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Die Probe (German Edition)

Die Probe (German Edition)

Titel: Die Probe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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Pete traute seinen Augen nicht. Die Männer schleppten ein Paket in den Lastwagen, das ganz nach einem menschlichen Körper aussah, mit einem schwarzen Sack über dem Kopf. Die Frau! Was war in diesem Betonbunker geschehen? Sein Herz schlug wie wild. Er hatte schon manch brenzlige Situation auf Demonstrationen erlebt, aber hier im Outback, allein mit potenziellen Mördern, war guter Rat teuer. Der Lastwagen wendete und fuhr mit hoher Geschwindigkeit auf der Zufahrtsstrasse nach Norden. Das Tor zum eingezäunten Areal blieb offen. Die hatten es offenbar außerordentlich eilig. Ohne sich weiter um Deckung zu kümmern, rannte Pete ins Tal hinunter zum Gebäude, das ihm nun wie ein drohendes Mahnmal erschien. Aufgeregt rüttelte er an der Tür, polterte mit den Fäusten gegen die Stahlplatte. »Hallo, jemand da?«, schrie er, so laut er konnte, doch nichts rührte sich. Es dauerte eine Weile, bis er auf die naheliegendste Idee kam: er drehte den Türknauf. Vorsichtig öffnete er die schwere Metalltür einen Spalt und rief ins Dunkel. Keine Reaktion, das Gebäude schien verlassen. Er stieß sie vollends auf, um etwas Licht ins Innere zu lassen und trat ein. Seine Augen brauchten einige Sekunden, um sich vom grellen Sonnenlicht an die Finsternis zu gewöhnen, aber langsam nahm das Innere des Gebäudes Konturen an, und er fand einen Lichtschalter.
    Er befand sich in einem Vorraum, von dem eine enge, eiserne Wendeltreppe steil nach unten führte. Neben einem Berg Kies lagen Zementsäcke. ein Pickel lehnte an der Wand, und in einem Sandhaufen steckte eine Schaufel, sonst war der Raum leer. Das ganze Gebäude roch nach frischem Beton, es konnte noch nicht lange hier stehen. Selbst der Boden sah sauber und unbenutzt aus, als wäre er eben gegossen worden – außer einem kleinen, dunklen Fleck. Er trat näher. Sein Atem stockte. Frisches Blut! Fieberhaft suchte er nach weiteren Spuren einer Gewalttat, ohne etwas zu entdecken. Er zweifelte nicht daran, dass der Fleck von der Frau stammte. Sie schien wenigstens nicht viel Blut verloren zu haben, was immer das heißen mochte.
    Plötzlich fuhr er herum wie von der Tarantel gestochen. Es hatte laut geknackt neben dem Kieshaufen. Keine Bewegung. Er wartete eine Weile reglos, bevor er sich vorsichtig der Stelle näherte, aus der das Geräusch gekommen war. Als er das schwarze Kästchen erblickte, lachte er befreit auf. Ein Handy lag halb verdeckt zwischen zwei Säcken. Er zog es hervor und grinste. Eine neue Meldung , zeigte das Display an. Das elegante, kleine Gerät roch dezent nach Parfüm: das Telefon dieser Frau. Ohne sich weiter damit zu beschäftigen, steckte er es ein. Er suchte den Raum nochmals gründlich ab, fand jedoch nichts Neues.
    Wer war diese Frau? Hatten sie sie umgebracht? Er versuchte sich zu konzentrieren, einen vernünftigen Entschluss zu fassen, was er unternehmen sollte. Den Sheriff einschalten? Er kannte ihn und seine Leute nur allzu gut. Ohne handfeste Beweise würden sie ihn im besten Fall auslachen. Sie waren imstande, ihn wie schon mehrmals bei Kundgebungen zu filzen und wegen Hausfriedensbruch, Diebstahl oder Gott weiß was anzuzeigen. Einfach davonlaufen? Nein, ob es ihm gefiel oder nicht, es gab nur einen Weg. Er musste herausfinden, wo die Frau steckte, was sie mit ihr angestellt hatten. Bevor er das Gebäude verließ, warf er einen Blick die Treppe hinunter. Sie schien geradewegs in ein schwarzes Loch zu führen, jedenfalls war kein Ende des engen, senkrechten Schachts zu sehen. Ein Zugangsstollen. Die Scheißkerle haben einen illegalen Zugangsstollen gegraben , dachte er wütend und erfreut zugleich. Damit würde man sie drankriegen. Er musste sich beeilen, hatte schon zuviel Zeit verloren.
    In großen Sprüngen hetzte er den Abhang hinauf zu seinem Wagen und brauste so schnell es die Strasse zuließ zur Mine. Kurz vor der Absperrung bog er rechts ab und fuhr einen holprigen Weg hoch zum gewohnten Aussichtspunkt, von dem er den größten Teil des Geländes überblicken konnte. Hastig zerrte er das Fernglas aus dem Handschuhfach und begann, nach dem Lastwagen zu suchen. Zu seinem Glück hatten die Männer im Tal eine Art Militärlastwagen benutzt, dunkelgrün und sehr auffällig unter den gelben Firmenfahrzeugen, die dutzendweise im Areal umherfuhren. Nach einigem Suchen glaubte er, den Wagen gefunden zu haben. Nur sein Vorderteil war zu sehen, den Rest verdeckte ein rostbrauner Container mit der Aufschrift ›Dow Chemical‹. Er wollte Gewissheit,

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