er schwieg, räusperte sich. »Jedenfalls lief ich im Schlafanzug an den See hinunter. Das Haus, in dem wir wohnten, lag an einem großen See. Es war eine kitschige Sommernacht mit Vollmond und so, wie auf einer Postkarte. Und da unterhielt ich mich mit einer alten Weide am Ufer. Es geht sehr gut«, fuhr er fort, ohne sich um die Quiekser zu kümmern, die Fredegunde von sich gab. »Wenn man sich an einen Baum lehnt und die Rinde fühlt, bekommt man schon Antwort.«
    Fredegunde stieß mich an. Die Klingel schrillte. Die Pause war zu Ende. Ich zögerte. Mußte ich nicht etwas sagen? So einen Jungen hatte ich noch nie erlebt. Da hatte er sich schon abgewandt und ging schnell, ohne mich zu beachten, zum Eingang.
    Später, nach Schulschluß, als ich mit Fredegunde die Treppe herunterkam, wartete Fridolin am Eingang. Ich wollte vorbei. Da kam er uns nach. »Wir

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