Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ponyapotheke

Die Ponyapotheke

Titel: Die Ponyapotheke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa-Marie Blum
Vom Netzwerk:
aber Abendbrot machen.« Sie verschwand vom Fenster.
    »Und ich muß mich waschen. Warte, Petra, ich bring dich heim.«
    Ich nickte und setzte mich auf die kleine Bank unter dem Küchenfenster. Es war beruhigend, die Schritte der alten Frau in der Küche zu hören, und Jonni zu sehen. Der gerade vor mir wieder anfing zu grasen und manchmal den Kopf hob.
    Auf dem Heimweg erzählte Fridolin von sich, als ich ihn fragte. Ja, seine Eltern seien Künstler. Sein Vater Opernsänger, seine Mutter Opernsängerin. Er selbst sei lange im Internat gewesen. Später kam er zu seiner Tante auf die Insel. Zwei Jahre lang. Aber im Winter sei es sehr einsam dort. Seine Tante hielte das nicht aus und verreiste. Und er sei allein geblieben. Ein älteres Ehepaar hüte dann das Haus. Da schrieb sein Großvater, er solle zu ihm kommen, nach Hamburg.
    »Ich wollte sofort, klar, schon wegen Jonni. Ich wollte schon früher nicht ins Internat. Auch nicht auf die Insel. Der Pensionsbetrieb im Sommer bei der Tante machte mir keinen Spaß. Aber mein Großvater war krank, irgendwie ging es nicht. Meine Mutter bekommt nun wahrscheinlich im nächsten Jahr ein Engagement nach Hamburg, auch mein Vater.«
    »Nun hast du gedacht, alles sei in Ordnung, und jetzt kommt die blöde Untergrundbahn dazwischen.«
    »Weißt du, so blöd finde ich das gar nicht. Mir gefallen Hochhäuser. Eine Wohnung im vierzehnten Stock denke ich mir großartig.«
    »Und wo bleibt Jonni?«
    »Auf dem Dach, es gibt Dachgärten.« Er grinste. »Nein.« Er wurde wieder ernst: »Mit dem Pony muß mir noch etwas einfallen. Hilfst du mir nachdenken?«
    »Natürlich«, bestätigte ich, »aber erst frage ich meinen Vater.«
    »Bist du immer so hartnäckig?«
    »Immer«, erwiderte ich. Damit trennten wir uns.
     
    Erst beim Abendbrot, wir aßen in der umgeräumten Küche, die vorläufig noch ziemlich unordentlich aussah, konnte ich Vati fragen.
    »Muß die Untergrundbahn unter der Sabinenstraße entlanglaufen?«
    »Warum denn nicht?« fragte Vati erstaunt.
    »Weil es unverantwortlich ist, Kulturgüter zu zerstören, die nachweislich über zweihundert Jahre alt sind«, erläuterte ich ernsthaft und strich mir ausgiebig Senf auf mein Leberwurstbrot, viel zu viel Senf.
    Rudi prustete und verschluckte sich. Tom sah mich verwundert an. Vati trank einen Schluck Tee und sagte langsam: »Noch einmal.«
    »Es ist unverantwortlich, Kulturgüter zu zerstören, die über zweihundert Jahre alt sind, bloß wegen dieser blöden Untergrundbahn«, wiederholte ich zufrieden mit mir selbst. Ich hatte mir den Satz sehr gründlich überlegt.
    »Ist das von dir?« wollte mein Vater wissen.
    »Nein, von dir, der Anfang«, gab ich wahrheitsgemäß zu.
    ' »Petra!« Muttis Gesicht kann ich gar nicht beschreiben. Aber nun war mir alles gleich.
    »Auf der Insel, als wir in der alten Schifferkirche saßen, Vati, hast du mir lang und breit erzählt, wie wunderbar es sei, daß man die alte Kirche erhalten hat. Und jetzt, bloß weil du so gern Tunnel bohrst, gilt das nicht mehr.«
    »Sie meint die alten Häuser in der Sabinenstraße«, erklärte Mutti.
    Ich nickte und aß, ohne mein Gesicht zu verziehen, von meinem Brot.
    »Sie sind abbruchreif«, versicherte Vati.
    »Und die Ponyapotheke?«
    »Die auch, die besonders. Das Fundament hält nicht stand.«
    »Und das kann man nicht stützen und verstärken?«
    »Petersilie, alle Achtung«, wunderte sich Vati, »seit wann beschäftigst du dich mit alten Häusern?«
    »Seit heute.«
    »Lobenswert«, Vati erhob sich, »komm, wir unterhalten uns drüben. Ich will dir die Pläne erklären. Nein, die Jungen bleiben hier. Ihr helft Mutti beim Abwaschen und Aufräumen.«
    Toms schiefes Gesicht sah ich noch. Dann fiel die Tür hinter uns zu. Im Wohnzimmer auf dem Tisch lag eine große Zeichnung.
    Mein Vater beugte sich darüber und fuhr mit dem Finger über die vielen Linien, Striche und Punkte.
    »Hier der Marienplatz, die Marienkirche, der Stadtpark, die Sabinenstraße, die Apotheke, du siehst, sie ist besonders eingezeichnet, ein ziemlich großes Grundstück.«
    »Ein Garten, Vati, kennst du den Garten? Uralte Bäume, wie aus einem Märchenbuch. Und ein Pony...« Ich machte eine kleine Pause. Mein Vater reagierte nicht. Er blickte nur auf die Linien.
    »Ein süßes Pony, ganz schwarz und lebendig.«
    Wieder holte ich tief Luft. Keine Wirkung. Mein Vater nahm jetzt einen Bleistift.
    »Wenn wir die Strecke verlegen«, murmelte er, »um das Grundstück herumführen, bedeutet das

Weitere Kostenlose Bücher