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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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erwiderte ich.
    »Glaubst du, das Wesen könnte dich von irgendwoher kennen?«
    »Möglich ist es.«
    Da rückte sie von mir ab.
    »Du brauchst keine Angst zu haben«, sagte ich. »Ich werde dir nicht weh tun.«
    »Ich habe aber Angst, und du
wirst
mir weh tun!« sagte sie. »Ich weiß es! Aber ich sehne mich nach dir! Warum sehne ich mich nur nach dir?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Dort draußen ist etwas!« sagte sie, und in ihrer Stimme lag ein Hauch von Hysterie. »Es ist schon ganz nahe! Ganz nahe! Hör doch!«
    »Halt den Mund!« sagte ich, während sich in meinem Nacken ein kaltes Kribbeln bemerkbar machte und sich um meinen Hals zog. »Geh auf die andere Seite des Zimmers, hinter das Bett!«
    »Ich fürchte mich vor der Dunkelheit«, sagte sie.
    »Los, geh schon, sonst muß ich dich bewußtlos schlagen und hinschleifen. Hier bist du mir nur im Weg!«
    Ich hörte ein schweres Klatschen durch den Lärm des Unwetters, und dann kratzte etwas über die Mauersteine; Lorraine hatte mir gehorcht.
    Im nächsten Augenblick blickte ich in zwei glutrote Augen, die mich starr ansahen. Hastig senkte ich den Blick. Das Wesen stand auf dem äußeren Fenstersims und sah mich an.
    Das Geschöpf war gut sechs Fuß groß; riesige Fühler entsprangen der breiten Stirn. Es trug keine Kleidung; das Fleisch hatte eine einheitliche graue Färbung. Das Wesen schien geschlechtslos zu sein und besaß ledriggraue Flügel, die über eine große Spannweite verfügten und mit der Nacht verschmolzen. In der rechten Hand hielt es ein kurzes Schwert aus dunklem Metall. Die Klinge war mit seltsamen Runenzeichen bedeckt. Mit der linken Hand klammerte sich das Wesen am Fenster fest.
    »Betreten auf eigene Gefahr!« sagte ich laut und richtete Grayswandirs Spitze auf die Brust des Wesens.
    Das Geschöpf kicherte. Es stand über mir und kicherte und lachte mich an. Es versuchte noch einmal meinen Blick in seinen Bann zu ziehen, doch ich wehrte mich. Wenn es mir eine Zeitlang in die Augen starrte, mußte es mich erkennen, wie es schon der Höllenkatze gelungen war.
    Als der nächtliche Besucher das Wort ergriff, hörte es sich an, als spräche er mit Posaunenklängen.
    »Du bist nicht der Gesuchte«, sagte das Wesen. »Du bist kleiner und älter. Trotzdem ... die Klinge ... Sie könnte ihm gehören. Wer bist du?«
    »Wer bist du?« fragte ich zurück.
    »Strygalldwir ist mein Name. Wenn du in diesem Namen fluchst, fresse ich dein Herz und deine Leber.«
    »In deinem Namen fluchen? Ich kann ihn ja nicht mal aussprechen«, erwiderte ich, »und meine Leberzirrhose würde dir nur Durchfall verursachen. Verschwinde!«
    »Wer bist du?« wiederholte es.
    »
Misli, gammi gra´adil, Strygalldwir«,
sagte ich, und das Wesen zuckte wie von einem glühenden Brandeisen getroffen zusammen.
    »Mit einem so einfachen Zauberspruch willst du mich vertreiben?« fragte es, als es sich wieder gefangen hatte. »Ich gehöre nicht zu den kleinen Fischen!«
    »Trotzdem schien dir eben ein bißchen heiß zu werden.«
    »Wer bist du?« fragte es noch einmal.
    »Sag mir, was du willst, Bursche. Vögelchen, Vögelchen, flieg zurück nach Hause ...«
    »Viermal muß ich dich fragen, viermal mußt du die Antwort verweigern, ehe ich eindringen darf, um dich zu töten. Wer bist du?«
    »Nein!« sagte ich und stand auf. »Komm herein und brenne!«
    Im nächsten Augenblick riß der Eindringling die Fensterfüllung heraus, und der Wind, der den Angreifer ins Zimmer begleitete, ließ die Kerze verlöschen.
    Ich stürzte vor, und Funken sprühten zwischen uns, als Grayswandir auf das dunkle Runenschwert traf. Die Klingen klirrten zusammen, und ich sprang zurück. Meine Augen hatten sich an das Halbdunkel gewöhnt, so daß mich der Lichtverlust nicht blendete. Das unheimliche Geschöpf vermochte ebenfalls gut zu sehen. Es war kräftiger als ein normaler Mensch, aber da das auch auf mich zutraf, machte es mir nichts aus. Wir umkreisten uns in dem engen Zimmer. Ein eiskalter Wind umtoste uns, und als wir wieder am Fenster vorbeikamen, klatschten mir kalte Tropfen ins Gesicht. Als ich das Wesen zum erstenmal verletzte – mit einem langen Schnitt in die Brust –, blieb es stumm, obwohl die Wundränder von winzigen Flammen bekränzt waren. Beim zweiten Stich – in den Oberarm – stieß es einen Schrei aus und begann mich zu verfluchen.
    »Heute abend sauge ich dir das Mark aus den Knochen!« sagte es. »Ich werde sie trocknen und voller Raffinesse zu einem Musikinstrument umgestalten! Und

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