Die Prophetin
verschwinden.«
Daniel holte eine riesige Leinentasche mit dem Aufdruck US S Enterprise und packte Mappen und Ordner hinein. »Ein Freund von mir hat in Washington ein Ferienhaus am Meer. Er hat mir schon oft angeboten, eine Weile dort zu wohnen.«
»Ich werde mich allein auf den Weg machen, Danno«, sagte Catherine und griff nach der blauen Tasche.
»Kommt überhaupt nicht in Frage«, widersprach er energisch. »Wir bleiben zusammen.«
»Danno, der Mord an Hungerford ist kein Zufall. Die Mörder sind hinter den Schriftrollen her. Das heißt, jetzt suchen sie mich. Jeder in meiner Begleitung ist in Gefahr. Ich werde dein Leben nicht aufs Spiel setzen, Danno!«
Er schüttelte lachend den Kopf und schob Bücher und Wechselplatten in die Tasche.
Catherine stemmte die Hände in die Hüften. »Was packst du da allesein?«
»Ich werde meine Unterlagen über das Maya-Grab nicht zurücklassen«, erwiderte er und legte zum Abschluß ein paar Tüten Knabbergebäck und eine Dose Limonade obendrauf. »Im Haus meines Freundes werde ich den Kontakt zum Institut in Houston wiederaufnehmen. Du wirst die Schriftrollen übersetzen, und ich kann meine Arbeit an den Wandbildern fortsetzen.«
»Daniel«, sagte Catherine, »es ist mein Ernst. Du darfst mich nicht begleiten.«
›»Daniel‹…?« Er lachte. »Das kann nicht wahr sein. Du hast mich zum letzten Mal ›Daniel‹ genannt, als du mich in der Grundschule beim Nasenbohren ertappt hattest.« Sie legte ihm die Hand auf den Arm. »Sie sind hinter mir her. Wenn ich nicht mehr da bin, werden sie dich in Ruhe lassen. Ich möchte dich nicht in diese Sache hineinziehen.«
»Das ist bereits geschehen, Cathy«, erwiderte er ruhig. »Ich bin tiefer hineinverwickelt, als du es für möglich hältst.«
»Danno, ich brauche nur etwas Zeit… genug Zeit, um die Texte zu übersetzen. Danach werde ich die Schriftrollen jedem geben, der sie haben möchte. Dann ist die Gefahr vorüber. Deshalb werde ich allein eine Weile untertauchen.«
»Während ich auf dich aufpasse.«
»Nein.«
Er schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, ich bin dein Freund, und ich werde dich nicht allein lassen, Cathy.«
»Danno…«
»Es bleibt dabei. Außerdem brauchst du mich. Du mußt feststellen, wer dieser König war. Vielleicht wirst du dann erfahren, wo sich die siebte Schriftrolle befindet. Vergiß nicht, keiner darf dich finden! Also flüchten wir in ein sicheres Versteck und überlassen das Reisen den elektronischen Fingern.«
Als sie ihn fragend ansah, fügte er lachend hinzu: »Das Internet, Cathy! Man kann überall auf der Welt suchen, ohne sein Versteck zu verlassen, in diesem Fall das Haus meines Freundes.« Da sie schwieg, fügte er schnell hinzu: »Ich frage dich: Wann haben wir einmal nicht zusammengehalten und uns gegenseitig geholfen, Cathy? Du darfst mich jetzt nicht ausklammern.« Sie lächelte. »Dummkopf!« murmelte sie und gab ihm einen Kuß auf die Wange. »Also gut, gehen wir.«
»Warte«, sagte er und griff nach einem dicken Umschlag. »Die Photos.«
»Ich lege sie in meine Tasche.«
»Sollte ich sie nicht vielleicht bei mir behalten, falls den Schriftrollen etwas zustößt?«
»Was soll den Schriftrollen schon zustoßen? Ich habe sie hier bei mir«, erwiderte Catherine und hängte sich die blaue Tasche über die Schulter. »Ich werde sie nicht mehr aus den Augen lassen.«
»Hast du Julius etwas davon gesagt?«
»Ja«, antwortete sie und ließ den Kopf hängen. »Aber er weiß nicht, daß ich hier bin.«
Daniel öffnete die Schreibtischschublade und nahm etwas heraus. »Wenn niemand weiß, wo wir sind, dürf-te alles klar sein.«
»Oh, etwas habe ich vergessen. Es gibt doch jemanden – Hans Schüller am Radiologischen Institut in Zü-
rich. Ich habe ihm eine Papyrusprobe für eine genaue Datierung geschickt.« Sie runzelte die Stirn. »Was hast du da?«
Er blickte auf die Pistole, die er aus dem Schreibtisch genommen hatte. »Leider in unserer Zeit eine Not-wendigkeit.«
»Ich wußte nicht, daß du eine Pistole hast!«
»Ich wollte nicht, daß du sie siehst. Ich weiß, was du von Waffen hältst.«
»Du wirst die Pistole auf keinen Fall mitnehmen.«
»Cathy…«
»Danno, das ist mein Ernst. Keine Waffen!« Seufzend legte er die Pistole wieder in die Schreibtischschublade. Er wußte, daß Catherine alle Arten von Gewalt verabscheute. Den Grund dafür kannte er auch. Er würde Schwester Immaculata nie vergessen, die Catherine an der Hand packte, aus der Klasse zerrte
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