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Die Prophetin vom Rhein

Titel: Die Prophetin vom Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Gefolgsleute des Wittelsbachers, die Freimut zögernd zu Fuß folgten. Der Ritter musste sich in höchster Eile auf sein Pferd geschwungen haben, denn er trug zwar den ledernen Gambeson, aber keine Brünne, als sei die Zeit zu kurz gewesen, sie anzulegen. Im Sonnenlicht sah Gero die bestickte Scheide an seiner Linken glänzen. Wenigstens sein Schwert führte er mit sich!
    »Im Namen von Heinrich, Herzog von Bayern und Sachsen, fordere ich euch auf, Frieden zu wahren!«, rief Freimut. »Nehmt den anderen Weg! Dann wird euch nichts geschehen.«
    »Im Namen des Bischofs von Freising: Räumt sofort diese Sperre beiseite!«, schrie der Fuhrmann. »Unser Weg
geht nach Feringa, wo schon das Bier aus Weihenstephan auf uns wartet. Dort werden wir die Isar überqueren - und sonst nirgendwo.«
    »Euer Weg führt durch herzogliches Gebiet«, wandte der Ritter ein. »Den Schutz vor Räubern erwartet ihr von eurem Landesherrn. Gebührt ihm da nicht mit Fug und Recht auch der Brücken- und Marktzoll? Einen besseren Herrn als Herzog Heinrich findet ihr nirgendwo. Nehmt also die neue Isarbrücke bei Munichen! Der kleine Umweg lohnt sich.«
    »Er scheint etwas mit den Ohren zu haben.« Ein riesiger Blonder mit breiten Schultern, den Dreschflegel bedrohlich schwingend, näherte sich Freimuts Stute. Ein Zweiter tat es ihm nach. »Vielleicht, weil er so hoch oben sitzt, während er mit uns spricht?« Der Blonde grinste breit. »Was sich ändern lässt.«
    Sie hieben zur gleichen Zeit zu. Die Stute stieg und stieß dabei ein schmerzerfülltes Wiehern aus. Nun schlugen die Dreschflegel von beiden Seiten auf den Ritter ein. Als sie ihn trafen, klang es wie ein Bersten. Freimut konnte sich nicht länger im Sattel halten und stürzte zu Boden. Sofort war der blonde Riese über ihm.
    »Die Mistgabel!«, schrie er und dachte dabei an die prallen Brüste der Salzsenderstochter. Wenn sie den Wagen heil nach Feringa brachten, würde Mariann mit ihrem Vater reden, das hatte sie ihm hoch und heilig versprochen. Die große Gelegenheit für ihn, die niemals im Leben wiederkam! Dafür war er noch zu ganz anderen Dingen bereit, als einem frechen Ritterlein beizubringen, dass er unrecht hatte. »Macht schon! Damit halt ich ihn noch ein Weilchen hier unten. Und ihr räumt einstweilen diese verfluchten Zweige und Stämme aus dem Weg!«
    Die Fuhrleute schienen bestens vorbereitet. Jeder Handgriff
saß. Im Nu flog trockenes Holz durch die Luft. Noch stand die Schranke, aber sie wurde zusehends wackeliger.
    Die groben, schmutzstarrenden Zinken zielten direkt auf Freimuts ungeschützten Hals. Seine Hand tastete nach dem Schwert, doch als das Eisen sich tiefer in seine Haut grub, ließ er es bleiben.
    Geros erster Pfeil traf den Riesen in den Arm. Der jaulte auf, ließ die Mistgabel fallen, griff verwundert in sprudelndes Blut.
    »Lass den Ritter los!« Geros Stimme war eisig. »Auf sie!«, schrie er den anderen Männern aus der Salzburg zu, die wie erstarrt die Szene beobachtet hatten. »Packt sie und zerrt sie zur Seite! Worauf wartet ihr?«
    Der Riese bewegte seinen breiten Nacken wie ein wütender Ochse. »Das hättest du nicht tun sollen, Bürschchen!«, brüllte er. »Jetzt hast du mich erst richtig zornig gemacht.«
    Der zweite Pfeil erwischte seinen Schenkel. Mit einem Schrei riss der Riese das Geschoss heraus. Seine Bruche färbte sich dunkel. Schwankend kam er hoch, taumelte auf Gero zu.
    Der machte einen Bogen und lief zu Freimut, dem inzwischen der Fuhrmann mit groben Stiefeln wütend in die Rippen trat. Gero sprang den Mann an, ohne sich um sein linkes Bein zu kümmern. Beide fielen zu Boden, und plötzlich funkelte die silbrige Klinge eines Messers über Gero. Der packte die Hand seines Gegners und biss fest zu. Der Fuhrmann schrie auf und versetzte ihm eine Ohrfeige, die seinen Kopf zur Seite schleuderte.
    Brüllender Schmerz erfüllte Gero, der seine Gedanken wild durcheinanderwirbeln ließ. War Thies aus seinem Grab auferstanden, um ihn erneut zu schinden? Wo steckten sie, die anderen? Wieso half ihm keiner? Und wer kümmerte sich um Freimut, seinen Herrn …

    Wie auf dicker Milchsuppe trieben einzelne Halbsätze sinnlos in seinem Schädel umher. Hörte er da nicht Pferdehufe? Und raue Männerstimmen, die ihm seltsam vertraut erschienen?
    Er wollte sich hochrappeln, doch ein schwerer Leib hinderte ihn daran. Wieder sah er die Messerklinge über sich, doch dieses Mal fand sie ihr Ziel. Sie traf sein rechtes Ohr und schlitzte es der Länge nach

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