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Die Principessa

Die Principessa

Titel: Die Principessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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so tief in die Seele einer Frau schauen zu können wie Sie.« Vor Freude gluckste sie. »Der Charme Ihrer Worte steht dem Ihrer Werke jedenfalls nicht nach.«
    Geschmeichelt wie ein junges Mädchen, warf sie den Kopf in den Nacken, wobei der lose Stoff ihres Kleides ein Stück von der Schulter rutschte und so den Blick auf den Ansatz ihrer Brust freigab.
    »Wunderbar, Eccellenza! Bitte bleiben Sie so!«
    Die Bitte war vollkommen überflüssig: Donna Olimpia dachte gar nicht daran, den Sitz ihres Kleides in Ordnung zu bringen. Vielmehr lächelte sie Lorenzo so verführerisch an, dass er schlucken musste. Sie hatte nur einen Wunsch, er las ihn in ihren Augen: Sie wollte sich vor ihm entblößen. Und er sah keinen Grund, ihr diesen Wunsch zu verweigern.
    »Wenn Sie den Ausschnitt vielleicht noch ein wenig tiefer …«
    »Ist das nicht allzu gewagt?«, fragte sie, während sie seiner Aufforderung ohne zu zögern nachkam. »Der Heilige Vater erwägt, den Frauen das Tragen von Dekolletees zu verbieten.«
    »Ich bin sicher, dass er Ausnahmen zulassen wird. Gott selbst hatdiese herrlichen Schultern erschaffen. Wäre es da nicht Sünde, sie vor den Augen der Menschen zu verhüllen?«
    Während er die Umrisse ihres Körpers skizzierte, sah er sie an. Wie alt mochte sie sein? Schon über fünfzig? Ihr Haar war eher silbrig als schwarz, und die Fältchen in ihrem Gesicht stammten nicht nur vom Lachen. Trotzdem, sie war immer noch ein verteufelt schönes Weib, das jedem Mann ein paar glückliche Stunden bereiten konnte. Kein Wunder, dass der Papst alles tat, was sie von ihm verlangte. Eher musste Lorenzo sich wundern, dass ein solches Prachtweib es an der Seite dieses mürrischen Greises aushielt. Denn dass sie mit Innozenz lebte wie Mann und Frau miteinander leben, daran hatte er keinen Zweifel – ganz Rom machte sich darüber lustig. Ob Amt und Macht einen Menschen in den Augen eines andern wohl anziehender erscheinen ließen, als er in Wirklichkeit war?
    »Ist es richtig so, Signor Bernini? Oder soll ich die Schulter noch etwas mehr freimachen?«
    »Es ist perfekt, Eccellenza«, murmelte er und zeichnete weiter, »absolut perfekt.«
    »Wie aufregend das ist, Cavaliere! Wenn Sie mich zeichnen, ist es fast, als würden Sie mich neu erschaffen. Ich würde das niemandem außer Ihnen erlauben.«
    Lorenzo wollte sich mit einem Lächeln für das Kompliment bedanken, doch als er aufschaute, blieb ihm das Gesicht stehen. Sie hatte fast die ganze Brust entblößt und räkelte sich vor ihm auf der Ottomane, eine Hand zwischen ihren Schenkeln. Den Kopf im Nacken, das Gesicht voll lüsterner Erwartung, schien sie sich einem unsichtbaren Bräutigam hinzugeben. Mit halb geöffneten Lippen blinzelte sie ihn an: ein Spottbild seiner Theresa.
    »Eccellenza …«
    »Was haben Sie, Cavaliere? Sie wirken plötzlich so verwirrt. Ist Ihnen nicht wohl?«
    Während sie sich aufrichtete, veränderte sich der Ausdruck ihres Gesichts und ihres Körpers so vollkommen, dass Lorenzo Zweifel kamen. Hatte er sich, was er gerade gesehen zu haben glaubte,vielleicht nur eingebildet? Er war so irritiert, dass er nicht wusste, was er antworten sollte.
    »Wie … wie aufmerksam Sie doch sind, Donna Olimpia«, stammelte er. »In der Tat, Sie haben Recht, ein unliebsamer Gedanke, der mir gerade in den Sinn kam.«
    »Dann sollten Sie ihn schleunigst äußern, um sich von ihm zu befreien.« Sie erhob sich von der Ottomane und kam auf ihn zu.
    »Oder wollen Sie ihn mir nicht anvertrauen?«
    »Doch, doch, gewiss, nur – es ist eine rein technische Angelegenheit«, sagte er schließlich, froh, eine Ausflucht gefunden zu haben. »Der Brunnen macht mir Sorge, oder vielmehr, um genau zu sein, die Wasserzufuhr«, korrigierte er sich, während er allmählich die Sprache wiederfand, denn diese Sorge lastete ihm tatsächlich auf der Seele. »Die Leitungen geben nicht genügend Wasser für die Fontänen her, und ich weiß nicht, wie man den Druck verstärken kann.«
    »Das ist ein Problem für Sie?«, fragte Donna Olimpia. »Für den ersten Künstler Roms?«
    Erleichtert stellte Lorenzo fest, dass sie jetzt wieder so sachlich wirkte, wie er sie von den Audienzen her kannte. Er musste sich tatsächlich getäuscht haben.
    »Nun ja« – er seufzte –, »Wasser gehört nun mal zu einem Brunnen dazu.«
    »Aber soviel ich weiß, hat Signor Borromini das Problem doch längst gelöst.«
    »Mag sein. Aber was nützt das, wenn die Pläne in seiner Schublade liegen? Mir bleibt nichts

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