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Die Prinzen Von Irland

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Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Palmer und seiner Frau. Sogar Una, die es gut mit ihr meinte,
aber immer versuchte, sie zu zähmen, hatte sie gelangweilt. In ihrer Gegenwart
fühlte Fionnuala sich wie ein hochgezüchtetes Rennpferd, das man zwingt, einen
schweren Wagen zu ziehen.
    Auch die Dubliner
Jungs oder die Männer im Hospiz, mit denen sie schäkerte, hatten sie im Grunde
nur angeödet. Als jedoch Gilpatricks Freund, der Waliser Ritter, in ihrem Elternhaus
aufgetaucht war, hatte sie sofort gedacht, er sei der bestaussehende junge
Mann, den sie bisher gesehen habe. Und sie hatte sofort gewusst, dass er
derjenige war, der ihr die Tore zu großen Abenteuern öffnen könnte.
    »Waliser«, nannte sie
ihn, wie es auch ihr Vater getan hatte. »Mein Waliser.« Sie kannte jede Locke
seines Haars, jeden Zentimeter seines stolzen jungen Körpers. Hinzu kam der
Nervenkitzel der Heimlichkeit. Zu wissen, dass sie ihre Umgebung täuschte,
steigerte ihre Erregung, wenn sie sich auf den Weg zu ihrem Stelldichein
machte. Die Gewissheit, geradewegs aus seinem Bett zu kommen, während Una ihrer
ernsthaften Arbeit nachging, erfüllte die Morgenstunden im Hospiz mit Licht und
Leben.
    Drei Tage nach der
gescheiterten Mission ihres Bruders beim Hochkönig sah Fionnuala, als sie am
Eingang des Hospizes stand, Una vom westlichen Stadttor herbeieilen. Es war kurz
vor zwölf. Fionnuala hatte die Nacht zuvor mit Peter in der Nähe des Quais
verbracht und war wie üblich am frühen Morgen ins Hospiz gekommen. Vor einer
Stunde war Una für eine Besorgung in die Stadt gegangen. Jetzt hastete sie
zurück, als wäre sie von einer Biene gestochen worden.
    »Wen treffe ich,
nachdem ich in der Kathedrale war, um ein Gebet für meine arme Familie zu
sprechen – und auch fürdich, Fionnuala? Niemand anderen
als deinen Vater.« Una zerrte Fionnuala zur Ecke des Siechenhauses, wo sie
nicht belauscht werden konnten. »Und er sagt zu mir: ›Es ist gut, dass Fionnuala
so viel Zeit im Hospiz verbringt. Da sie aber letzte Nacht bei dir war, konnte
ich ihr nicht sagen, sie möge heute Abend früh nach Hause kommen. Wir haben
Gäste. Wirst du ihr das ausrichten?‹ Und da stehe ich wie eine Idiotin und sage:
›Ja, guter Gilpatrick, das werde ich tun.‹ Beinahe wäre mir rausgerutscht, dass
du gar nicht im Hospiz warst.« Sie starrte Fionnuala mit weit aufgerissenen
Augen tadelnd an. »Wenn du also nicht hier und nicht dort warst, wo warst du dann
in Gottes Namen?«
    »Ich war woanders.«
    »Spiel keine
Spielchen mit mir, Fionnuala.« Una stieg die Zornesröte ins Gesicht. Forschend
sah sie ihre Freundin an. »Du willst doch nicht sagen… Oh Gott, Fionnuala,
warst du bei einem Mann?«
    »Kann schon sein.«
    »Bist du von Sinnen?
Um Himmels willen, wer ist es?«
    »Das sage ich nicht.«
    Die Ohrfeige traf
Fionnuala so überraschend, dass sie fast ins Wanken geriet. Sie schlug zurück,
doch Una war darauf vorbereitet und fing ihre Hand ab.
    »Du kindische
Närrin!«, rief Una.
    »Du bist nur
eifersüchtig.«
    »Das sieht dir
ähnlich, so etwas zu denken. Machst du dir keine Gedanken, was aus dir werden
soll? Keine Sorgen um deinen Ruf und deine Familie?«
    Fionnuala wurde rot.
Sie spürte, wie allmählich Wut in ihr hochstieg.
    »Wenn du weiter so
schreist«, zischte sie ärgerlich, »wird es ohnehin ganz Dublin wissen.«
    »Du musst damit
aufhören, Fionnuala.« Una flüsterte jetzt beinah. »Du musst sofort damit
aufhören. Ehe es zu spät ist.«
    »Vielleicht ja.
Vielleicht auch nicht.«
    »Ich sage es deinem
Vater. Er wird dafür sorgen, dass du aufhörst.«
    »Ich dachte, du wärst
meine Freundin.«
    »Bin ich ja. Genau
darum werde ich es ihm sagen. Um dich vor dir selbst zu schützen.«
    Fionnuala war still.
Ganz besonders störte sie der herrische Ton ihrer Freundin. Wie konnte sie es
wagen, so über sie zu bestimmen?
    »Wenn du mich
verrätst, Una«, sprach sie langsam, »bringe ich dich um.« Sie hatte es so ruhig
und mit solchem Nachdruck gesagt, dass Una bleich wurde. Fionnuala sah sie unverwandt
an. Meinte sie es ernst? Sie wusste es selbst nicht genau. Aber sie spürte,
dass ihre Drohung nichts nutzte.
    Dann senkte sie den
Blick und stöhnte. »Oh, es ist so hart, Una.«
    »Ich weiß.«
    »Ich werde ihn nicht
mehr sehen, Una. Bestimmt.«
    »Versprichst du es
mir?«
    »Ich verspreche es,
Una. Ich gebe ihn auf. Ich verspreche es.«
    Dann umarmten die
beiden Mädchen sich, weinten beide. Una murmelte: »Ich weiß, ich weiß.« Und
Fionnuala dachte, du weißt überhaupt nichts,

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