Die Porzellanmalerin
auszusprechen. »Weil ich gesagt habe, so einen Luxus kann ich mir nicht mehr leisten? Danke, sehr freundlich von Ihnen, aber das ist wirklich nicht nötig.«
Sie würde doch keine Almosen annehmen! So weit war es noch nicht mit ihr gekommen. Was bildete sich dieser reiche Kaufmannssohn ein? Ein Gefühl der Kränkung stieg in ihr auf.
»Aber warum denn nicht?« Carl Bogenhausen schien ihren Stimmungswandel nicht mitbekommen zu haben. »Ich würde Ihnen gern etwas schenken. Unsere Lagerhäuser sind voll davon.«
Josefine würde ihr nie verzeihen, wenn sie ein solches Angebot ablehnte, dachte sie und unterdrückte ihren Stolz.
»Also gut, ich nehme ein wenig Pfeffer mit. Aber nur eine winzige Portion!« Ihr Ärger war genauso schnell wieder verflogen, wie er gekommen war. »Aber müssen Sie sich denn nicht Ihren Geschäften widmen?«
»Ach, die Württemberger sollen ruhig noch einen Moment auf ihr Geld warten. Die geben sowieso zu viel aus. Obwohl sie Schwaben sind … Kommen Sie mit!«
Schwungvoll erhob er sich, klemmte seinen Dreispitz unter den Arm und steuerte auf den Ausgang des Lokals zu. Sie kamen nur langsam vorwärts, weil er immer wieder von anderen Gästen aufgehalten wurde, die ein paar Worte mit ihm wechseln wollten. Kein Sonnenstrahl drang in die enge Gasse, als sie endlich im Freien standen. Zwischen den Messeständen hantierte ein Barbier mit einer großen Zange im Mund eines an einen
Stuhl gefesselten Mannes herum, dessen linke Wange stark angeschwollen war. Gern hätte sie sich einen Moment zu den Schaulustigen dazugesellt, aber sie hatte Angst, Carl Bogenhausen aus den Augen zu verlieren, der sich flott seinen Weg durch die Menge bahnte.
Vor einem prachtvollen Haus am Großen Kornmarkt blieb er schließlich stehen.
»Da wären wir!« Er strahlte sie an.
Sie versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie beeindruckt sie von den Ausmaßen des Hauses war. Der Fachwerkbau stand auf einem steinernen Sockel, auf dem zwei weitere Stockwerke thronten. Gekrönt wurde er von einem prächtigen Giebel. Die Fensterfront zählte neun Fenster. Sie hatte gehört, dass die Frankfurter so viele Fenster in ihre Häuser einbauten wie möglich, um bei den zahlreichen Krönungsfeierlichkeiten Fensterplätze vermieten zu können. Fenster waren in Frankfurt bares Geld wert, hatte man ihr erzählt.
»Kommen Sie?« Er machte ihr ein Zeichen, ihm zu folgen.
Doch statt die mächtige Eingangstreppe hinaufsteigen, lief er auf den danebenliegenden Torbogen zu, aus dem just in dem Moment ein mit Säcken voll beladener Leiterwagen ratterte. Sie konnte sich gerade noch gegen die Hauswand drücken, um nicht überrollt zu werden. Schließlich stand sie mitten in einem weitläufigen Hof, umgeben von Wirtschaftsgebäuden, Ställen und Lagerhäusern. Mehrere Männer machten sich an einem Fuhrwerk zu schaffen und luden Fässer ab, die sie an dicken Seilen durch eine große Luke ins Kellergeschoss hinabließen. Weiter hinten standen drei Pferde angebunden, die darauf warteten, dass ihnen die Sättel abgenommen und Wasser gebracht wurde. Ein Stallknecht, der in jeder Hand einen schweren Eimer schleppte, trat aus einer Holztür. Auf den Ziehbrunnen und die zart knospende Kastanie in der Mitte des Hofes fielen die ersten Sonnenstrahlen des Jahres. Ein Windhauch wehte ihr eine Brise entgegen, die nach ostindischen Gewürzen duftete.
Wilder Wein rankte sich an dem Gebäude empor, in dem sie das Comptoir vermutete. Durch das große Fenster, das auf den Hof hinausging, konnte sie den dicken Commis und einen semmelblonden Jungen sehen, offenbar den Lehrling. Der Commis hatte die Beine auf dem plumpen Eichentisch abgelegt und balancierte auf den Oberschenkeln ein riesiges Kontenbuch. Kleine Rauchkringel stiegen aus der Pfeife in seinem Mund. Die Haare standen dem Mann wirr in alle Himmelsrichtungen ab, seine Perücke lag vor ihm auf dem Schreibtisch.
»Schauen Sie sich diese Rechnung bitte noch mal an, Herr Alessi!«, hörte sie den Lehrjungen sagen, als sie hinter Carl Bogenhausen das Comptoir betrat.
Für seine Korpulenz erstaunlich behände hatte der Commis die Füße vom Tisch genommen und war aufgesprungen. Das Kontenbuch in der Linken, streckte er die rechte Hand vor, um seinen Herrn zu begrüßen.
»Herr Bogenhausen, wie schön, Sie wieder einmal bei uns zu sehen! Sie wollen sicher schauen, ob alles beim Rechten ist, aber seien Sie unbesorgt: Wir haben die Sache hier im Griff!«
Er lachte wiehernd, sodass sein dicker Bauch
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