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Die Portugiesische Reise (German Edition)

Die Portugiesische Reise (German Edition)

Titel: Die Portugiesische Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: José Saramago
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es hier eine Galerie illustrer Personen: Engel, Apostel, Könige und Symbole, alles bekannte Figuren, die zum Greifen nah zwischen den Buchsbäumen stehen. Der Reisende kann nicht sagen, ob es auf der Welt noch einen Garten wie diesen gibt. Wenn ja, dann hat man ihn gut kopiert, wenn nicht, dann sollte er als solcher gewürdigt werden. Einen einzigen Haken hat er: Es ist kein Ort zum Ausruhen oder um ein Buch zu lesen, wer hierherkommt, sollte das wissen. Wenn früher die Bischöfe kamen, dann werden ihre Diener Stühle dabeigehabt haben, auf denen sie ausruhen und beten konnten, aber ein gewöhnlicher Reisender, der heutzutage diesen Garten aufsucht, kann umherlaufen, solange er will, sitzen kann er nur auf dem Boden oder auf einer der Treppen. Die Statuen sind großartig, nicht aufgrund ihrer künstlerischen Qualität, über die sich streiten lässt, sondern wegen ihrer Schlichtheit, die auf einer ausgereiften bildhauerischen Sprache basiert. Hier stehen die Könige von Portugal, alles Könige wie aus einem Kartenspiel, die an den kleinen König von Salzedas erinnern, und hier haben wir einen patriotisch motivierten Rachezug, der darin bestand, die spanischen Könige in einem anderen Maßstab darzustellen: Da man sie nicht ganz ignorieren konnte, hat man sie einfach ein Stück kleiner gemacht. Und dann die allegorischen Statuen: der Glaube, die Nächstenliebe, die Hoffnung, der Frühling und die anderen Jahreszeiten, und da, etwas abseits gelegen, der Mauer zugewandt, der Tod. Den mögen die Besucher natürlich nicht. Sie kleben ihm Kaugummi in die leeren Augenhöhlen und stecken ihm Zigarettenkippen zwischen die Kiefer. Es ist anzunehmen, dass der Tod sich nichts daraus macht. Er weiß genau, dass alles seine Zeit hat.
    Der Reisende beendet seinen Spaziergang, zählt die Apostel, sieht sich den kleinen Teich an, der wie ein Altartuch geformt ist, und geht zurück zur Praça do Municipio, wo er keinerlei Bezug zwischen der Statue von João Ruiz und dessen Gedichten feststellen kann: Diese Figur ist eine Puppe, die zeigt, wie sich zu jener Zeit die Edelmänner kleideten, und nicht der Mann, der solche Verse schrieb: So traurig die Traurigen geben / Die Hoffnung auf Gutes dahin / So traurig habt Ihr nie gehen sehen / Andere von Euch voller Schmerz . Auch der Reisende geht. Er ist weder traurig noch heiter, nur beunruhigt wegen der großen Wolken, die von Norden her kommen.
    Das wird eine nasse Fahrt werden. Da klopft dem Reisenden unversehens die strenge Hand der Geschichte auf die Schulter und holt ihn aus seinem Tagtraum, in den er gefallen ist, seit er sich in Castelo Branco aufhält: »Der, dessen Gebeine in der Kirche Santa Maria aufgebahrt sind und dessen Abbild auf dem Platz steht, ist nicht der Dichter, mein lieber Freund, sondern Amato Lusitano, ein Arzt, der denselben Namen trug, aber keine Verse geschrieben hat.« Verärgert hält der Reisende an, wirft die ungebetene Person aus dem Wagen und setzt die Reise fort, während er die unsterblichen Worte João Ruiz de Castelo Brancos vor sich hin murmelt, die Knochen sind und ein Denkmal der Poesie.
    Aus Liebe zur Wahrheit muss man sagen, dass der Reisende sich wirklich immer die schlimmsten Wege aussucht. Ganz in der Nähe verläuft die Straße, die ihn direkt nach Abrantes gebracht hätte, aber er fährt lieber über die Serra do Moradal und die Serra Vermelha, wo sich sämtliche Wolken und Regengüsse dieses unbeständigen Frühlings verabredet haben. Bis kurz vor Foz Giraldo sind es nur Drohungen. Aber den ganzen Weg nach Oleiros regnet es in Strömen, und oben auf der Serra do Moradal hätte er schwören können, dass der Regen direkt aus der Wolke fällt, ohne wie sonst während des Falls etwas an Schwung zu verlieren. Es ist ein sehr einsamer Weg, Dutzende von Kilometern ohne eine Menschenseele, Berge über Berge, wie kann ein so kleines Land so riesig sein.
    In Oleiros gefallen dem Reisenden die Figuren in der Pfarrkirche, obwohl einige etwas respektlos übermalt sind, wie zum Beispiel die Jungfrau Maria aus Stein, die in der rechten Hand einen Strauß Blumen hält, die, statt sie in ihrer natürlichen Farbe zu belassen, mit Gold übermalt wurden. Dasselbe gilt für die Schnitzereien. Aber die Kirche von Oleiros ist allemal einen Besuch wert, nicht nur wegen der Figuren, die der Übermalungswut nicht zum Opfer gefallen sind, sondern auch wegen der Deckenmalereien und der Azulejos in der Hauptkapelle.
    Oleiros liegt zwischen zwei Bergketten: der Serra de

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