Die Prophetin von Luxor
verschränkten Armen sah er ihr zu. Er bot ein Paradebeispiel für abweisende Körperhaltung!
»Hast du dich erleichtert, Herrin?«
Chloe erwiderte seinen Blick. Seine Augen waren ausdruckslos wie der Stein an seinem Finger und von derselben exquisiten Farbe. Sein unbeteiligter, kalter Ausdruck erinnerte sie an den einer Katze. Zaghaft, weil sie nicht wußte, worauf er hinauswollte, schüttelte sie den Kopf.
Cheftus Lippen hoben sich zu einem kalten Lächeln. »Soll ich dir eine Sklavin rufen, oder würde die Herrin eine Schwester vorziehen?« Chloe hob die Achseln. Aus seinen Augen blitzte es boshaft. »Batu, hol die Sklavin der Herrin!« Kurz darauf kam Irit herein und kreuzte die Arme über der Brust.
»Leben, Gesundheit und Wohlergehen, Hemu neter«, sagte sie. »Herrin.«
Cheftu begrüßte sie mit einem Nicken. Dann kamen sie gemeinsam auf Chloe zu, und Batu reichte Cheftu ein langes, schmales Instrument, nicht größer als ein Pinsel Nummer acht.
Irit wirkte angeekelt, doch alle beide blickten konzentriert auf Chloe. Deren Gehirn arbeitete auf Hochtouren und flehte die »andere« um Hilfe an, doch die blieb verdächtig still. Selbst Keonkh hielt in seiner Schreiberei inne.
Cheftus Blick verdüsterte sich. »Braucht meine Herrin Hilfe?« verlangte er eisig zu wissen. Chloe schüttelte den Kopf, und Cheftu reichte Batu das Instrument. Er sah Chloe prüfend an, als müsse er eine Entscheidung fällen. Bevor sie wußte, wie ihr geschah, wurde sie über ihren Stuhl gelegt, das Kleid wurde ihr über die Taille hochgezogen, und etwas wurde in ihr Inneres geschoben ...
Chloe versuchte zu schreien und sich zu entwinden, doch ein großes, haariges Knie preßte sich in ihren Rücken.
»Entspann dich!« befahl Cheftu. »Du machst es Irit nur schwerer.« Chloe zwang sich, stillzuhalten, und drehte ihren
Kopf nach hinten, um zu sehen, was da vor sich ging. Dann spürte sie, wie Wasser in ihren Darm lief. Ein altägyptischer Einlauf.
Das glaube ich einfach nicht! schrie ihr Unterbewußtsein auf. Irits Gesicht war mahagonidunkel angelaufen, so sehr strengte sie sich an, Wasser in Chloes Eingeweide zu blasen.
Kein Wunder, daß sie so angeekelt gewirkt hatte, dachte Chloe. Dann war es vorbei. Das lange Instrument wurde herausgezogen, Cheftu zog den engen Rock wieder über ihren nackten Hintern und nahm sein Knie aus ihrem Rücken.
Sie erhob sich hoheitsvoll und zog ihr hauchdünnes Gewand gerade. Cheftu hatte sich abgewandt, und Irit war bereits geflohen, so daß Chloe ein Moment vergönnt war, um sich zu beruhigen. Sie haßte Einläufe! Als sie und Cammy Kinder gewesen waren, hatte Mimi ihnen regelmäßig welche verpaßt, denn ihre Großmutter hatte das für ein Allheilmittel gehalten. Chloe setzte sich und gab sich alle Mühe, das Schwappen in ihrem Leib zu ignorieren.
Cheftu fragte über seine Schulter hinweg: »Kannst du noch schreiben, Herrin?«
Seit Tagen wurden ihr bereits Schreibutensilien gereicht, und dank der Beiträge ihres anderen Gedächtnisses war sie in der Lage, sich immer besser an das Leben einer Fremden zu erinnern und immer mehr zu verstehen. Doch diese Erinnerung betraf nur Fakten, Personen, Gesänge, Sprachen. Sie hatte keine Ahnung, wie sie zu ihrer Familie gestanden hatte, zu ihren Freunden oder der rätselhaften Schwesternschaft, von der ständig gesprochen wurde . sie hatte keinerlei emotionale Erinnerungen.
Allerdings kannte sie genug Fakten, um zu wissen, daß sie einst mit dem großen, langgliedrigen Mann vor ihr verlobt gewesen war, auch wenn sie sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, wieso sie ihn gegen dieses Schwein Nesbek eingetauscht hatte.
Sie sah seinen langbeinigen Körper den Raum durchqueren, dann goß er Wasser aus der Alabasterschale über die Statuette von ... Anubis, ergänzte ihr »anderes« Gedächtnis. Der Gott nicht nur des Einbalsamierens, sondern auch ihrer Lippen und ihres Sprechvermögens. Cheftu fing das von der Statuette ablaufende Wasser in einer anderen Schale auf und trug es zu Chloe zurück. »Da du nicht in der Lage bist, den Gott anzurufen, werde ich für dich sprechen, Herrin.« Seine Stimme schwang sich zu einem vollen, hypnotischen Singsang auf.
»Heil dir, Anubis, Gott des Westens, Sprecher der Wüste, der die Stimme beschützt. Ich wende mich an dich, ich preise deine Schönheit, deine scharfen Krallen, mit denen du die Krankheit aus der Flanke dieser Priesterin reißt. Mögen deine Zähne geheimnisvoll und gerecht den Kheft zerfetzen,
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