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Die Prophetin von Luxor

Die Prophetin von Luxor

Titel: Die Prophetin von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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schlug mit seiner Geißel über Cheftus Gesicht, und Chloe biß die Zähne zusammen. »Hast du gesehen, was mit Pharao und den Soldaten geschehen ist, Sklave?« fragte er.
    »Nein. Wir haben nichts gesehen.« Chloe zuckte zusammen, als Cheftu auf die andere Wange geschlagen wurde. Die Hände auf ihren Schultern hielten sie fest wie Granit, so angestrengt sie sich auch darunter herauszuwinden versuchte. Die Striemen auf Cheftus Gesicht glühten rot auf seiner sonnengegerbten Haut, und seine Augen waren golden und hungrig wie die
    Thiefs.
    Der Anführer sah Cheftu an. »Wir bringen sie nach Avaris«, entschied er. »Irgendwo unterwegs werden wir die Wahrheit schon noch erfahren.« Er berührte das fein gearbeitete Armband an Chloes Handgelenk. »Wieso sollte ein Ägypter seine Herkunft verleugnen, es sei denn, er hätte sich den Apiru angeschlossen?« sann er nach und blickte ihr dabei ins Gesicht. Chloe biß sich auf die Lippen. Wieso hatte Cheftu gemeint, sie seien so gut wie tot? Man fesselte ihnen die Hände, und für ein paar Sekunden durften sie nebeneinander stehen.
    »Es tut mir leid«, flüsterte Cheftu, ehe die Soldaten seine Hände nach vorne zogen und ihn an einen Streitwagen banden.
    Die Soldaten stellten ein Zelt auf, unter dem sie Rast machten, während Chloe und Cheftu im Abstand von einigen Ellen sitzend an zwei Akazien lehnten. Cheftu hatte die Augen geschlossen, und über seinen Wangenknochen bildeten sich Wülste. Sie sah die Spannung in seinem Körper und wußte, daß er wach war. Die Soldaten nahmen die Wasservorräte mit in ihre Zelte und überließen ihre Gefangenen allein der sengenden Nachmittagshitze. Eine besondere Bewachung war nicht nötig, denn ohne Wasser würden sie es keine zwei Stunden aushalten.
    »Was ist unser Plan?« flüsterte Chloe, den Blick fest auf den Soldaten gerichtet, der vor dem Zelt lag.
    »Wir müssen uns ausruhen. Vor heute nacht können wir nichts unternehmen. Danach ...« Cheftus Stimme erstarb.
    Schweigend saßen sie da und lauschten dem eintönigen Musizieren der Zikaden in diesem Wüstental. Er schluckte und fuhr sich blitzschnell mit der Zunge über die Lippen. »Ich liebe dich, Chloe. Sie brauchen dich nicht. Wenn du fliehen kannst, werden sie sich mit mir begnügen. Thief ist in der Nähe. Er kann dich zu einer Quelle führen.«
    Sie hielt den Blick auf seine Hände gerichtet. Diese beweglichen, langfingrigen, betörenden Hände. Sie hatte sie nie gezeichnet.
    Wo ist der Köcher?« fragte er leise wie ein summendes Insekt.
    »Bei unserem Korb und meinem Bogen da drüben.« Sie deutete mit dem Kinn dorthin. Dann ließ sie den Kopf gegen das Holz sinken und schloß die Augen vor der grellen Nachmittagssonne. Dem Herrn sei Dank für die Holzkohle.
    »Du darfst ihn nicht vergessen.«
    »Was ist da drin?«
    »Zeichnungen. Still: Sie wachen wieder auf.« Beide sackten in einer Parodie des Schlafes zusammen, doch wenige Augenblicke später hörten sie den Wachposten wieder gleichmäßig atmen.
    »Wessen?« hauchte Chloe kaum hörbar.
    »Die eines Freundes aus dem vierzehnten Jahrhundert. Ich habe ihn als Alemelek kennengelernt. Erst auf seinem Sterbebett habe ich erfahren, daß er ein Reisender ist.«
    »Wodurch hat er sich verraten?«
    »Er hat zu beten begonnen ... auf lateinisch.« Cheftu zog einen Mundwinkel nach oben. »Man könnte sagen, das war ein todsicherer Hinweis.«
    Das mußte Chloe erst einmal verdauen. »Was soll damit geschehen?«
    »Versteck sie. Sie sind wichtige Hilfsmittel für die Menschen, die nach uns Ägypten erkunden werden.«
    »Ich liebe dich, Cheftu«, murmelte sie durch die Hitze und Erschöpfung.
    »Je t ’aime, Chloe«, flüsterte er zurück. Er streckte einen Fuß mit Sandale zu ihr hin und strich mit dem Außenrist über ihr Bein. Chloe schloß die Augen und spürte nur noch seine schwieligen Zehen, den erstaunlich weichen Spann und die drahtigen Haare auf seinem Knöchel und seiner Wade. Sie blickte auf und sah Cheftu halb lächeln.
    »Wir werden schon überleben. Ruh dich jetzt aus.«
    Das Knirschen von Streitwagenrädern ließ sie wieder wach werden, und Chloe merkte, daß die Lichtfinger der Sonne inzwischen aus dem Westen kamen. Die Wachen gaben jedem von ihnen ein paar Schluck Wasser, dann wurden die Pferde vor die Streitwagen geschirrt, und Chloe mußte hinter dem einen, Cheftu hinter dem anderen herlaufen. Die Soldaten schlugen ein strammes Tempo an, und Chloe hatte das Gefühl, daß ihr die Arme aus den Gelenken gerissen

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