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Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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gewesen sein. Wie oft haben wir für dich gebetet in den letzten zwanzig Jahren, haben den Geistersteinen Blutopfer dargebracht und die heiligen Quellen besucht. Es war ohne Erfolg. Auch die kräuterkundige Frau, zu der wir dich gebracht –«
    »Svarogh hatte sein Urteil gefällt«, unterbrach ihn der Priester.
    Die Linonen schwiegen und erröteten.
    »Der Svarožić-Tempel …« Vymer sprach zögerlich. »Er hat alle Kraft an sich gezogen. Was will Svarogh, das wir tun sollen, um seine Ehre wiederherzustellen?«
    Tatendurstig sahen die Männer den Priester an, offensichtlich bereit, jedes Wort von seinen Lippen zu trinken. Sie wogen die Äxte in den Händen, ruckten die Schilde hoch, um nachzufassen, blähten die Nasenflügel, studierten aufmerksam jede Regung in Uvelans Gesicht.
    »Ihr wollt dem Gott des himmlischen Feuers dienen? Dann wacht über seinen Hain, bis ich zurückkehre. Ich möchte mit Nevopors Tochter einen Gang durch den Wald machen. Es gibt Dinge, die ich über Rethra erfahren muß.«
    »Sollen wir dich nicht besser begleiten?«
    »Ich brauche keinen Schutz.«
    Gemeinsam senkten die Linonen als Zeichen des Gehorsamsdie Köpfe. Sie verließen den Hain und postierten sich im Kreis um den Zaun. Obwohl etliche Schritte Abstand zwischen den einzelnen Kriegern blieben, war es doch ein beeindruckender Anblick: Die Schilde hielten die Linonen zur Brust erhoben, die Axtköpfe lagen auf ihren Schultern. Jeder blickte starr voran in den Wald.
    »Du bist es gewohnt, Menschen zu befehlen?« fragte Alena.
    »Das war einmal mein Leben.« Uvelan lächelte plötzlich, ein warmes, gelöstes Schmunzeln, und bot ihr seine Armbeuge dar. »Gehen wir?«
    Das Herz klopfte Alena in der Kehle. Sie zögerte.
    Aufmunternd hob der Priester seinen Ellenbogen ein wenig höher. »Nun?«
    Vorsichtig, beinahe ohne ihn zu berühren, schob sie die Finger um Uvelans Arm. Es fühlte sich vertraut an, als sei er ihr Vater, und dann, auf merkwürdige Art, war es doch fremd und anders.
    Ohne Eile verließen sie den Hügel und spazierten unter die Bäume des Waldes. Alena litt unter dem Schweigen; es schien ihr, als konzentriere sich alles auf die Berührung des Priesters, als spüre er ihre Aufregung, ihr Unwohlsein.
    Endlich fragte Uvelan mit sanfter Wärme: »Wie kommt es, daß die Linonen dich gefangen haben?«
    »Sie haben wohl die Franken ausgekundschaftet. Als ich fortlief, weil ich wütend war, bin ich ihnen ins Netz gegangen.«
    »Verstehe.«
    Wieder Stille. Es war Alena, als bekäme sie keine Luft, als müßte sie jämmerlich ersticken.
    »Ist dir nicht gut?«
    »Willst du mir nicht sagen, warum wir allein durch den Wald gehen müssen?«
    Uvelan lachte. Hatte sie ihn überhaupt schon einmal lachen gehört? Es war ein schönes, perlendes Lachen. »Wir müssen das nicht tun. Ich fühlte mich einfach danach. Undich habe einige Fragen. Cealadrag ist tatsächlich tot? Es hat ihn doch nicht Milegost abgelöst? Er ist zwar der ältere Bruder, aber die Entscheidung war damals klar auf meinen Freund Cealadrag gefallen, mit dem Einverständnis und der Unterstützung des Frankenkönigs.«
    »Weder Cealadrag noch Milegost herrschen. Es gibt keinen König der Weleten mehr. Der Stammesbund ist aufgelöst.«
    »Eine scheußliche Dummheit! Wie ist Cealadrag gestorben?«
    »Ein Überfall der Obodriten.«
    »König Gostimysl … Das sieht ihm ähnlich.«
    »Gostimysl? Nein. Den kenne ich nur aus Geschichten. Bald nachdem ich geboren wurde, ist er bei einem Feldzug der Franken gefallen.«
    »Nun, dann sind wenigstens die Erzfeinde des Redariervolks genauso zersplittert wie wir.«
    »Sie waren es, lange Zeit. Ich weiß nicht viel davon, habe nur manchmal etwas aufgeschnappt bei meinem Vater. Das fränkische Ostreich hat wohl einigen Anteil daran. Kaiser Ludwig hat die Kleinkönige der Obodriten immer wieder gegeneinander –«
    »Was sagst du?« unterbrach sie der Priester. »Ostreich? Also ist das Frankenreich tatsächlich unter Ludwigs Söhne aufgeteilt worden?«
    »Ja.«
    »So machen wir nicht als einzige Fehler.« Er fuhr sich mit der freien Hand durch den Bart. »Du wolltest über die Obodriten berichten.«
    »Ich … ich weiß nicht, ob ich dir all das erzählen sollte.« Sie stockte, rang um Worte. »Du willst meinen Vater stürzen, mache ich mich damit nicht zu deiner Helferin?«
    »Das ist richtig, du wirst gegen ihn kämpfen, gemeinsam mit mir.«
    Irritiert runzelte sie die Stirn. »Wie kannst du das wissen?«
    »Wir machen es so: Du

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