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Die Principessa

Die Principessa

Titel: Die Principessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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kommt stets auf die Perspektive an – das hat uns Borromini hier ja selbst gezeigt«, fügte er mit einer Geste auf die Kolonnade hinzu.
    »Nichts muss so sein, wie es uns erscheint. Und was uns Signor Borrominis Ende zu sein dünkt, kann sich vielleicht als seine Rettung erweisen.«
    »Aber was kann daran gut sein, wenn der Papst Bernini den Auftrag für die Laterankirche gibt?«
    »Wir fürchten nicht das Ende, sondern den Gedanken daran«, erwiderte Spada, in Abwandlung ihres eigenen Ausspruchs.
    »Nein, ein Dummkopf war Seneca nicht. Und wenn unser Freund seine Schriften wieder und wieder verschlingt, dann vielleicht weniger, weil er die Ansichten des Philosophen teilt, sondern vielmehr, weil er dunkel ahnt, seiner Mahnung zu bedürfen. Wir wissen doch beide, Principessa, so sehr Signor Borromini sich darum bemüht, die stoische Ruhe und Vernunft zu wahren, die Seneca predigt, so sicher lässt er sich immer wieder von seinen Gefühlen hinreißen. Und ich meine, auch wenn der Zorn gewiss eine schwere Sünde ist, sollten wir ihn uns dieses eine Mal zunutze machen.«
    »Ich muss Ihnen gestehen, Ehrwürdiger Vater, ich begreife kein Wort.«
    »Dabei haben Sie mir doch selbst den Weg gezeigt, meine Tochter!«, rief Spada, und aus seinem Gesicht sprach eine fast schon diebische Freude. »Gott hat Sie zu mir geführt, damit Sie mir Blindem die Augen öffnen, wie wir unserem Freund helfen können.«
    »Dann haben Sie also wirklich Hoffnung?«, fragte Clarissa.
    »Stets aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe«, sagte er und ergriff ihre Hand. »Ja, meine Liebe, ich glaube und hoffe, ein Mittel zu wissen, um Signor Borromini zur Vernunft zu bringen. Ob wir sein Seelenheil damit retten, vermag ich zwar nicht zu sagen – aber sein Leben, denke ich, schon. Ja, ich bin mir dessen sogar ziemlich gewiss.«

12
    »Und Sie folgen einfach Ihrer ersten Idee, wenn Sie mit einem Porträt beginnen?«, fragte Donna Olimpia und setzte sich so in Pose, dass ihr Profil möglichst vorteilhaft zur Geltung kam.
    »Gleichgültig, was Ihnen einfällt?«
    »Ein Genie, Eccellenza«, erwiderte Lorenzo Bernini, ohne von seinem Zeichenbrett aufzuschauen, »vertraut immer seinem ersten Einfall. Sonst ist es kein Genie.«
    Er war so beschwingt wie schon lange nicht mehr. Hatte er nicht gesagt, die Zeit enthülle die Wahrheit? Jetzt tat sie es mit großer Eile, denn selbst Innozenz der Blinde hatte die Wahrheit, wer Roms erster Künstler war, nicht länger ignorieren können. Erst hatte der Papst ihm den Auftrag für den Brunnen gegeben, und vorübergehend stellte Spada ihm sogar die Leitung der Lateranbaustelle in Aussicht. Was für ein Triumph! Um ihn richtig auszukosten, hatte Lorenzo die Nachricht in der ganzen Stadt verbreiten lassen.
    Mit solchen Gedanken im Kopf konnte er sich nur mit Mühe auf seine Arbeit konzentrieren. Doch er hatte allen Grund, seine Sinne zusammenzunehmen. Nur ungern verdrängte er die beglückende Vorstellung, wie Borromini auf die Gerüchte reagiert haben mochte, und verglich Donna Olimpias Profil mit seiner Zeichnung. Diese Frau war die heimliche Königin der Stadt: Sie entschied, was der Papst beschloss. Wenn es ihm gelang, ihre Gunst zurückzuerobern, würde bald alles wieder seine gute alte Ordnung haben. Da er ihre Raffgier kannte, hatte er ihr, um die Dinge zu beschleunigen, nach dem Smaragdring auch das Silbermodell des Brunnens geschenkt, und sie hatte es gerne angenommen, verbunden mit dem Wunsch, dass er ihr Bild in Marmor verewige. Nichts lieber als das! Er hatte einmal ihren Unwillen provoziert – ein zweites Mal würde ihm das nicht passieren.
    »Ich bin mir sicher«, sagte sie, »Sie machen Ihre Sache vielbesser als dieser Algardi. Um ehrlich zu sein, die Büste, die Ihr Kollege von mir angefertigt hat, hat mir nie recht gefallen.«
    »Ohne Algardi schmähen zu wollen, Eccellenza, sein Fehler war es, allein die Würde Ihrer Erscheinung zu betonen, ohne deren Liebreiz wiederzugeben. Ein ebenso unverständlicher wie unverzeihlicher Fehler.«
    »Ach, Cavaliere!« Sie seufzte. »Können Sie denn Liebreiz entdecken?«
    »Ich gebe zu, es kostet mich Mühe«, erwiderte er, um nach einer wohlbedachten Pause hinzuzufügen: »Doch nur, weil der Liebreiz mich in solcher Fülle überflutet, dass mein Auge vom Glanz des vielen Lichtes zu erblinden droht.«
    Der irritierte Ausdruck, der für eine Sekunde über ihr Gesicht gehuscht war, wich einem seligen Strahlen.
    »Ich glaube, Signor Bernini, man muss Künstler sein, um

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