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Die Portugiesische Reise (German Edition)

Die Portugiesische Reise (German Edition)

Titel: Die Portugiesische Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: José Saramago
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verstärkt wird der Eindruck durch die Deckenbemalung von José Malhoa, eine Darstellung der Nossa Senhora da Boa Viagem, die den Zusammenfluss von Zêzere und Tejo segnet, womit sich das Werk als weit weniger naturalistisch erweist, als die Bezeichnung der Schule vermuten lässt. Malhoa hat sich beim Bemalen der Decke von der Umgebung inspirieren lassen. Der Reisende bewundert die aus der Kapelle Santa Ana stammenden Holzbasreliefs aus dem 17. Jahrhundert vor allem wegen der pittoresken, im Allgemeinen mit entsprechender Feierlichkeit dargestellten Taufe Christi, denn zwar findet sich im Vordergrund die konventionelle Szene, doch im Hintergrund zeigt das Relief den Moment davor, das heißt, Johannes der Täufer entledigt sich im Sitzen seiner Schuhe, und Christus zieht sich die Tunika über den Kopf, sodass er mit nacktem Oberkörper dasteht, wenn auch diskret abgewandt, um nichts Ungebührliches zu enthüllen. Eine herrlich anmutige Szene, diese beiden jungen Männer, die an einem heißen Nachmittag baden gehen, so unumwunden gezeigt in der Einfachheit ihres Tuns und ihrer natürlichen Freude am Leben.
    Der Reisende geht zum Fluss hinunter, will im Flor do Tejo eine Erfrischung zu sich nehmen, einem am Ufer gelegenen Lokal unter Schilf- und Blätterdach, wie man es bei der Melonenzucht verwendet, doch der Junge im Haus, ein Säugling von vier Monaten, hat Bauchweh und weint unerbittlich, also lieber die Erfrischung für ein andermal lassen und zum Camões-Haus gehen, das gleich da vorn liegt. Das sagen die Leute jedenfalls, und worauf so vieles hinweist, muss stimmen oder auch nicht. Dem Reisenden, Sohn dieses Flusses, gefällt der Gedanke, dass unter den Ahnen dieser Weiden an diesem Ufer Luís Vaz de Camões gewandelt ist, von Kummer über Catarina geplagt oder auch nicht. Welchen historischen Fehler hätte man schließlich begangen, wenn man diese Wände hochgezogen und hier ein ländliches Haus aus dem 16. Jahrhundert rekonstruiert hätte, mit den Werken des Dichters und Bildern, die ebenso fragwürdig gewesen wären wie das Haus, Ansichten des ehemaligen Dorfes Punhete, falls es sie gibt? Keinen größeren, als wenn man sagt: »In diesem Grab liegen die Gebeine von Luís de Camões«, was jeder glauben soll, der in Lissabon im Kloster Jerónimos arglos die Grabstätte betrachtet. Constância hat seinen Camões genauso verdient wie wir alle den unseren. Und der Reisende muss gestehen, dass er, als er diese Ruine betrachtete, mit seinen eigenen Augen gesehen hat, wie die Gestalt des Luís Vaz die Stufen der Escadaria Tem-te Bem hinabstieg, als wollte er am Fluss dichten gehen.
    Als der Reisende in Abrantes erklärte, er wisse wenig über Hauptquartiere, meinte er noch verbergen zu können, dass er von Kriegskunst überhaupt nichts versteht. Doch nun, beim Anblick der Burg von Almourol, von diesem Ufer aus gesehen, wo im Schatten von Olivenbäumen Soldaten Siesta halten und Fotoromane lesen, überlegt er in seiner entschiedenen Unwissenheit, dass diese Festung für Gualdim Pais und jene, die nach ihm kamen, wohl kaum von großem Nutzen gewesen sein kann. Womit wurde die Burg verteidigt? Wenn es flussaufwärts oder flussabwärts keine benutzbare Furt gab, hätten die Mauren, da das Nordufer ungeschützt war, im Kahn übergesetzt; und eine ordentliche Belagerung hätte den Widerstand, da die Eingeschlossenen nicht mehr zum Groppenfischen hinuntergehen konnten, in kurzer Zeit gebrochen, wenn drinnen das Mehl für Kekse ausgegangen wäre. Doch die Burg steht hier, mit Stein und Kraft geschaffen, und dass sie hier steht, besagt, dass sie nötig war. Und schließlich wird der Reisende es einsehen, im Kopf die Einschränkung, dass wohl nicht so sehr das militärische Ziel als vielmehr der Bedarf an einem Dach über dem Kopf der Grund dafür war, dass um diese kleine Burg mit Bolzen und Degen gekämpft wurde. Auf der anderen Seite liegt weites Freiland, man stelle sich vor, wie es damals gewesen sein muss. Der Reisende überquert den Fluss nicht: Von seltenen Ausnahmen abgesehen, sieht man Burgen am besten von außen, und diese noch besser als jede andere.
    Die Kirche von Tancos, umringt von Häusern und niedrigen Mauern schon im architektonischen Stil des ländlichen Ribatejo, kann er nicht betreten, doch mit Gefallen betrachtet er, was vom Renaissance-Geist des Bauwerks übrig geblieben ist, die Nischen an der Fassade, eine Barmherzige Muttergottes, die barmherzigerweise erhalten ist, und die dekorativen Seitentüren,

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