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Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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und Redarier erzürnen?«
    Nun lachten sie aus vollem Halse. Es klang wie eine Folge von Rülpsern, unterbrochen von hohen Winseltönen. »Cealadrag!«
    »Alter Mann, du bist der Freund des Königs? Hätten wir das gewußt!«
    »Vergib uns.«
    Sie verneigten sich in weit ausholenden Gesten.
    Uvelan biß die Zähne aufeinander. Das Hämmern an seinen Schläfen verstärkte sich. »Ihr spottet?« knurrte er.
    »Du drohst uns mit einem Geist«, rief der Schnauzbärtige. »Wie lange ist Cealadrag tot und der Bund zerfallen?«
    Was war diese Welt noch wert? Cealadrag … Wie mochte er gestorben sein? Fein, sie wollten einen Geist? Den mächtigsten sollten sie erhalten. Uvelan tat es langsam, ohne Eile. Fingerbreit um Fingerbreit hob er die Arme, streckte sie vom Körper aus, bis sie sich weit zu beiden Seiten spannten. Er holte tief Luft. »Und was ist«, brüllte er, »mit Svarogh?«
    Die Männer erbleichten. Ihre Unterlippen begannen zu beben. Wie Träumende ergriffen sie ihre Äxte, taumelten zur Brücke zurück. Schreckgeweiteten Auges blickten sie zum Himmel hinauf, duckten sich in Erwartung einer Strafe, keuchten Unverständliches.
    Uvelan trat auf die Brücke zu. »Ist Svarogh ebenso tot? Ihr habt ihn vergessen, nicht wahr? Aber er kehrt zurück.«
    »Die Priesterbinde«, stammelte der Bärtige. »Wer bist du?«
    »Ich bin Svaroghs Priester.« Uvelan drehte sich zu den Franken um und machte ihnen ein Zeichen, ihm zu folgen.
    »Das kann nicht sein. Es ist verboten, den Namen dieses Gottes zu nennen.«
    »Lange genug war es verboten.«
    »Was will er? Was will Sv… Svarogh?«
    »Er will Rache.«

24. Kapitel
     
     
    Kurz vor Sonnenaufgang, der Himmel im ersten Tageslicht. Kreischen von Frauen und Kindern. Todesschreie der Männer. Ohne Vorwarnung brach das Unheil herein: Während ein Köhler brüllend zwischen die Häuser stürmte, surrten bereits Pfeile, bohrten sich in die Körper der Dorfbewohner wie in des Jägers Beute. Von zwei Seiten schwemmten Krieger aus dem Wald, Obodriten von der Bachseite, die langen Äxte schwingend, und von der anderen Seite Fremde. Die Unbekannten hieben mit Kurzschwertern drein und spießten jeden Widerstand auf Speere. Ein Schlachten war es, ein Sterben der fünfzig Dörfler innerhalb der Zeit eines Gebetes.
    »Es sind Sachsen«, raunte der alte Zupan seinem Sohn zu. Sie hockten in einem Kornspeicher, hatten nach der regnerischen Nacht prüfen wollen, ob Feuchtigkeit den einjährigen Roggen bedrohte. »Die kurzen Schwerter, sie nennen es das Sax. Obodriten und Sachsen. Die Erzfeinde vereint.«
    Ein Dorfbewohner zündete seine Vorratshütte an, dort, wo das Flechtwerk unter dem regentriefenden Dach trocken geblieben war. Eine schreckliche Eisenmaske bellte Befehle, und augenblicklich ließen einige Sachsen die Waffen fallen, streiften sich die Kittel vom Leib und eilten zum Bach. Mit nassen Kleidern kehrten sie wieder, schlugen damit die Flammen aus.
    »Warum tun sie das, Vater? Wollen sie unsere Vorräte?«
    »Sie löschen den Brand«, murmelte der Zupan. »Sie machen keine Gefangenen.« Er riß die Augen auf. »Dann geht es gegen Rethra. Fliehe, lauf, Bursche! Du mußt die Priesterwarnen. Auf der Schafweide steht unser Pferd. Bis dahin mußt du es schaffen!«
    Er spähte dem Jungen nach, sah ihn Haken schlagen, vornübergebeugt laufen, voranjagen. Die Eisenmaske brüllte etwas. Am Waldrand spannten fünf Sachsen die Bögen. Pfeile summten.
     
    Sie lag auf einer Wiese, kein Wald weit und breit. Grashalme kitzelten die Ohren, schmiegten sich an die Hände an und fügten sich als weiches Bett unter den Körper. Über ihr spannte sich der Himmel im hellen Grün junger Blätter auf – das hohe, luftige Dach der Welt.
    Ein Windhauch brachte angenehme Kühlung. Es war still, nur der Wind säuselte leise.
    Alena verspürte keine Lust zu singen, obwohl hundert Lieder in ihrer Kehle lebten. Sie lächelte nicht, aber ihre Haut glühte vor Glück. Wo bist du, mein Sohn? dachte sie und schloß die Augen. Und dann konnte sie seine Hand auf dem Gesicht spüren, die kleinen Finger. Ruhig lagen sie da, ein weiches, zärtliches Gewicht auf ihrer Wange.
    »Alena.« – Das war nicht ihr Sohn. Ein Mann war es, der halb flüsterte, halb raunte. Die Wiese geriet in Bewegung, hob sich, wälzte Hügel auf, schob Alena voran und ließ sie tanzen, wie die Wellen ein Stück Holz auf einem See umherschaukeln. Die Grashalme zogen sich in die Erde zurück. Unter Alenas Rücken härtete sich der Boden, es

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