Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Prophetin von Luxor

Die Prophetin von Luxor

Titel: Die Prophetin von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
Vom Netzwerk:
nicht erhoben hat, bleiben uns noch viele Stunden für die Liebe.« Ehe die Frau ihre Lippen auf die des Mädchens senkte, sagte sie: »Wir müssen um jeden Preis den Stand der Priesterinnen beschützen, meine Schwester. Kein Opfer darf uns zu teuer sein. Jedes Opfer ist eine Gabe für Hathor. Wir müssen Sechmet sein, wir müssen Sechmet sein!« Das Mädchen unterdrückte einen Schrei, als die Hohepriesterin der Schwesternschaft einen wütenden, groben Kuß auf ihren Mund preßte. Noch während die junge Frau die Hand an den Mund hob, wurde ihre Schärpe zerfetzt.
    Blut.
    Cheftu schritt rastlos in seinen Palastgemächern auf und ab. Er hatte sein Haus abgeschlossen und Wachs mit seinem Familiensiegel auf die Türen gedrückt. Ehuru war ihm zur Hand gegangen, hatte seine Sachen gepackt, ihm etwas zu essen gemacht und ihm einen guten Wein bereitgestellt, doch Cheftu fand einfach keine Ruhe. Es war schon tief in den Abenddekaden, doch immer noch spürte er die Spannung in Hals und Schultern. Alemeleks Rollen hatte er versteckt. Er hatte seine Versprechen gehalten, jedes einzelne. Er war zur Abreise bereit. Cheftu blieb stehen, weil er Schritte im Gang und dann ein gedämpftes Klopfen an der Tür hörte.
    Cheftu warf einen Blick in das Zimmer nebenan. Ehuru schnarchte friedlich im Dunkeln. Nachdem er seine Schurzschärpe festgezogen hatte, öffnete Cheftu die Tür. Einer von Hats kushitischen Leibgardisten grüßte ihn.
    »Die Goldene will dich sehen.« Cheftu bedeutete dem Leibgardisten zu warten, während er sich ankleidete und rasierte. »Mach dir keine Umstände«, wehrte der Leibgardist ab. »Sie will dich sofort sehen.« Cheftu folgte ihm, Hat für ihre mangelnde Höflichkeit verfluchend und seine zitternden Hände
    versteckend. Hinter ihm folgte ein zweiter Soldat.
    Sie marschierten durch gewundene, fackelbeleuchtete Gänge, bis sie zu jenem gelangten, der vom Palast nach Karnak führte. Sie betraten einen breiten Fußweg, wo die beiden Leibgardisten die Fackeln an der Wand löschten und eine Platte im gemusterten Boden aufklappten.
    Vorsichtig Stufe um Stufe mit seinen Sandalen ertastend, stieg Cheftu in die absolute Finsternis hinab. Die Soldaten schepperten voran, anscheinend vollkommen unbeeindruckt von der Dunkelheit. Sobald sie sich wieder auf ebenem Boden befanden, hörte er, wie die Falltür geschlossen wurde, dann wurden die Fackeln erneut entzündet. Wohin in Osiris Namen brachten sie ihn? War die Szene mit RaEm nur eine List gewesen - würden sie ihm jetzt die Geheimnisse unter seiner Haut hervorziehen? Säure brannte in seinem Schlund, und Cheftu ermahnte sich, Ruhe zu bewahren.
    Sie befanden sich in einem schmalen Durchgang.
    Cheftus Magen krampfte sich zusammen - das war kein gutes Vorzeichen. Schweigend marschierten sie durch die laby-rinthischen Tunnel unter dem Palast und dem Tempelkomplex, bis Cheftu beinahe jede Orientierung verloren hatte. Seinem verwirrten Ortssinn nach befanden sie sich möglicherweise in der Nähe des Heiligen Sees, aber sicher war er nicht.
    Der Leibgardist klopfte an eine schlichte Holztür, und Cheftu hörte Senmut antworten. Als die Tür geöffnet wurde, erblickte er Pharao, Senmut und Hapuseneb im flackernden Licht.
    »Grüße der Nacht«, sagte Senmut, als wäre es nicht bereits der vierte Dekan des Morgens und als würden sie sich jeden Tag unter dem Großen Tempel versammeln.
    Cheftu verbeugte sich vor Hat und nahm den angebotenen Stuhl und Wein an. »Leben, Gesundheit und Wohlergehen wünsche ich dir, Fürst Senmut; Eminenz Hapuseneb, Pharao, ewig mögest du leben!«
    »Du mußt noch mehr wissen, bevor du mit der Priesterin
    RaEmhetepet nach Avaris abreist«, erklärte Hatschepsut unvermittelt und nagelte ihn dabei mit ihrem schwarzen Blick fest. »Wir haben einen besonderen medizinischen Auftrag für dich. Er ist von höchster Wichtigkeit für unser Land und streng geheim.«
    Cheftu spürte, wie sich alles in ihm zusammenzog. Es konnte nur einen derartigen Auftrag geben.
    Hat ergriff wieder das Wort: »Als man RaEm gefunden hat, war sie mit Blut besudelt. Mit wessen Blut wissen wir nicht, denn ihres war es nicht, und es gibt keinen Hinweis darauf, daß außer ihr noch jemand in der Kammer war. Doch ist seit derselben Nacht Phaemon verschwunden, ein Gardist aus den Zehntausend. Die Priesterin ReShera befindet sich immer noch in Trauer um ihren Bruder. Da es keinen Leichnam gibt, kann man auch keine vierzig Tage um ihn trauern, wie es sein Rang erfordern

Weitere Kostenlose Bücher