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Die Ponyapotheke

Die Ponyapotheke

Titel: Die Ponyapotheke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa-Marie Blum
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wir leben ja nicht mehr im Mittelalter. Es gab doch keine Pestbeulen mehr.
    »Die Häuser sind morsch und verfault«, fuhr Vati fort. Wir standen immer noch auf dem Flur. »Petra, hast du schon gegessen? Natürlich nicht. Ich auch nicht. Komm, es gibt Bratwurst mit Apfelmus zum Mittagessen.«
    »Ich habe eine Vier«, verkündete ich düster.
    »So, na, das nächste Mal wird es besser. Weißt du, Petersilie, das beste ist, ich brauche nicht fort. Ich kann bei euch bleiben. Es dauert mindestens ein Jahr, vielleicht auch länger.«
    »Schön«, entgegnete ich, »aber Fräulein Richardson ist gar nicht mit mir zufrieden.«
    Mein Vater schob mich ins Wohnzimmer. War das die Antwort? Ein Tisch war nicht gedeckt. Statt dessen lagen Zeichnungen und Papiere auf der Platte.
    »Sieh einmal, hier«, mein Vater nahm ein Blatt in die Hand, »der ganze Stadtteil wird umgebaut. Alle alten Häuser verschwinden. Hier kommt ein Hochhaus hin. Hier ein Park, die alten Bäume sollen erhalten bleiben, wenn es möglich ist. Eine Untergrundbahnlinie führt quer unten durch.«
    Ich sah nur flüchtig auf die Zeichnung.
    »Ja, ja«, murmelte ich nur, »und jetzt habe ich Hunger.«
    Zum Glück erschienen jetzt Rudi und Tom. Sie interessierten sich viel mehr für Vatis Pläne. Er zeichnete ihnen auch gleich auf einem Stück Papier die Untergrundbahnstrecke auf.
    Ich stand dabei. Nett war es nicht von mir, mich nicht zu freuen, daß mein Vater nun ein ganzes Jahr zu Hause blieb. Hatte ich es mir nicht oft gewünscht? Mir vorgestellt, wie es sein würde, wenn ich jeden Abend mit ihm sprechen könnte. Und nun? Ich verstand mich selber nicht. Aber es war so. Daß er sich überhaupt nicht für meine Angelegenheiten interessierte, paßte mir auch nicht.
    Da war er in den Ferien ganz anders gewesen.
    Mein Vater schien meine Verstimmung nicht zu bemerken. Seine Augen leuchteten, er redete und lachte. Wir aßen heute in der Küche. Wo sollten wir auch sonst essen. Im Wohnzimmer? Unmöglich. Wie das aussah. Alle lachten und sprachen durcheinander. Niemand störte es, daß ich schwieg. Sie dachten sicher, Mädchen interessierte das nicht: Tunnelbau, alte Häuser und Hochhäuser mit Dachgärten. Das war falsch gedacht. Aber ich wollte nicht lachen und froh sein.
    Nach Tisch half ich Mutti beim Abwaschen. Auch jetzt erkundigte sie sich nicht nach meinem Aufsatz, fragte nicht nach der Schule. Sie sprach nur von der Untergrundbahn, als ob sie selber die Tunnel bauen wollte. Ich schwieg, nickte ab und zu. Erzählte nichts von Fridolin und ging gleich in mein Zimmer, als ich fertig war.
    »Guten Tag, Pony«, sagte ich zu meinem kleinen Postkartenpferd und kniete mich auf die Couch. »Guten Tag! Du bist das einzige Wesen, das mir zuhört. Wie findest du den Lockenfridolin? Du kennst ihn nicht? Macht nichts. Er ist rund und rosig, ein Mondgesicht mit Locken. Soll ich nicht versuchen, ihn mit Fredegunde zusammenzubringen? Komisch, daß ich versprochen habe, hinzugehen. Ein Junge! Ich habe an meinen Brüdern genug. Einen Freund wie Edith oder Karin, die ewig anrufen und Spazierengehen wollen, das hielte ich nicht aus. Nein, danke. Und dann diese Locken.«
    Das Pony sah mich nachdenklich an. »Das mußt du selber entscheiden«, hieß das.
    »Ja, ja«, ich rutschte von der Couch, machte meine Kniebeugen und nahm meine Büchertasche. Als ich sie auf die Schreibplatte legte, entdeckte ich die Karte von Ellen. Nur eine Postkarte nach wochenlangem Schweigen. Mutti hatte mir nichts davon erzählt.
    Sie schrieb:
     
Liebe Petra,
Du hast mir sehr gefehlt. Vor allem für die vielen Zeichnungen, die Du mir immer gemacht hast. Aber Alice, meine neue Freundin, kann es fast ebensogut. Du brauchst Dir also deshalb keine Gedanken zu machen. Floffentlich hast Du auch eine neue Freundin gefunden? Alles zu schreiben, ist sehr umständlich. Findest Du nicht auch? Vielen Dank für Deine vielen Karten. Ich hebe sie mir alle auf.
Und viele Grüße
    Deine
    Ellen
     
    So war das? Nur wegen der Zeichnungen? Das nannte sie Freundschaft? Ich war wie erschlagen. Alice ist doch nicht ich? Unter Freundschaft hatte ich mir etwas ganz anderes vorgestellt. Vielleicht hatte Rudi recht? Vielleicht gab es das nicht bei Mädchen?
    »Steht in den Büchern, Petersilie, in allen Abenteuerbüchern, nur Männer halten echte Freundschaft. Bist du ein Mann? Na, also, du Suppengrün.«
    Ich war wild wie eine Katze auf ihn losgesprungen, hatte gebissen und gekratzt. Tom mußte Rudi helfen, so wütend war ich

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