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Die Prophetin vom Rhein

Titel: Die Prophetin vom Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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nach Bingen.«
    Sie drückte Theresa ein Kästchen in die Hand, das diese wortlos entgegennahm.
    »Schätze mal, es wird dort nicht gerade leicht werden für dich. Vermutlich kannst du das eine oder andere davon brauchen in deinem neuen Leben. Und wenn du etwas nicht verstehst, dann komm besser zu mir und frag!«
    Danach schickte sie Theresa zur Muhme, die wie ein verknitterter Waldkauz im Bett hockte und schon auf sie gewartet zu haben schien.
    »Pass gut auf dein Schätzlein auf!«, flüsterte die Alte und schien zu Theresas Verblüffung die Bitternis in ihrem Herzen genau zu spüren. »Nicht alle Männer sind Helden, auch wenn sie sich manchmal so aufführen. Kannst immer zurück zu uns, Mädchen. Das werd ich der da drüben schon beibringen.«
    Theresa drückte ihr einen Kuss auf die faltige Wange und musste dabei ein Schluchzen unterdrücken.
    Zu Theresas Glück folgte ihr die Graue auf dem Fuß. Sie ließ sich aus dem Haus am Brand nicht einmal mehr durch Adrian van Gents Fußtritte verscheuchen, obwohl
dort meist nicht einmal ein Schälchen Milch für sie abfiel, weil die guten Christen ja nichts essen duften, was durch einen Zeugungsakt entstanden war.
    Ausgerechnet Magota schien das Tier besonders ins Herz geschlossen zu haben, die griesgrämige Magota, die nicht müde wurde, die Graue gurrend zu locken und zu rufen, bis die Katze endlich nachgab und sich von ihr streicheln ließ. Als die Graue sich zum ersten Mal aus freien Stücken an Magotas Knöchel rieb, verschönte ein Strahlen die knochigen Züge.
    »Hast du das gesehen?«, rief sie schrill und klappte ihr Fischmaul aufgeregt auf und zu. »Ich glaube, sie mag mich.«
    Theresa ließ sie einfach stehen.
    Magota war eine bittere Pille mehr, die sie zu allen anderen zu schlucken hatte. Stets lag sie auf der Lauer, beobachtete argwöhnisch jeden von Theresas Schritten, um sofort wie ein Raubvogel zuzustoßen, wenn sie glaubte, wieder einen Verstoß entdeckt zu haben. Von morgens bis abends wurde sie nicht müde, die Jüngere zu belehren, wie sie sich zu kleiden habe, was sie essen dürfe, wie sie die anderen Gläubigen begrüßen solle, vor allem aber, welch tiefen Respekt sie Adrian als Prediger und Diakon der guten Christengemeinde schulde.
    »Am liebsten würdest du ihn wohl heiraten«, brach es eines Tages aus Theresa hervor, als ihr Magotas Ehrerbietung endgültig zu viel wurde. »Doch daraus wird leider nichts. Denn Adrian liebt nur eine Einzige: die Kirche der Liebe - und nicht dich.«
    Tiefes Rot überflutete Magotas Gesicht.
    »Nicht jeden plagen so sündhafte Triebe wie dich, die man wie die allerbilligste Hafenhure aus dem Bett seines frommen Neffen zerren musste«, parierte sie. »Aber damit ist es jetzt vorbei. Wer nicht lernt, auf sich selbst aufzupassen,
braucht einen Wächter, hat Adrian gesagt. Und dein Wächter bin ich, Theresa. Bis zum letzten Atemzug werd ich dich im Auge behalten. Was willst du überhaupt noch hier? Spürst du nicht, dass du verloren hast? Willem hat doch längst erkannt, mit wem er sich da eingelassen hat!«
    Sein Verhalten schien Magota recht zu geben, das musste Theresa insgeheim einräumen, auch wenn sich das Eingeständnis anfühlte, als würde sie barfuß in einen Scherbenhaufen treten. Wenn er überhaupt zu Hause war, benahm er sich eher wie ein höflicher Fremder auf Durchreise. Sie sprachen wenig miteinander, nur ab und zu geschahen kurze, heimliche Berührungen, die meist von ihr ausgingen. Rasch zog Willem sich danach wieder zurück, als habe er damit bereits eine verbotene Linie überschritten, obwohl es zu mehr als ein paar gestohlenen Küssen nicht gekommen war. Kein einziges Mal hatten sie die unvergessliche Liebesnacht wiederholen können, die damals so abrupt gestört worden war.
    Wollte Willem nicht, dass sie tat, wozu sie sich trotz ihrer Zusage doch nicht würde überwinden können? Oder traf Magotas gemeine Unterstellung doch zu?
    Theresa wartete und hoffte.
    Der Schnee war geschmolzen, der Fluss wieder schiffbar. Der Hafen war zu neuem Leben erwacht. Wein, Salz, Holz, Gewürze und vieles mehr gelangten auf dem Wasser nach Mainz. Überall in den engen Gassen spürte man das Leben kraftvoll pulsieren. Auch Bettler und Spielleute bekamen ein paar Kupfermünzen zugeworfen oder ein Stück Brot zugesteckt, weil alle wieder Hoffnung schöpften.
    Jetzt würden bald die großen Messen in Köln und in der Champagne abgehalten, eine Gelegenheit für Adrian, neue Waren einzukaufen und dabei gleichzeitig mit

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