Die Prophetin
sie hatte es jedesmal gesehen, wenn sie bei Danno in der Wohnung war – ein UPI-Photo des gutaussehenden und reichen Miles Havers neben einem lächelnden Russen im Vordergrund, und im Halbkreis hinter ihnen dicht gedrängt andere Herren im Anzug. Unter dem Bild stand: ›Computer-Mogul Miles Havers erwirbt Tagebü-
cher aus dem fünfzehnten Jahrhundert‹ Neben diesem Bild klebte an Dannos Kühlschrank ein anderes mit der Unterschrift: ›Miles Havers verspricht, daß die Kopernikus-Tagebücher der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.‹
Danno hatte zu den Stimmen gehört, die Protest dagegen erhoben, daß die Kopernikus-Tagebücher in einer Privatsammlung verschwanden. Die Zeitungsausschnitte schmückten seinen Kühlschrank als Erinnerung an einen der wenigen Siege in seinem Leben.
Auf beiden Photos befand sich im Hintergrund ein Mann mit kurz geschnittenen Haaren und einer Narbe im Gesicht. »Ich habe den Mann deutlich gesehen, der Danno umgebracht hat«, sagte sie. »Und ich weiß jetzt mit Sicherheit, daß er für Miles Havers arbeitet.«
»Wieso das?«
»Ich kenne zwei Photos von ihm mit Havers. Das bedeutet allerdings…«, Catherine stützte den Kopf in beide Hände, »ich kann nicht zur Polizei gehen. Niemand würde mir glauben! Havers ist der reichste Mann der USA. In der Öffentlichkeit ist er nicht nur geachtet, sondern wird wie ein Idol verehrt. Wenn ich behaupte, daß er mich umbringen will…«
Catherine stand auf. »Ich muß Julius benachrichtigen und ihn wissen lassen, daß es mir gutgeht. Vielleicht erfährt er, daß Danno tot ist, dann macht er sich bestimmt Sorgen um mich.«
Catherine setzte sich auf das Bett und nahm den Telefonhörer ab, aber Garibaldi unterbrach sie: »Warten Sie. Ich kann das alles immer noch nicht so recht glauben. Nun gut, Havers ist ein gerissener Geschäftsmann, und bestimmt greift er auch zu fragwürdigen Taktiken, um seine Ziele zu erreichen. Aber Moral Das klingt nicht nach ihm. Ich meine, man weiß doch, daß er für die Rettung der Regenwälder eintritt! Er ist immer einer der Wortführer, wenn es darum geht, die Umwelt zu schützen und vom Aussterben bedrohte Pflanzenarten zu retten. Denken Sie an seinen Feldzug gegen die taiwanesischen Importeure von Orchideen.«
»Das weiß ich alles«, sagte Catherine ungeduldig. »Aber Miles Havers ist auch als Sammler der teuersten und seltensten Objekte bekannt. Denken Sie nur an die Kopernikus-Tagebücher.«
»Sie meinen also, er ist hinter dem her, was Sie haben, um es seiner Privatsammlung einzuverleiben?«
»Die Vorstellung, daß den Killern die Photos in die Hände gefallen sind, die Danno bei sich hatte, macht mir wirklich Angst. Wenn Havers diese Photos sieht, dann wird er mir mit Sicherheit das abjagen wollen, was ich habe.« Als sie Garibaldis skeptisches Gesicht sah, gab sie den Versuch auf, ihn zu überzeugen.
»Vergessen Sie alles. Ich leide unter Wahnvorstellungen. Natürlich ist Miles Havers nicht hinter mir her.
Und Sie müssen wirklich nichts mit all dem Wahnsinn zu tun haben. Nehmen Sie den Wagen, und genie-
ßen Sie die letzten Tage Ihres Urlaubs. Ich komme allein zurecht.«
»Ich habe nicht behauptet, daß Sie sich das alles einbilden. Es ist nur schwer zu glauben.«
»Können Sie mir verraten, weshalb mein Freund Danno sonst so brutal ermordet worden ist?« rief sie erstickt. Garibaldi senkte betroffen den Kopf. Tränen liefen ihr über die Wangen. »Es ist mir gleichgültig, ob Sie mir glauben oder nicht, Vater Garibaldi. Ich weiß, daß Havers zwei Killer damit beauftragt hat, Danno die Kehle durchzuschneiden. Und wenn Havers weiß, daß ich mit Danno befreundet war, dann wird er auch bald herausfinden, daß Julius mein Freund ist.« Sie wischte sich mit dem Handrücken die Tränen ab und sagte traurig: »Nochmals vielen Dank, daß Sie mir Dannos Päckchen gebracht haben. Aber es besteht für Sie wirklich kein Grund mehr, hierzubleiben. Mir wäre es lieber, Sie würden gehen. Ich muß so schnell wie möglich weg, und zwar allein!«
»Wirklich? Bei diesem Wetter und ohne einen Wagen?« Seine Worte hatten nicht ironisch klingen sollen, aber es ließ sich nicht vermeiden. Deshalb lächelte er entschuldigend und nickte: »Sie haben recht. Der Mörder von Dr. Stevenson wird bald herausfinden, daß Julius Ihr Freund ist. Sie sollten ihn anrufen.«
»Ich werde ihm nicht sagen, wo ich bin oder was ich über Danno weiß«, sagte sie, während sie mit zittern-den Händen wählte. »Je weniger
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