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Die Ponyapotheke

Die Ponyapotheke

Titel: Die Ponyapotheke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa-Marie Blum
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Jedenfalls verkaufte mein Urgroßvater die kleinen Pferdchen recht gut. Zuerst an den Zirkus und später an Hagenbeck, den Zoo. Dann wuchs die Stadt immer dichter heran. Der Garten wurde kleiner, er soll doppelt so groß gewesen sein. Die hohe Mauer wurde gebaut. Und als Jonni groß genug war, verkaufte mein Großvater die Mutter-Stute an einen Privatkäufer. Jonni sollte sein ganzes Leben lang hier bleiben. Jetzt will mein Großvater es fortgeben, bald schon. Er fürchtet, wenn die Bagger näher kommen, der Krach und die Unruhe würden Jonni schaden. Ich kann mir nicht vorstellen, wie Jonni es im Zoo aushalten soll.«
    »Es kann doch im Garten bleiben, die Mauer ist hoch genug.«,
    »Was denkst du, der Garten hier, der wird weggefegt. Alles wird eingeebnet, die Bäume gefällt. Ich habe es selber gehört.«
    »Ich frage meinen Vater«, sagte ich plötzlich, »er muß uns helfen. Er hat die Genehmigung.«
    »Für was?«
    »Hier zu bauen, den Tunnel für die Untergrundbahn. Mein Vater kann vielleicht erreichen, daß die Strecke anders verläuft.«
    »Unsinn, das kann er bestimmt nicht, dein Vater...«
    »Fridolin. Schnell, schnell, ksch, weg da!« kreischte eine Stimme vom Haus her.
    Wir rannten um die Wette. Aus dem offenen Küchenfenster lehnte Frau Marogis, sie starrte in den Garten.
    »Hin... hinter der Rotbuche«, stotterte sie aufgeregt, »det Schwarze, zwei glühende Oogen, jenau, Kindchen, Kindchen, nee, dat kommt wieder.«
    »Bleib.« Fridolin drückte mich an die Hauswand und schlich im Bogen, versteckt durch hohes Gesträuch, von der Seite an die große Buche heran. Der Stamm war breit genug. Ein Kind konnte sich dahinter verstecken. Jetzt sprang er mit einem Satz dahinter.
    Wir hörten nichts mehr. Nur der Wind rauschte in den Blättern.
    »Seit vorichte Woche«, flüsterte die alte Stimme, »immer im Dämmern, und so glühende Oogen.«
    »Eine Katze, bestimmt«, tröstete ich. »Ruhig, ganz ruhig.« Ich streichelte ihren Arm und zitterte selber. Warum kam Fridolin nicht?
    »Herr Konitz weiß nischt davon, is schon Ufregung jenug hier. Jetzt muß ick mir aber setzen.« Sie zog sich einen Stuhl ans Fenster. »Bleibste noch, Kindchen? Weeste, son altes Haus, dat läßt sich ooch nich einfach jefallen, dat man ihm abbaut. Dat jiibt seine Zeichen.«
    »Es war bestimmt eine Katze«, beruhigte ich sie wieder, »ein Kater, so ein richtiges großes schwarzes Tier, das hat glühende Augen. Fridolin wird es schon finden.«
    »Ja, der Junge, jut, daß er hier is. Sonst is es viel zu still im Haus. Sollte schon früher hier sein, vor vier Wochen. Kommste nun auch öfter, Kindchen?«
    Ich nickte. Die Dämmerung wurde dichter, verschluckte Mauer, Efeu und Büsche. Kaum waren die Baumstämme zu unterscheiden in dem unwirklichen Licht. Wo nur Fridolin blieb?
    »Sein Vater reist viel herum als Sänger, die Mutter singt ooch.« Die alte Frau schüttelte den Kopf. »Hat er dir schon erzählt? Nee? Na, mal hier mal da, immer an verschiedene Theaters. Wenn dat richtig ist. Und der Junge kriegt ein Telegramm: Sofort kommen, Hotel Soundso. Und dann muß er hin, weg aus de Schule, und se treffen sich einen Tag oder so. Nee, und hier dat große Haus, die vielen Zimmer.« Sie murmelte vor sich hin. Ich schwieg. Dann hörte ich wieder die Stimme: »Willste mit uns essen, Kindchen?«
    »Nein, danke, ich muß jetzt gehen. Wie spät ist es nur?«
    Aber die alte Frau antwortete nicht. Sie sah mit großen Augen in den abendlichen Garten. Wenn wenigstens Jonni zu sehen wäre, wünschte ich.
    Da fühlte ich einen kleinen Stups an meinem Arm, fuhr herum, Jonni! Seine Augen glänzten. Vor Freude umarmte ich ihn. Er stand ganz ruhig. Ich fühlte, er mochte, daß ich ihn umarmte.
    »Jonni!« sagte ich laut. Frau Marogis schrak zusammen. »Dat Pferdchen, na, komm, komm, wart’, ick hab’ noch ’ne Rübe.« Sie stand auf und kam bald mit einer großen Mohrrübe zurück. Jonni verspeiste sie schmatzend.
    Auf einmal hob er den Kopf, stellte die Ohren auf, Laub raschelte. Fridolin! Er kam von links, von der anderen Seite? Dreckig von oben bis unten. Auch im Gesicht. Er schüttelte den Kopf schon von weitem.
    »Nichts, Frau Marogis. Ich bin an der Mauer entlang gekrochen, hinter den Büschen«, er lachte, »deshalb seh’ ich so aus. Wenn es mal wieder kommt, müssen Sie mich leise holen.«
    »Ja, Junge, ja, aber ick erschreck’ mir so. Na, jut, daß de nachgesehen hast. Bin schon viel ruhiger. Vielleicht war et doch ’ne Katze. Nu will ich

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