Die Probe (German Edition)
Kenntnisse von Laurens Familie und Beziehungen geschickt einzusetzen. Die Tatsache, dass Dr. Griffith in Wirklichkeit Hogan hieß und ihr Ehemann Ryan mit der Schließung der Saitou Goldmine in Brasilien zu tun hatte, schien Vidal neu zu sein. Er konnte seine Überraschung nur schlecht verbergen, als er davon hörte.
»Eine Tragödie für die Familie«, bemerkte Vidal trocken, und Kichi verstand, dass auch dies wieder eine Frage war.
»Es gibt keine große Familie mehr. Dr. Griffiths Eltern sind beide gestorben, und Geschwister hat sie keine. Von den Hogans gibt’s nur noch die greise Mutter und einen Bruder, Michael, der in Zürich lebt. Ein Banker.« Ein zufriedenes Lächeln huschte über das Gesicht seines Gegenübers. Er schöpfte wieder Hoffnung, doch noch ungeschoren davonzukommen.
»Das sind interessante Neuigkeiten, Suzuki-san. Ich danke Ihnen.« Das Verhör war beendet. Er sprang auf und entfernte sich nach einer respektvollen Verbeugung.
Vidal blickte ihm gedankenverloren nach. Die geheimnisvolle Dr. Hogan-Griffith hatte also einen Schwager in Zürich. Er glaubte, den Namen Hogan schon einmal in anderem Zusammenhang gehört zu haben, im Zusammenhang mit seinen Bankgeschäften. Ohne sich um die Zeitverschiebung zu kümmern, wählte er Francescas Nummer. Als seine persönliche Betreuerin stand sie ihm vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche zur Verfügung, genau wie seine Angestellten.
»Monsieur Vidal, was kann ich für Sie tun?«, meldete sich ihre verschlafene Stimme nach langem Klingeln.
»Miss Bassi, entschuldigen Sie das schlechte Timing, aber ich habe eine dringende Frage, die Sie wahrscheinlich sofort beantworten können.«
»Wie Sie meinen, jederzeit gerne«, kam die vorsichtige Antwort.
»Es geht um unser Finanzgenie. Hogan war doch sein Name?«
»Ja, Michael Hogan. Ist etwas nicht in Ordnung?«
»Nein, alles bestens«, beruhigte er. »Michael Hogan. Ist es möglich, dass er einen Bruder namens Ryan hat?«
»Ja, er ist vor kurzem gestorben, ein tragischer Unfall – woher kennen Sie ihn?« Er lächelte zufrieden. Sie hatte ihm eben einen einfachen und sicheren Zugang zu Dr. Griffith geöffnet.
»Nicht so wichtig. Ich interessiere mich für die Arbeit seiner Schwägerin, Dr. Lauren Griffith, so nennt sie sich doch, nicht wahr?«
»Ja, ich kenne sie.« Er klopfte sich innerlich auf die Schulter. Diese Miss Bassi war in zweierlei Hinsicht Gold wert, daher beschloss er, sie noch etwas enger an sich zu binden. In vertraulichem Ton sagte er:
»Francesca, ich darf Sie doch so nennen?« Eine kurze Pause entstand, bevor sie schließlich etwas unsicher antwortete:
»Selbstverständlich – Monsieur.«
»Louis. Nennen Sie mich einfach Louis. Also, Francesca ...« Er ließ sich ihren Namen auf der Zunge zergehen. »würden Sie mir eine große Bitte erfüllen?«
»Kommt drauf an«, lachte sie, wieder mit der gewohnten Selbstsicherheit.
»Keine Angst, nichts Unanständiges. Wir überlegen uns, einen ansehnlichen Betrag in die Forschung Dr. Griffiths zu investieren, daher möchte ich möglichst genau und ungefiltert über ihre Arbeiten informiert sein. Wenn Sie also über Ihre Beziehungen und Arbeiten mehr erfahren könnten, wäre ich sehr dankbar.« Diesmal dauerte die Pause etwas länger. Musste er mehr Druck aufsetzen? Er wartete, und als sie antwortete, entspannte er sich.
»Ich – habe leider keinen besonders dicken Draht zu Lauren, aber vielleicht lässt sich etwas über Michael erfahren. Ich werde auf jeden Fall Augen und Ohren offen halten – Louis.«
»Ausgezeichnet, Sie werden es nicht bereuen.« Die Kombination von Charme und viel Geld war noch immer seine zuverlässigste Waffe.
Roxby Downs, Australien
Unwillkürlich duckte sich der schlaksige junge Mann hinter einem niedrigen Eukalyptusbusch, als er zwei bullige Kerle aus dem Gebäude kommen sah. Er hatte eine Zeitlang unschlüssig gewartet und gehofft, die Frau würde wieder auftauchen. Nachdem ihm der Wirt seiner Stammkneipe die Story der rassigen Fremden erzählt hatte, wollte der Lange Pete O’Connor unbedingt so schnell wie möglich mit ihr reden. Gut möglich, dass sie eine Journalistin war, der er einiges über die wirklichen Pläne der allmächtigen Firma Saitou erzählen könnte. Aber sie war schon ausgeflogen. Er war ihr auf der Strasse zur Mine nachgefahren und hatte sie wohl nur dank der weithin sichtbaren Staubwolke gefunden, die ihr Wagen auf der Wüstenpiste aufwirbelte.
»Was zum Teufel ...«
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