Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Prinzen Von Irland

Die Prinzen Von Irland

Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
Vom Netzwerk:
die
Wächter an den irischen Vorposten, dass Fionnuala das Hospiz verließ und wie üblich
durch das Westtor in die Stadt kam. Da sie jedoch das Südtor nicht im Blick
hatten, wussten sie nie, wie lange sie sich in Dublin aufhielt, bis sie nach
Hause ging; und daher hatten sie keine Ahnung, dass sie auf dem Weg zu Peters Unterkunft
war und dort fast bis zum Einbruch der Dunkelheit blieb – bis der
Beobachtungsposten in der Nähe ihres Elternhauses sie zum Südtor hinausgehen
und nach Hause laufen sah.
    Es war fast dunkel,
als die Wachposten auf der Westseite beobachteten, dass Fionnuala mit dem
safranfarbenen Schal, den sie sich um den Kopf geschlungen hatte, zum Hospiz zurückkehrte. Es war ungewöhnlich, dass sie es am selben Tag verließ
und dorthin zurückkehrte, doch sie sahen sie in den Hof des Hospizes gehen und
dachten nicht weiter darüber nach. Daher waren sie am nächsten Abend verblüfft,
als sie sie wieder zum Siechenhaus gehen sahen. »Hast du sie heute nach Dublin
zurückgehen sehen?«, fragte ein Wächter seinen Kollegen. Dann zuckte er die
Achseln. »Ich muss sie übersehen haben.« Im Morgengrauen des nächsten Tages
huschte sie vom Hospiz zurück zum Westtor. Doch eine Stunde später machte sie
denselben Weg noch einmal. Das war schier unmöglich. Die Wachen folgerten, dass
da etwas Merkwürdiges im Gange war. Sie beschlossen, sie genauer zu beobachten.
    * * *
    Als Peter am ersten Abend das Siechenhaus
erreicht hatte, war er durch das Tor geeilt und dann mit dem Rücken am Zaun niedergesunken.
Niemand konnte ihn sehen. Um diese Uhrzeit befanden sich alle Insassen im Haus.
Er nahm den Schal vom Kopf und wartete. Langsam senkte sich die Dunkelheit über
ihn. Zu dieser Sommerszeit war es nur etwa drei Stunden richtig dunkel. Am
Himmel zogen dichte Wolken, und der Mond schimmerte nur ab und zu hindurch. Das
war gut. Er brauchte ein wenig Licht, aber nicht zu viel. Er wartete dort bis
nach Mitternacht, ehe er sich von der Stelle rührte.
    Jenseits des Hospizes
verlief die breite Trasse der alten Straße, Slige Mhor, die nach Westen führte.
Nach einer knappen Meile wurde sie von einem großen Truppenkontingent blockiert.
Er wollte die Slige Mhor völlig meiden. Er wusste, dass sich an der anderen,
dem Fluss zugewandten Seite des Hospizes ein schmales Tor befand. Er schlich um
das Haus herum und trat hinaus. Vor ihm lag offenes Land mit vereinzelten
Büschen, das sich bis zum sumpfigen Ufer des Flusses erstreckte. Mit viel Glück
könnte es ihm in der Dunkelheit gelingen, sich bis dahin durchzustehlen.
    Er brauchte eine
Stunde – vorsichtig suchte er sich seinen Weg und bewegte sich nur, wenn der
Mond hinter Wolken verschwunden war –, bis er das irische Lager, das beidseits der
Straße lag, hinter sich gelassen hatte. Danach konnte er schneller, aber stets
sehr behutsam am Ufer entlang vorrücken, bis er zu der Stelle kam, wo er
gegenüber das Feldlager des Hochkönigs vermutete. Auf einem etwas
vorspringenden Abhang, wo er sich zwischen Büschen versteckte, richtete er sich
darauf ein, die restliche Nacht auszuharren.
    Am nächsten Tag
entdeckte er das Lager des Hochkönigs nur etwa eine halbe Meile flussaufwärts.
Früh am Morgen sah er Spähtrupps ausschwärmen. Wenige Stunden später kehrten
sie zurück. Und kurz darauf beobachtete er, dass mindestens Hundert Mann ins
Wasser gingen, wo sie ausgiebig badeten. Spielerisch warfen sie einen Ball hin
und her. Als sie alle wieder ans Ufer geklettert waren, sah er die Sonne auf ihren
nassen nackten Körpern glitzern.
    Den Rest des
Vormittags hockte er in seinem Versteck. Er hatte einen halben Brotlaib dabei
und eine kleine lederne, mit Wasser gefüllte Feldflasche. Sorgsam prägte er
sich das umliegende Gelände ein. Das würde lebenswichtig sein, sollte er seinen
weiteren Plan ausführen können. Eine Stunde später verließ er sein Schlupfloch,
um vorsichtig über einige Wiesen bis zu einer bewaldeten Anhöhe zu schleichen.
Erst am Abend, als er wieder in sein Versteck schlüpfte, war er überzeugt, dass
sein Plan funktionieren könnte. Erst bei vollständiger Dunkelheit machte er
sich auf den Rückweg zum Hospiz. Es berührte ihn seltsam, am Tor des
Siechenhauses zu warten, da er wusste, dass Fionnuala hier in dieser Nacht nur wenige
Meter von ihm entfernt arbeitete; dennoch harrte er bis zum Morgengrauen aus,
um dann endlich, in seinen Schal gehüllt, an den irischen Vorposten, die ihn
für Fionnuala hielten, vorbeizugehen. Im Laufe des Vormittags

Weitere Kostenlose Bücher