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Die Probe (German Edition)

Die Probe (German Edition)

Titel: Die Probe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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und er kannte einen Weg, wie man an den Wachen vorbei aufs Gelände kam. Es kostete ihn keine zehn Minuten, zum Container zu gelangen. Vorsichtig spähte er um die Ecke zum Lastwagen. Kein Zweifel, mit diesem Gefährt hatten die Männer die Frau transportiert. Da niemand zu sehen war, wagte er sich bis zur Tür vor. Vielleicht fände er einen brauchbaren Hinweis in der Führerkabine oder auf der Ladefläche. Er fasste an den Türgriff, als ihn ein scharfer Ruf wie ein Peitschenhieb in seinem Rücken zusammenfahren ließ:
    »Was machen Sie da?« Panik ergriff ihn. Unwillkürlich duckte er sich, sprang um den Wagen herum in Deckung und rannte davon. »Halt, oder ich schieße!« Er hörte nicht darauf, doch im nächsten Augenblick lag er auf dem Boden, wälzte sich stöhnend im Staub. Ein stechender Schmerz durchzuckte ihn. Sein rechter Oberschenkel brannte wie Höllenfeuer. Seine Hand fuhr ans Bein, aber er zog sie augenblicklich wieder zurück. Die Hose war nass, die Handfläche blutverschmiert. Entsetzt und halb ohnmächtig vor Schmerz begriff er, dass ihm sein Verfolger kaltblütig ins Bein geschossen hatte.
    »Keine Ohren im Kopf, Arschloch?«, fluchte eine rauchige Stimme über ihm. Es war das Letzte, was er hörte, bevor er die Besinnung verlor.
    Pulsierende Stiche in seinem Bein weckten ihn. Ihm war speiübel. Der widerlich saure Gestank von Erbrochenem stieg ihm in die Nase. Mühsam öffnete er die Augen, versuchte zu fokussieren, aber da war nichts als schwarze Nacht. Er lag mit dem Bauch auf kaltem Metall, die Hände auf den Rücken gefesselt. Auch die Füße hatte man zusammengebunden. Kraftlos fielen ihm die Augen wieder zu. Nicht nur das Bein schmerzte bei jedem Pulsschlag, auch den Kopf durchzuckte jedes Mal ein greller Blitz. Unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen. Mit einem undeutlichen, wütenden Schmerzenslaut versuchte er, sich auf den Rücken zu wälzen. Vergeblich, seine Kraft reichte nur, um seinen Kopf auf die andere Seite zu drehen.
    »Hallo, jemand da?«, keuchte er ohne Hoffnung auf eine Antwort.
    »Willkommen in der Hölle«, sagte eine weibliche Stimme in der Dunkelheit. Ein freudiger Schreck durchfuhr ihn und löste ein kleines Gewitter in seinem Kopf aus. Die Frau, sie lebt!
    »Wer – sind Sie? Wo sind wir?«, stammelte er.
    »Und wer sind Sie?«, fragte sie vorsichtig.
    »Pete, Bohnenstange mit roter Perücke, falls wir uns mal sehen.« Er erzählte ihr, wer er war und was er beobachtet hatte, worauf sie sich wesentlich freundlicher vorstellte.
    »Ich bin Daisy Hayman von der UNEP. Ich wollte eigentlich nur die Pläne für den Ausbau der Mine verifizieren, aber da hat wohl jemand etwas dagegen, wenn man sich gründlich umschaut.«
    »Sie sind in offizieller Mission hier? Das ist der absolute Hammer. Jetzt sind sie dran. Aus diesem Schlammassel können die sich auch mit den besten Anwälten nicht herausreden, einmal abgesehen davon, dass sie mich ins Bein geschossen haben.«
    »Sie sind verwundet?«, fragte sie erschrocken. »Haben Sie Schmerzen? Mein Gott, das ist gefährlich.«
    »Halb so wild«, versuchte er sich selbst zu beruhigen. »Es brennt zwar höllisch, aber ich glaube, sie haben das Bein verbunden. Jedenfalls scheint das Blut einigermaßen gestillt zu sein. Vielleicht nur ein Durchschuss.« Die Unterhaltung strengte ihn über Gebühr an, aber er mobilisierte seine letzten Reserven, um weiterzumachen. Je länger er darüber nachdachte, desto klarer erkannte er, dass sie so schnell wie möglich fliehen mussten. Er sah nur einen Weg, wie die Leute hier sich aus dieser Affäre ziehen könnten, sie müssten sie beide spurlos verschwinden lassen. Er wunderte sich allmählich, weshalb sie es nicht schon getan hatten, oder waren sie auf dem Weg dazu? Was war das hier, wo waren sie, verdammt noch mal?
Osaka
    Frierend und mit starkem Herzklopfen schreckte Renate hoch. Verwirrt von einem Alptraum, an den sie sich schon nicht mehr erinnerte, ihr Körper feucht vom kalten Schweiß, betrachtete sie das zerwühlte Bett. Das erste Licht des Tages schimmerte durch das Gartenfenster ins Zimmer. Sie zog den Morgenmantel über und braute sich eine doppelte Tasse starken Espressos, noch bevor sie in die Dusche stieg. Mit dem Erwachen ihrer Lebensgeister kehrten allmählich auch die Sorgen und Zweifel zurück, die sie gestern vor der unruhigen Nacht geplagt hatten. Den ganzen Tag hatte sie vergeblich versucht, ihre Freundin zu erreichen. Die Vorfreude aufs Wiedersehen hatte sich bis zum

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