Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Prophetin vom Rhein

Titel: Die Prophetin vom Rhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
Vom Netzwerk:
waren die ehemalige Nonne und sie Vertraute oder gar Freundinnen gewesen, doch jetzt verband sie etwas, das mehr zählte als kindische Eifersucht oder alter Zwist.
    »Sie muss in unser Haus kommen. Wo sonst könnte ich ihr helfen?« Theresa gelang es, Adrians wütendem Blick standzuhalten. Ihre Knöchel wurden weiß, so fest umschloss sie das harte Holz der Lehne.
    Adrian musterte die beiden Frauen abwechselnd, dann begann er zu Theresas Überraschung zu nicken.
    Später wusste sie nicht mehr, wie sie nach Hause gekommen war, auf dem ganzen Weg drückte sie beide Hände auf den Bauch, um das Wichtigste, das sie besaß, zu beschützen. Adrian schien von ihrer Schwangerschaft nichts bemerkt zu haben, aber das bedeutete lediglich einen Aufschub. Denn Theresa war überzeugt, dass er Magota binnen Kurzem eigenhändig bei ihr abliefern würde.
    Doch als es zu dämmern begann, erschien Magota allein. Das rote Kleid hatte sie inzwischen gegen ein schlichtes
Gewand aus ungefärbtem Leinen vertauscht, in dem sie so hager und trübsinnig wirkte wie eh und je. Ihre magere Gestalt schien unter dem festen Stoff zu verschwinden. Sehr weit fortgeschritten konnte die Schwangerschaft noch nicht sein.
    »Bild dir bloß nichts ein!«, rief Magota ihr statt einer Begrüßung entgegen. »Ich bin nur hier, weil er es verlangt hat. Das Kind in meinem Bauch - es gehört mir, mir ganz allein, verstanden?«
    »Für was hältst du mich eigentlich? Ich bin eine Wehmutter, eine Frau, die Leben schenkt. In Trier habe ich viele Kinder auf die Welt geholt und auch in Köln wieder damit begonnen, hier, gleich bei uns im Viertel. Die Frauen rufen mich inzwischen, wenn ihre Wehen einsetzen, mich, die Fremde. Weil sie mir vertrauen.«
    Magotas Misstrauen hielt an, das war unübersehbar.
    »Was willst du jetzt tun?«, fragte Theresa.
    »Das geht dich gar nichts an. Und bleib mir bloß vom Leib mit deinen verfluchten Teufelskräutern, sonst schreie ich auf der Stelle das ganze Viertel zusammen, das dir angeblich so sehr vertraut!«
    »Warum so feindselig, Magota? Was hab ich dir getan?«
    Gellendes Lachen. »Das fragst ausgerechnet du? Vom ersten Tag an hast du dich mit aller Macht in den Vordergrund gedrängt, schon damals, im Haus am Brand, damit ich blass wirke und deine Sonne nur umso heller strahlt. Warum glaubst du, hat er mich schließlich gezwungen, das rote Kleid anzuziehen - dein Hurenkleid -, wenn er mich besteigen wollte?«
    »Adrian …?«
    »Natürlich Adrian, wer sonst! Seinen Neffen hast du zur Sünde verführt, und damit hast du auch in ihm die Wollust geweckt. Alles deine Schuld, du verdammte Heuchlerin!
Mit deinen ach so unschuldigen Augen, deinen schwarzen Teufelshaaren und deinen üppigen Brüsten in raschelnder Purpurseide machst du die Männer verrückt, bis sie nicht mehr wissen, was sie tun …« Magota wandte sich ab und brach in wildes Schluchzen aus.
    Theresa ließ ihr Zeit für ihren Schmerz.
    Sie griff unter ihr Kleid, lockerte die feste Binde und atmete erleichtert durch. Erst nach einer Weile trat sie hinter Magota und berührte sie leicht an der Schulter.
    »Nimm sofort deine schmutzigen Hände weg!« Wütend fuhr Magota zu ihr herum. Als ihr Blick tiefer glitt, weiteten ihre Augen sich plötzlich vor Erstaunen.
    »Du bist selber schwanger? Weiß er das?«
    Theresa schüttelte den Kopf.
    »Und schon so weit! Aber wie hast du das nur angestellt? Gerade eben hat man doch noch gar nichts gesehen!«
    »Eine Leibbinde kann offenbar kleine Wunder bewirken.« Theresa machte einen Schritt auf die andere zu. »Wirst du es ihm sagen?«
    Ein Schulterzucken.
    »Tu es nicht!«, bat Theresa, die plötzlich Angst in sich aufsteigen spürte. »Hilf mir, nur dieses einzige Mal, jetzt, wo wir beide doch demnächst Mütter sein werden. Adrian wird es ohnehin bald erfahren. Doch bis dahin …«
    »Und Willem?«, fiel Magota ihr ins Wort.
    »Willem liebt mich, er wird auch unser Kind lieben«, sagte Theresa, nach außen hin um vieles zuversichtlicher, als ihr tatsächlich zumute war.
    »Noch mehr als seinen Onkel, den Diakon, der ihm von Kindheit an den Vater ersetzt hat?« Jetzt klang Magota höhnisch. »Ein Onkel, der alles für seinen geliebten Neffen tun würde? Sogar dessen Walkmühle von ein paar Handlangern abfackeln lassen, damit der verlorene Sohn
schnellstens wieder dorthin zurückkriecht, wo er hingehört.«
    »Das erfindest du doch bloß, um dich wichtig zu machen!« Theresa konnte plötzlich kaum noch sprechen.
    »Ich wünschte,

Weitere Kostenlose Bücher