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Die Prophetin von Luxor

Die Prophetin von Luxor

Titel: Die Prophetin von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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Hapusenebs Worten keine Beachtung geschenkt.
    Das Licht legte sich auf ihre Gesichtszüge, ihre lange, gerade Nase, ihre leicht schrägen Wangenknochen, die winzige Furche in ihrem Kinn. Cheftu blinzelte und versuchte, den Nebel der Zeit und seiner Voreingenommenheit zu durchdringen. Ihre Lippen waren voller, ihre Stirn weniger breit, ihre Züge nicht mehr so flach. Er kam sich vor, als versuche er, durch einen Schleier hindurch ein Gesicht zu erkennen.
    RaEm schien sich wieder gefaßt zu haben, und Cheftu schreckte auf, als er merkte, daß die Standarten-Träger an die Tür hämmerten. RaEm kam auf ihn zu, und Cheftu begriff, daß sie größer war als früher. Sie war früher schon größer gewesen als die meisten Frauen - sogar als die meisten Männer. Früher hatte sie Cheftu bis ans Kinn gereicht, doch nun standen sie einander beinahe Auge in Auge gegenüber. Viel größer. Wieviel davon war der Reifung eines unerfahrenen, unschuldigen Backfisches zu der abgebrühten Frau vor ihm zuzuschreiben?
    Plötzlich wurde er aufgeregt und gestattete sich einen leisen Zweifel. War es möglich? Konnte sich seine sehnliche Hoffnung, nicht der einzige zu sein, nicht allein zu sein, erfüllt haben? Hastig ging er in Gedanken sein jüngstes Zusammentreffen mit ihr durch. Die Möglichkeit erschien ihm immer plausibler. Dadurch ließe sich so vieles erklären: angefangen von der veränderten Augenfarbe bis zu ihrer offenkundigen Unkenntnis über ihre frühere Verlobung, ihr Tanz mit Basha, als sie ihre Stimme zurückgefunden hatte, die physische Lok-kerheit, die ihr zuvor vollkommen abgegangen war, ganz zu schweigen von ihren neu entdeckten Talenten. Wie konnte er sichergehen? Es war die einzige logische - oder unlogische, je nach Perspektive - Erklärung.
    Sie war nicht RaEmhetepet.
    Du bist ein Phantast, ermahnte er sich. Du hast dich nie ganz von ihr lösen können, und jetzt gaukelst du dir etwas vor, indem du die unmöglichsten Theorien durchspielst. Es ist nicht vollkommen ausgeschlossen, widersprach etwas in ihm. Er versuchte, sich ins Gedächtnis zu rufen, wo man sie gefunden hatte, bevor sie seine Patientin wurde. War das in Hathors Silberkammer gewesen? War das möglich? Was hatte Hapuseneb gesagt?
    Sie gingen durch die Korridore und stiegen schließlich in den neuen, für drei Personen ausgelegten Streitwagen des Prinzen. Cheftu warf einen verstohlenen Seitenblick auf die neben ihm stehende Frau. Jetzt, als er sie an sah, fragte er sich, wie er je hatte glauben können, daß sie RaEm war. Ich habe gedacht, daß sie RaEm ist, weil ich nichts anderes erwartet habe. Genau wie jeder andere. Wir sehen nur, was wir zu sehen erwarten, und sie hat das Spiel mitgespielt und alles Nötige unternommen, um uns in unserem Glauben zu lassen.
    Gehörten ihre hungrigen Küsse mit zu diesem Spiel?
    Er verfluchte sich als blinden Toren und begann zu überlegen, wie er sie von hier fortbringen konnte. Sie mußten miteinander sprechen. Alles, was über ein Gespräch hinausging, war zu abwegig, als daß er es sich wünschen könnte. Jedenfalls durfte sie Thutmosis nicht heiraten, das stand fest.
    Cheftus Verstand arbeitete fieberhaft, während die Pferde sie dem Tempel näher brachten, in dem diese Frau in die Annalen der Geschichte eingehen würde. Mit aller Kraft klammerte sie sich an der Seitenverkleidung des Streitwagens fest, bis das Silber ihrer Ringe tief in ihre Finger schnitt. Er überlegte, wie er die Fassade durchbrechen konnte, wie er ihr mitteilen konnte, daß sie beide dasselbe Schicksal teilten.
    Plötzlich schrien die Pferde auf, Cheftu und RaEm wurden zur Seite geworfen, der Streitwagen schlitterte über den unebenen Boden, und sie wurden gemeinsam auf die sandige, steinpockige Straße geschleudert. Instinktiv streckte Cheftu den Arm nach ihr aus und versuchte, sie noch im Fallen vor dem Aufprall abzuschirmen. Als sie mit Wucht auf ihm landete, stellte er fest, daß diese Frau auch mehr wog als RaEm. Während sie sich aufrappelten, blickte er sich um, und in seinem Kopf arbeitete es wie verrückt. Der Streitwagen des Standartenträgers schloß schnell auf.
    Der Lenker kam nach vorne, eine verdutzte Miene auf dem rundlichen Gesicht. »Herr, ich kann es mir nicht erklären, aber das Pferd scheint zu sterben.« In seiner Stimme schwang tiefe Bestürzung, doch Cheftu jubilierte insgeheim.
    Der andere Streitwagen hielt an, und Cheftu ging hinüber, den Arm um die widerstandslose Priesterin gelegt. Inzwischen war es fast

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