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Die Ponyapotheke

Die Ponyapotheke

Titel: Die Ponyapotheke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa-Marie Blum
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war doch nicht möglich...? Der Lockenbusch, das Gesicht! Den kannte ich doch?
    »Hallo!« Er grinste, kniff die Augen zusammen. Hatte er mich erkannt? »Augenblick mal!« Weg war er. Die Tür blieb offen.
    Ich starrte ihm nach. War das nicht der Junge von der Insel mit dem Minigolf gewesen?
    Mein Herz hämmerte. Jetzt tauchte eine kleine Gestalt im weißen Kittel im Hintergrund auf, kam näher. Der Apotheker, ein dünnes grauhaariges Männchen. Er zog die Glasscheibentür hinter sich zu und fragte freundlich:
    »Wartest du schon lange?«
    Die Brillenaugen in dem faltigen Gesicht glänzten wie Eulenaugen.
    Stumm schüttelte ich den Kopf, schob mein Rezept über den
    Ladentisch. Er prüfte, nickte, öffnete ein verschlossenes Fach und nahm eine kleine Flasche heraus.
    »Zwei Mark achtzig und dreimal täglich.«
    Ich nickte und legte mein Geld auf den Zahlteller.
    Im Hause schellte jetzt laut ein Telefon.
    »Ich geh schon«, rief wieder die Jungenstimme. Der alte Apotheker murmelte vor sich hin, nahm hastig das Geld. Die Kasse klingelte.
    »Guten Tag«, murmelte ich und ging schnell hinaus. Ich war ganz benommen. Die Straße, die merkwürdige Apotheke und der Junge. War das wirklich der Junge?
    Vielleicht hatte ich nur geträumt? Aber die kleine Flasche fühlte ich fest in meiner Hand. Ich begann zu laufen. In entgegengesetzter Richtung. Die Querstraße führte auf den Marienplatz. Nun kannte ich alles, Körnerstraße, Annenstraße.
    »Aus mit dem Träumen«, sagte ich zu mir selbst, »Petersilie, du mußt lernen, beeile dich.« Und ich rannte, so schnell ich konnte, und rannte beinah einen großen dicken Mann um, der im gleichen Augenblick um die Ecke bog.
    »Holla!« Schnaufend hielt er mich fest und erzählte mir lang und breit, warum ich auf der Straße nicht schlafen dürfe.
    »Ja, ja«, ungeduldig riß ich mich los.
     
    Zu Hause wartete Fredegunde auf mich. Ausgerechnet jetzt. Sie saß in meinem Zimmer und besah sich die Ponywand.
    »Fünfunddreißig Ponys, ich habe sie gezählt - und einfach an die Wand geklebt? Womit denn?«
    »Mit Gummilösung.«
    »Und das darfst du?«
    »Das siehst du doch.« Ich zog meinen Mantel aus.
    »Überhaupt Pferde, wenn es noch Kätzchen wären. Du, ich habe mir eine Platte von den Beatles gekauft. Kennst du die neueste Platte?«
    »Natürlich!«
    Sie starrte mich an. »Wieso? Kaufst du dir auch Beatle-Platten?«
    »Ich nicht, aber Tom.«
    »Ach so«, es schien sie zu beruhigen. »Ist er da?«
    »Nein.« Ich nahm eine Keksbüchse aus dem Regal und hielt sie ihr hin: »Nimm, soviel du magst.«
    »Das sag bloß nicht«, sie kicherte, »paß auf, ich esse dir noch die Büchse leer«, sie knabberte schon, »komisch, nicht? Ich werde trotzdem nicht dicker.«
    Ich nickte.
    »Besuchst du mich nur so?« fragte ich und nahm mein Englischbuch aus der Tasche. »Übermorgen komme ich wieder in die Schule.«
    »Ach so, deshalb bin ich ja hier.« Sie sprach mit vollem Mund, schluckte und sagte dann: »Fräulein Richardson meint, du könntest den Aufsatz noch schreiben: >Ein Ferienerlebnis<. Irgend etwas hast du doch erlebt?«
    »Ja, es geht.«
    »Kannst dir ja etwas ausdenken«, sie kicherte schon wieder, »ich nehm’ mir noch einen mit Schokolade, du, die schmecken großartig. Du denkst dir ja immer etwas aus. Sind die aus der Bäckerei Kost?«
    »Diesmal nicht.«
    »Schade.«
    »Ich meine, diesmal brauche ich mir nichts auszudenken.«
    »Ach so, ich auch nicht, wir waren ja in Spanien, ich habe«, sie nahm noch einen Keks, »ich habe da einen Jungen, so einen schwarzhaarigen, als Freund gehabt, ich meine zum Rudern, und...«
    »Erzähl mir das übermorgen in der Pause, ich muß noch lernen und Tropfen muß ich auch nehmen und mich ausruhen«, schwindelte ich.
    »Stimmt, du warst sehr krank«, sie stand auf, »also dann gehe ich. Nein, zu komisch die Pferde.«
    Ich brachte sie noch zur Tür.
    »Freust du dich auf die Schule?«
    »Sehr«, schwindelte ich wieder.
    »Fräulein Richardson hat die Sitzordnung geändert. Aber wir beide bleiben zusammen. Ich habe dafür gesorgt.« Sie sah mich strahlend an.
    »Nett von dir, vielen Dank«, bemerkte ich höflich.
    Dann ging sie endlich.
    Und ich schrieb von dem letzten Tag auf der Insel. Schrieb, wie ich das Pony sah. Ich schrieb und schrieb, und es war mir, als streckte das kleine schwarze Pferd seinen Kopf wieder durch den Türspalt und sagte: »Danke!« Ganz laut und deutlich.
     
    Fräulein Richardson sah mich einen Augenblick an, bevor sie begann,

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