Die Prinzen Von Irland
von
Wölfen zu hören.
Im ersten grauen
Schimmer der Morgendämmerung erwachte Deirdre und fröstelte. Ein kalter
feuchter Wind war aufgekommen. Conall war bereits wach und nickte ihr zu.
»Bald wird es regnen.
Das ist gut, denn nun haben wir ein ganzes Stück weit offenes Land zu
durchqueren.«
Der Regen war nicht
heftig, aber er hielt den ganzen Vormittag an und verbarg sie vor neugierigen
Blicken, während sie einer Straße folgten, die erst durch offenes Gras– und
Heideland führte, bevor sie sich einen langgestreckten Hang hinaufzog.
Beiderseits des Weges tauchten Bäume auf, die Straße begann sich in Kurven zu
winden, und Deirdre erkannte erleichtert, dass sie die Slieve–Bloom–Mountains
erreicht hatten. Bald hörte es auf zu regnen, und von den gelegentlich
aufragenden Felsauswüchsen hatten sie eine herrliche Aussicht auf das Land, das
sich unter ihnen dehnte. Sie waren hungrig und machten Rast. Als sie
aufgebrochen waren, hatte Deirdre Brot eingepackt. Nun saßen sie an einem
kleinen Bergbach, verzehrten die Reste und tranken Wasser aus dem Bach, das
wunderbar süß schmeckte.
»Von hier aus«,
meinte Conall, »können wir den Waldwegen bis tief nach Munster folgen und sogar
bei Tage reiten.«
»Und wovon sollen wir
satt werden, wenn ich fragen darf?«
»Vorhin habe ich
einen Hasen gesehen«, sagte er. »Haselnüsse werden dich bei Kräften halten. In
den Flüssen gibt’s Fische, in den Wäldern Hirsche und Rehe. Ich könnte bei
einem der Bauernhöfe anklopfen, den Leuten sagen, ich sei ein armer
Wandersmann, und sie um eine Krume Brot bitten.«
»Dann solltest du
besser nicht diesen Mantel tragen«, sagte sie und lachte. »Es ist der Mantel
eines Prinzen.«
Und als Conall an
seinem Umhang, seinem kostbaren Stoff und Pelzbesatz herabsah, wurde ihm klar,
wie Recht sie hatte.
»Was bin ich doch für
ein Narr«, rief er aus. Kopfschüttelnd trat er zu einem der Packpferde und
holte eine leichte Axt aus seinem Bündel. Dann kratzte er von einer
unbewachsenen Stelle hinter einem Baum etwas Laub zur Seite und begann eine
flache Grube auszuheben. Es dauerte nicht lange, bis er ein Loch ausgehoben
hatte, das tief genug war, um den Mantel zu verbergen, dann deckte er ihn mit
Erde zu und breitete wieder das Laub darüber. Mit seinem Werk zufrieden, kehrte
er zurück, verstaute die Axt und lächelte.
Plötzlich machte er
ein besorgtes Gesicht.
»Was hast du?«,
fragte sie.
»Ach, nichts«,
antwortete er. »Nichts von Bedeutung. Sollen wir weiterreiten?«
Aber dann fielen ihr die drei gessa ein,
von denen ihr Vater erzählt hatte.
Conall
soll nicht sterben, bevor er
erstens sein eigenes Gewand beerdigt hat,
zweitens bei Sonnenaufgang das Meer überquert hat,
drittens durch einen schwarzen Nebel nach Tara gelangt ist .
Soeben hatte er den
ersten geis übertreten.
*
* *
Bisher
hatte Conall noch keinen einzigen Annäherungsversuch unternommen. Gewiss, sie
befanden sich auf der Flucht. Aber er hatte sie noch nicht einmal auch nur
berührt. Deirdre fragte sich, ob sie etwas unternehmen, ihn ermuntern sollte. Also
stellte sie sich mit dem Rücken vor ihn hin und wartete darauf, dass er seine
Arme um sie legte. Oder sie baute sich direkt vor ihm auf und wartete darauf,
einen Kuss zu erhalten. Aber er lächelte sie nur an.
Sie erinnerte sich,
dass ihre Mutter einmal bemerkt hatte: »Alles, was man bei einem Mann braucht,
ist Zeit und ein gutes Essen.« Daher fasste sie neue Hoffnung, als Conall,
während sie über die Höhenwege der Slieve–Bloom–Mountains zogen, ankündigte:
»Morgen werde ich fortgehen und mich nach etwas Essbarem umsehen.«
Tatsächlich brach er
in aller Frühe auf, ließ sie mit dem letzten Rest Brot zurück und versprach,
gegen Abend wieder zurückzukehren. Die Sonne schien, und Deirdre genoss die
herrliche Aussicht. Nur das Zwitschern der Vögel war zu hören. Die Sonne sank
bereits dem Horizont entgegen, als Conall wieder
erschien. Er hatte einen Beutel voll Brot, Weizen fladen und anderer Verpflegung in der Hand und
schien mit sich zufrieden zu sein.
»Das habe ich auf
einem Bauernhof bekommen«, erklärte er. »Ich gab mich als Bote aus, der auf dem
Weg zum König von Leinster sei.«
Sie speisten gut an
diesem Abend. Conall zündete ein kleines Feuer an. Als es munter prasselte,
streckte Deirdre sich zufrieden daneben aus. Der Feuerschein umspielte ihr
Gesicht. Sie lächelte ihn an. Aber Conall lächelte nur zurück, gähnte, sagte,
es sei ein langer Tag gewesen,
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