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Die Ponyapotheke

Die Ponyapotheke

Titel: Die Ponyapotheke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa-Marie Blum
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eine Verlängerung des Tunnels um fast 200 Meter... Ein Meter Tunnel zu bauen kostet...« Vati schrieb Zahlen und murmelte weiter vor sich hin.
    Zahlen wollte ich gar keine wissen.
    »Der alte Herr Konitz muß gefesselt aus dem Haus herausgetragen werden. Willst du das verantworten? Bei solchen Dingen erscheint bestimmt das Fernsehen. Ein schöner Anblick, ein gefesselter Apotheker.« Ich sprach absichtlich laut.
    Endlich sah Vati mich an.
    »Petra, hast du deine Tropfen schon genommen?«
    »Nein, wieso?« fragte ich unschuldig. »Kurz vor dem Schlafengehen, und ich will noch gar nicht schlafen. Ich muß mit dir reden, um altes Kulturgut zu erhalten. Außerdem muß das Pony in den Zoo. Weißt du, wie Ponys in den zoologischen Gärten aussehen?«
    »Zufrieden.«
    »Nein, traurig, traurig und müde. Ich habe es im Frühjahr erlebt, wie sie entlang trotten, wenn die Kinder auf ihnen reiten. Sehr traurig sehen sie aus. Die Kinder können nämlich gar nicht reiten.«
    »Du auch nicht.«
    »Nein, aber ich könnte es lernen, jetzt, jetzt hätte ich ein Pony gehabt, beinah ein Pony, und nun kommt dieser blöde Tunnel.« Meine Stimme kippte über. Vati fing an zu lachen.
    »Das ist nicht lächerlich«, sagte ich beleidigt.
    »Doch«, beharrte Vati, »es geht meiner Tochter gar nicht um das alte Haus, auch nicht um den Apotheker, es geht ihr nur um das kleine Pferd. Das möchte sie haben, am liebsten ganz für sich.« Er zog mich zu sich heran. »Glaubst du wirklich, das kann ich allein entscheiden?«
    »Wer denn sonst? Du wirst doch immer angerufen. Dich fragen sie, stundenlang telefonieren sie. Ich höre doch, was du antwortest. Du könntest, wenn du wolltest, Vati.«
    Mein Vater schwieg.
    »Wenn du wolltest. Außerdem ist es nicht allein das Pony, auch Fridolin!«
    »Wer?«
    »Fridolin ist mein Freund. Ich habe einen Freund. Schließlich werde ich von Tag zu Tag erwachsener.«
    »Das kann man wohl behaupten.«
    »Na, siehst du, und Fridolin muß wieder ins Internat. Gerade jetzt, wo seine Eltern zusammen singen können. An der Oper! Stimmt. Das hast du nicht bedacht. In dem alten Haus könnten sie üben und singen. Und Fridolin hätte seine Eltern mal jeden Tag. Jeden! Aber nein, es wird abgerissen, weil du so gern Tunnel bohrst. Überhaupt, es wäre viel vernünftiger gewesen, du wärst Ponyzüchter geworden.«
    »Petersilie«, mahnte Vati nun kopfschüttelnd und suchte zwischen seinen Zeichnungen.
    Ich übersah es. »Nur weil es mehr Geld kosten soll, wird alles zerstört. Das ist einfach unwirtschaftlich.« Mir gefiel der Fachausdruck sehr. Ich wartete. Auf Vati hatte dieses Wort keinerlei Wirkung. Er suchte weiter.
    »Und spuken tut es auch schon, das Haus, das läßt sich nämlich das Abreißen nicht gefallen. Wenn ich dir alles erzählen würde, würdest du vor Staunen umfallen. Aber du hast nie Zeit. Du bist nichts als ein Ferienvater.«
    »Das ist unmöglich.«
    »Doch, es stimmt«, sagte ich trotzig.
    »Nein, ich meine die Zeichnung. Entschuldige, Petra, können wir morgen darüber sprechen? Ich muß mich konzentrieren und arbeiten.«
    »Georg«, kam plötzlich Muttis Stimme dazwischen, bevor ich antworten konnte. Sie stand in der offenen Tür und hielt zwei Regalbretter in der Hand, »genügt das für die Leitzordner?«
    Wollte Vati sich jetzt über Leitzordner unterhalten? Er wollte. Er ging sofort auf Muttis Frage ein. Und dann suchten beide nach Zeichnungen. Es schien ihm sehr wichtig. So wichtig, daß er mich völlig vergaß.
    Ich drückte mich an Mutti vorbei auf den Flur hinaus, wartete einen Augenblick. Niemand rief mich zurück. Nur das Telefon klingelte. Vati redete und redete. Zu Rudi und Tom zu gehen, war zwecklos. Die hatten sich wieder eingeschlossen und bastelten an ihrem verrückten Mondding herum. Das wurde und wurde nicht fertig. Im übrigen interessierte mich das überhaupt nicht. Meine Ponys waren mir lieber.
    Sie sahen mich an, als ich mein Zimmer betrat, besonders das kleine Schwarze.
    »Da hast du es.« Ich nickte ihm zu und setzte mich an meine Schreibplatte. »Väter können auch nicht alles. Oder wollen nicht. Aber laß nur. Mir wird schon selber etwas einfallen.« Ich nahm einen großen Bogen Briefpapier und schrieb an Ellen. Ich war gerade in der richtigen Stimmung. Ich schrieb alles, was ich dachte. Vor allem über die Freundschaft. Es war mir gleichgültig, ob sie vielleicht eingeschnappt war. Ich mußte ihr mal die Meinung sagen. Ich fühlte mich ordentlich wohl dabei. Es wurden vier

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